| Marathon-DM Düsseldorf

Topzeit und DM-Titel für Tom Gröschel, Überraschungs-Gold für Anja Scherl

Am Samstag war sie noch nicht in den Startlisten zu finden. Am Sonntag rannte Anja Scherl in Düsseldorf bei den Deutschen Marathon-Meisterschaften zu Gold. In der Männer-Konkurrenz überragte Tom Gröschel mit dem Sieg und seiner ersten Zeit unter 2:14 Stunden.
Silke Bernhart

Tom Gröschel hat am Sonntag beim Metro Marathon in Düsseldorf auf ganzer Linie überzeugt: Der 27 Jahre alte Athlet vom TC Fiko Rostock krönte sich im zweiten Jahr in Folge zum Deutschen Meister im Marathon und holte sich darüber hinaus in neuer Bestzeit von 2:13:49 Stunden auch den Gesamtsieg im internationalen Feld.

Begleitet wurde er dabei an und auf der Strecke von seiner Wattenscheider Trainingsgruppe und Coach Tono Kirschbaum auf dem Fahrrad sowie anfangs auch von Simon Stützel (LG Region Karlsruhe). Dieser hatte sich drei Wochen zuvor beim Freiburger Halbmarathon auf 64:45 Minuten gesteigert und wollte in Düsseldorf nun auch seine Marathon-Bestmarke (2:17:51 h) angreifen. Die Halbmarathon-Marke passierten die zwei Athleten mit der Unterstützung der Tempomacher Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid 01) und Tobias Blum (LC Rehlingen) nach 1:07:23 Stunden. Damit waren sie zur Halbzeit beide klar auf Kurs in Richtung Bestzeit.

Die DM-Entscheidung fiel nach rund 27 Kilometern: Schon an einem leichten Anstieg machte Tom Gröschel an den Fersen des letzten Tempomachers Mitku Seboka (LAC Quelle Fürth) einen stärkeren Eindruck, einige hundert Meter später musste Simon Stützel den Kontakt zur Spitzengruppe komplett abreißen lassen. Kurz darauf verabschiedete sich auch Mitku Seboka, und Tom Gröschel rannte in einer internationalen Gruppe mit weiteren vier Athleten in Richtung Titelverteidigung.

DM-Gold und Gesamtsieg für Tom Gröschel

Mehr noch: Nach rund 2:05 Stunden Laufzeit war für den Elften der Europameisterschaften 2018 in Berlin auch der Gesamtsieg im internationalen Feld in Reichweite. Denn die letzte Tempoverschärfung des Neuseeländers Malcolm Hicks konnte nur Tom Gröschel mitgehen. Kurz sah es so aus, als müsse der Deutsche abreißen lassen. Am Rheinufer einige hundert Meter vor dem Ziel aber ergriff er seine Chance und stürmte als Führender dem Ziel entgegen.

Zweiter wurde Malcolm Hicks (2:13:51 h), Rang drei der internationalen Wertung ging an den Dänen  Thijs Nijhuis (2:14:18 h). Völlig erschöpft ging Simon Stützel als Deutscher Vizemeister nach 2:18:58 Stunden hinter der Ziellinie zu Boden. DM-Bronze sicherte sich Tobias Schreindl von der LG Passau in 2:21:51 Stunden.

Tom Gröschel unterbot mit seiner ersten Zeit unter 2:14 Stunden seine bisherige Bestmarke von 2:15:20 Stunden, im Vorjahr ebenfalls in Düsseldorf aufgestellt, deutlich. "Ich habe erstmal versucht mich zurückzuhalten", beschrieb er anschließend im larasch-Interview seine Renntaktik, "dann wurde die Gruppe immer kleiner und kleiner. Der Neuseeländer hat ewig viel Arbeit geleistet, dafür bin ich sehr dankbar, sonst wäre es nicht so schnell geworden, aber ich hatte nicht die Kraft vorbeizugehen. Mein Vorteil war vielleicht, dass ich wusste, dass es Richtung Rhein kurz ein Stück bergab geht. 'Jetzt muss ich alles geben', habe ich mir gesagt. Und es hat gereicht."

