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Straßenlauf-Asse im Kampf um 10.000-Meter-Titel favorisiert

© Theo Kiefner
Die Stadt Wassenberg im Kreis Heinsberg nahe der niederländischen Grenze empfängt am Samstag viele der besten deutschen Langstreckler. Während bei den Frauen Domenika Mayer im Kampf um die Titelverteidigung noch eine organisatorische Hürde zu meistern hat und vermutlich von zwei EM-Kandidatinnen herausgefordert wird, steht bei den Männern bereits fest, dass es einen neuen Deutschen Meister über 10.000 Meter geben wird.
Silke Bernhart

Sowohl 2021 als auch 2023 konnte sich der Wattenscheider Nils Voigt den deutschen Meistertitel über 10.000 Meter sichern. In diesem Jahr fehlt sein Name in der Meldeliste für die Titelkämpfe am Samstag (4. Mai) in Wassenberg, und auch der Deutsche Meister von 2022 Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg) verzichtet auf die Meisterschaften. Die Chance also für neue Athleten, sich erstmals in die Siegerlisten einzutragen.

Zum Beispiel für Filimon Abraham (LG Telis Finanz Regensburg). Zweimal in Folge wurde er zuletzt Vizemeister über die 25 Stadionrunden, der erste Titel wäre für ihn Balsam auf die Seele. Denn nachdem ihm im Vorjahr in 2:08:22 Stunden ein glänzendes Marathon-Debüt gelungen war und er eigentlich erst so richtig durchstarten wollte, ging anschließend (fast) gar nichts mehr.

„Ich hatte ein Knochen-Ödem und eine Stressfraktur“, erklärt der 31-Jährige. „Eigentlich war es so: Ich bin Profi geworden, und einen Monat später war ich verletzt.“ Die Diagnose erhielt er im Juni im Trainingslager in St. Moritz (Schweiz). Seitdem kämpft er mit viel Physiotherapie und Alternativtraining um den Anschluss. Mittlerweile gehe es ihm „einigermaßen“, die Form stimme, sei vielleicht sogar besser als im vergangenen Jahr. Aber: „Ich laufe mit Schmerzen.“ So bleibt abzuwarten, ob der Mann mit der schnellsten Meldezeit am Samstag auch die beste Leistung auf die Bahn bringen kann.

Heimspiel von Frederik Ruppert

Den Titel streitig machen könnte ihm Filmon Teklebrhan-Berhe (LAC Freiburg), der 2023 DM-Bronze geholt hatte. Oder Tom Förster (LG Braunschweig), Deutscher U23-Meister des Vorjahres, der 2024 Jagd auf beide Titel macht. Während es für die drei Genannten der Auftakt in die Bahnsaison ist, bringt Jan Lukas Becker (LSG Saarbrücken-Sulzbachtal) aus den USA schon eine Zeit von 28:40,04 Minuten mit. Mit dem Regensburger Konstantin Wedel und dem Leverkusener Jonathan Dahlke sind die beiden weiteren Läufer genannt, die schon unter 29 Minuten geblieben sind. Für die EM-Norm müssen 28:20,00 Minuten her.

So schnell war Frederik Ruppert (LAV Stadtwerke Tübingen) auf den 25 Runden noch nicht – dafür hat er jüngst über 3.000 Meter Hindernis die EM-Norm deutlich unterboten (wir berichteten). Einen Start in seiner alten Heimat und auf dem Sportplatz, auf dem er einst selbst trainiert hat, lässt er sich jedoch nicht nehmen. „Mal schauen, wie’s läuft, es ist ein ganz guter Test“, blickt er voraus – der Fokus liegt aber weiter auf den Hindernissen, wo er sich sogar noch mehr zutraut als die 8:17,41 Minuten von Huelva: „Da musste ich am Ende viel Tempoarbeit machen und war auf den letzten zwei Runden alleine vorne“, erklärt er.

Miriam Dattke mit EM-Ambitionen

Im Wettbewerb der Frauen heißt die Athletin mit der stärksten Bestleistung Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg). Nachdem es zuletzt mit einem EM-Startplatz im Halbmarathon knapp nicht geklappt hat, will sie in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) über 10.000 Meter an der Startlinie stehen. Die Norm (33:00,00 min) hat sie schon im Vorjahr mit Bestzeit von 31:10,21 Minuten deutlich unterboten, der DM-Titel würde ihr frühzeitig das EM-Ticket sichern.

