| Budapest 2023

WM Tag 7 & 8 | Leo Neugebauer mit Top-Punktzahl Fünfter, Pierce Lepage neu auf dem Thron

Der WM-Zehnkampf von Budapest fesselte an den beiden Wettkampf-Tagen wie Zuschauer zuhause wie auch in Budapest. In einem Fight auf extrem hohen Niveau überbot Sieger Pierce Lepage erstmals die 8.900-Punkte-Marke. Leo Neugebauer hinterließ als Fünfter bleibenden Eindruck – mit einer Punktzahl, die zuvor fast immer zu einer WM-Medaille gereicht hatte. Manuel Eitel beendete seine WM-Premiere auf Platz elf.
Silke Bernhart

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Tag 2


110 Meter Hürden


Auftakt mit Hindernissen

So viel können wir vorwegnehmen: Die 110 Meter Hürden liefen für das deutsche Duo nicht nach Wunsch. Sie standen beide im zweiten Rennen in den Startblöcken, dessen erster Startversuch zurückgeschossen wurde. Die gelbe Karte für den Fehlstart ging an Leo Neugebauer, der dies etwas verwundert, aber doch klaglos hinnahm – im Zehnkampf ist ein Fehlstart erlaubt, der zweite, egal von welchem Athleten, bringt die Disqualifikation mit sich. Das erhöhte den Druck auf das gesamte Feld.

Der zweite Startversuch glückte, allerdings nur so weit, dass alle Athleten ohne Rückschuss das Rennen aufnehmen konnten. Leo Neugebauer trat gleich die ersten drei Hürden um und geriet damit deutlich in Rückstand, im Ziel war er nach 14,75 Sekunden – ein herber Dämpfer, nachdem er bei seinem deutschen Zehnkampf-Rekord 14,10 Sekunden gesprintet war. Auch Manuel Eitel ärgerte sich im Ziel. Er war nicht gut aus den Blöcken gekommen, auch sein Rennen war kein flüssiges. In 14,39 Sekunden fehlten zwar nur elf Hundertstel zu seinem besten Zehnkampf-Resultat, eine Bestleistung im letzten Test-Wettkampf hatte ihn aber auf mehr hoffen lassen.

Stark wie eh und je präsentierten sich dagegen die beiden Kanadier Damian Warner (13,67 sec) und mit Bestzeit Pierce Lepage (13,77 sec), die aus ihrer Verfolgerrolle in dieser Disziplin wieder die Führungsrolle machten: Mit 5.614 Punkten eroberte Warner vor Lepage (5.596 pt) die Spitze zurück, Neugebauer (5.520 pt) geht als Dritter ins Diskuswerfen. Dort muss er jetzt mächtig vorlegen, denn gerade in den letzten zwei Disziplinen sind die Kanadier deutlich besser einzuschätzen. Auf Platz vier und fünf, die zurzeit Ayden Owens-Delerme (5.398 pt) und Lindon Victor (5.391 pt) belegen, klafft schon eine Lücke, es deutet alles auf einen Dreikampf um Gold, Silber und Bronze hin, bei dem die Top Drei auf Kurs 8.800 bis 8.900 Punkte liegen – Vorteil Kanada. Manuel Eitel (11., 5.221 pt) kämpft um 8.300 Punkte und einen Top-Ten-Platz.


Diskuswurf


Die anderen glänzen

Mit der siebten Disziplin entwickelte der Wettbewerb noch einmal eine neue Dynamik – leider nicht zugunsten der beiden DLV-Athleten. Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen) tat sich in einer seiner Paradedisziplinen ungewohnt schwer. Reihenweise 50-Meter-Würfe hat er schon gezeigt, zuletzt 55,04 Meter beim deutschen Rekord. Dieses Mal kam er nur bis auf 47,63 Meter. Keine schlechte Weite, aber deutlich zu wenig, um vor seinen schwächeren Disziplinen Druck auf die Konkurrenz auszuüben, die überwiegend deutlich weiter kam.

So übernahm Pierce Lepage mit einem Wurf auf 50,98 Meter mit 6.505 Punkten die Führung vor Damian Warner (45,82 m; 6.380 pt). Und mit einem neuen Meisterschaftsrekord von 54,97 Metern schob sich auch Lindon Victor (Grenada; 6.365 pt) noch an Leo Neugebauer vorbei (6.341 pt). Der WM-Fünfte von 2022 wartet noch auf seine erste große Medaille, er liegt auf Bestleistungskurs von 8.700 Punkten und greift nach dem Diskuswurf endgültig in den Kampf ums Podium ein. Mit 50,57 Metern hat sich zudem Karel Tilga (Estland; 6.190 pt) weiter an Leo Neugebauer herangepischt. Leider haben Victor und Tilga nun das bessere Momentum auf ihrer Seite.