Anja Scherl mit überraschender Nachmeldung

Die DM-Entscheidung der Frauen hatte durch die Nachmeldung einer weiteren starken deutschen Läuferin quasi über Nacht neue Brisanz erhalten. Anja Scherl (LG Telis Finanz Regensburg) hatte sich nur drei Wochen nach ihrem Start beim Hannover Marathon kurzfristig für eine Teilnahme in Düsseldorf entschieden, nachdem sie in Hannover (2:32:21 h) von einer Erkältung ausgebremst nicht ihr volles Leistungsvermögen zeigen konnte. Damit stand fest: Die Titeljagd der bis dahin klar favorisierten Anna Hahner (SCC Berlin) würde kein Selbstläufer werden.

Die beiden Olympia-Teilnehmerinnen von Rio 2016 zogen zunächst inmitten einer Männer-Gruppe gemeinsam ihre Schritte, Anna Hahner an den Fersen ihres Tempomachers Oliver Hoffmann stets einige Zentimeter voraus. Bei 1:16:50 Stunden mit einem Kurs auf eine Endzeit von rund 2:33:30 Stunden passierten die beiden besten deutschen Frauen die Halbmarathon-Marke.

Anja Scherl in bemerkenswerter Form

Dann war es erstaunlicherweise Anja Scherl, die ab Kilometer 24 das Tempo noch einmal forcieren konnte. Bei für den Marathon angenehmen Temperaturen um 10 Grad, aber teils auf noch regennasser Straße machte die kleine Regensburgerin ab diesem Zeitpunkt ihr eigenes Rennen. Bei Kilometer 30 hatte sie bereits 48 Sekunden Vorsprung auf Anna Hahner herausgelaufen. Diese behielt ihr kontinuierliches Tempo zunächst bei, erst gegen Rennende schwanden bei ihrem Comeback nach langer Verletzungszeit die Kräfte, sie wurde in 2:36:09 Stunden Deutsche Vizemeisterin. DM-Bronze ging an Isabel Leibfried (TSG 1845 Heilbronn; 2:39:35 h).

Anja Scherl absolvierte eine schnellere zweite Rennhälfte und überholte auf dem letzten Kilometer sogar die eigentlich schon enteilte Hiruni Wijayaratne (2:34:10 h) aus Sri Lanka. Damit holte sie sich wie Gröschel zusätzlich zu DM-Gold auch den Gesamtsieg in Düsseldorf. Zudem unterbot sie in 2:32:56 Stunden zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen die 2:33-Stunden-Marke.

Nach dem Hannover Marathon sei sie erst in der Vorwoche wieder richtig ins Lauftraining eingestiegen. "Da habe ich mich in den Beinen erstaunlich gut gefühlt", berichtet sie, "dann haben wir uns mit einem Start in Düsseldorf beschäftigt, uns die Entscheidung aber lange offen gehalten. Erst gestern haben wir nachgemeldet. Ich bin noch nie Deutsche Meisterin geworden, damit ist heute ein Traum in Erfüllung gegangen."

Erstmals zwei deutsche Sieger in Düsseldorf

"Zunächst einmal freue ich mich, dass wir zwei deutsche Gesamtsieger haben", bilanzierte Marathon-Bundestrainerin Katrin Dörre-Heinig, "das ist immer schön bei einem deutschen Marathon, wenn dort auch die deutschen Läufer im Mittelpunkt stehen." Sie lobte die positive Entwicklung von Tom Gröschel, dem sie sogar noch mehr zutraut: "Er geht immer noch sehr vorsichtig an die Sache", erklärte sie, "da erwarte ich im Herbst – natürlich vorausgesetzt, er bleibt gesund – noch mal einen Sprung."

Anja Scherl bescheinigte sie ein hohes Leistungsniveau. Sie sei daher nicht unbedingt überrascht gewesen, dass die Regensburgerin innerhalb von wenigen Wochen zweimal Zeiten von knapp über 2:30 Stunden anbieten konnte. Anna Hahner sei zufrieden und ohne größere Probleme ins Ziel gekommen. Nach der langen Verletzungsphase sei sie einfach noch nicht wieder ganz dort, wo sie schon einmal gewesen ist. "Insgesamt können wir zufrieden sein", stellte die Bundestrainerin fest.

Die kompletten Resultate finden Sie in Kürze in unserer <link>Ergebnisrubrik...

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