„Ich habe seit Januar ganz gut trainiert. Zwar wäre ich bei der EM lieber auf der Straße gestartet, aber ich habe auch für die Bahnsaison trainiert“, erklärt Miriam Dattke, die seit diesem Jahr vom US-Amerikaner Mark Caroll betreut wird. Ihr Ziel für Wassenberg: „Eine Platzierung in den Top Drei und eine Zeit unter 33 Minuten – am liebsten Richtung 32 Minuten. Mal schauen, wie viele da zügig mit angehen!“

Fragezeichen über Start von Domenika Mayer

Nur wenige ihrer Konkurrentinnen sind bisher an die 32 Minuten herangelaufen, zwei von ihnen haben im Vorjahr den Titel unter sich ausgemacht und zählen auch in diesem Jahr wieder zu den Medaillenkandidatinnen: Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg; 32:14,34 min) und Eva Dieterich (LAV Stadtwerke Tübingen; 32:17,75 min). Ob Domenika Mayer jedoch bei etwa sechseinhalb Stunden Anreise nach Wassenberg zur Titelverteidigung antreten kann, wird sich erst kurzfristig entscheiden: Da auch ihr Mann und Trainer Christian einen beruflichen Termin hat, muss erst die Betreuungssituation für die beiden Töchter geklärt sein.

"Ich würde super gerne starten, ich hätte eine gute Form und könnte völlig ohne Druck starten", sagt Domenika Mayer. "Das ist letztes Jahr auch schon gut gelaufen und wäre in der frühen Phase der Vorbereitung auf den Olympia-Marathon noch mal ein anderer Reiz." Und zugleich auch die Chance, ihrer Vereinskollegin Miriam Dattke mit einem flotten Tempo zum EM-Ticket zu verhelfen. Dass sie erst drei Wochen zuvor den Hannover Marathon gelaufen ist, bewertet die Regensburgerin nicht als problematisch. Im Vorjahr hatte sie drei Wochen vor dem DM-Titel den Marathon in Linz (Österreich) absolviert.

Während Eva Dieterich ebenso wie Miriam Dattke mit der Norm aus dem Vorjahr mit einem EM-Start über 10.000 Meter liebäugeln kann, sind weitere Podiumsanwärterinnen von Wassenberg ebenso wie Domenika Mayer schon für den EM-Halbmarathon nominiert: Fabienne Königstein (MTG Mannheim) und Esther Pfeiffer (Hannover 96). Mit Kira Weis (KSG Gerlingen), 2023 Vize-Europameisterin der U20 über 5.000 Meter, hat darüber hinaus auch eine U23-Athletin das Potenzial, ganz vorne mitzumischen.

Masters und U20-Talente machen den Auftakt

Bevor um 19:15 und 20:00 Uhr die Startschüsse für die Wettbewerbe der Aktiven fallen, geht es jedoch zunächst um die deutschen Meistertitel der Masters und der U20 über 5.000 Meter. Das große Ziel der Jugendlichen: die U20-WM in Lima (Peru; 26. bis 31. August). Die Normen: 14:08,00 und 16:30 Minuten.

Auf dem Papier die besten Chancen sowohl auf den Titel als auch auf das WM-Ticket hat Adia Budde (TSV Altenholz), die die Strecke schon im Vorjahr in 16:27,98 Minuten absolviert hat – bei der U20-EM 2023 setzte sie allerdings auf die Hindernisse und holte hier Silber. Auf den Fersen sein dürften ihr am Samstag Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg) und Emily Junginger (VfL Sindelfingen).

In der männlichen U20 haben von den Gemeldeten allein Viktor Plümacher (LG Olympia Dortmund; 14:49,07 min) und Lennart Zehfeld (LC Rehlingen; 14:51,36 min) schon die 15-Minuten-Marke unterboten. Das muss im Kampf um die Medaillen nichts heißen, denn die 5.000 Meter stehen in dem Alter eher selten auf dem Wettkampf-Programm. Die sehr hohe WM-Norm dürfte hier aber außer Reichweite sein, und so darf man sich auf einen spannenden Titelkampf freuen.

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