Manuel Eitel trug den Ärger über den Hürdensprint mit in den Diskusring, deutlich war ihm die Verunsicherung anzusehen. Beinahe wäre es mit einem 36-Meter-Wurf zu einem Totalausfall gekommen, im dritten Versuch konnte er sich dann noch auf 41,30 Meter retten, etwa zweieinhalb Meter fehlten zu seinem besten Zehnkampf-Ergebnis. So setzt sich die Serie jeweils einiger verlorener Punkte pro Disziplin fort, mit etwa 100 Punkten unter Bestleistung macht er zurzeit dennoch den zweitbesten Wettkampf seiner Karriere. 5.912 Punkte bedeuten weiter Rang elf.


Stabhochsprung


Hoch – aber hoch genug?

Mit 5,21 Metern hatte Leo Neugebauer im Mai den Weg zum deutschen Zehnkampf-Rekord (8.836 pt) eingeschlagen. Auch in Budapest zeigte er starke Sprünge, nachdem er seinen Rhythmus gefunden hatte. Dieses Mal ging's über 5,10 Meter. Eine gute Höhe, genau genommen die drittbeste im Feld. Die weiteren Medaillenkandidaten aber ließen in dieser Disziplin ebenfalls keine Punkte liegen – im Gegenteil, sie packten teils sogar noch welche drauf. Besonders Pierce Lepage. Mit einem Satz über 5,20 Meter, 20 Zentimeter höher als bei seiner Zehnkampf-Bestleistung (8.701 pt), dürfte der Vize-Weltmeister nun der erste Kandidat auf Gold sein. Er marschiert in Richtung einer Bestleistung deutlich jenseits der 8.800 Punkte und führt mit 7.477 Punkten.

Damian Warner (4,90 m), Lindon Victor (4,80 m) und Karel Tilga (4,80 m) kamen zwar nicht so hoch hinaus wie die beiden Führenden, blieben aber alle im Bereich ihrer bisher besten Zehnkämpfe. Weiter nach vorne kämpfte sich mit 5,30 Metern Harrison Williams (USA). Sie alle konnte Leo Neugebauer (7.282 pt) in der Gesamtwertung noch hinter sich lassen, doch nun folgen zwei seiner schwächeren Disziplinen, für die – ähnlich wie bei Pierce Lepage – ein größeres Polster wünschenswert gewesen wäre. Sowohl Tilga als auch Victor können den Speer bis an die 70-Meter-Marke werfen, Neugebauer hat die 60 Meter noch nicht übertroffen.

Für Manuel Eitel ist sein erster WM-Zehnkampf weiter harte Arbeit, der Flow will nicht aufkommen. Im Stabhochsprung zeigte er gute Sprünge über 4,60 und 4,70 Meter, dann aber war Endstation. Auch weil er den dritten Versuch über 4,80 Meter abbrechen musste, dem Anschein nach mit Schmerzen im Fuß. In der Gesamtwertung sortierte er sich mit 6.731 Punkten auf dem zehnten Platz ein. Mit einem Salto nullo raus aus dem Zehnkampf sind nach dem Stabhochsprung zwei weitere Anwärter auf vordere Platzierungen: der WM-Vierte des Vorjahres Ayden Owens-Delerme (Puerto Rico) und 8.700-Punkte-Athlet Kyle Garland (USA).


Speerwurf


Es ist angerichtet

Fünf der aktuellen Top Sechs haben den Speer teils deutlich jenseits der 60 Meter einschlagen lassen. Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen) gehörte leider nicht dazu. Wenngleich er mit 57,95 Metern sogar seine Bestmarke um ein paar Zentimeter steigern konnte, muss er nach wie vor in den letzten zwei Disziplinen kleinere Brötchen backen. In Budapest führte das nun dazu, dass er von Platz zwei auf Platz vier zurückgefallen ist – und als schwächerer Läufer im Normalfall den Zehnkampf auf Rang fünf beenden dürfte.

Vor ihm: Pierce Lepage (60,90 m; 8.228 pt), Lindon Victor (68,05 m; 8.074 pt) und Damian Warner (63,09 m; 8.044 pt). Hinter ihm: Karel Tilga (66,42 m; 7.874 pt) und Markus Rooth (64,84 m; 7.773 pt). Gerade die Letztgenannten gilt es in Schach zu halten, um eine Top-Vier- oder Top-Fünf-Platzierung zu bewahren. Vorne rennt Damian Warner um Silber und Lindon Victor muss Bronze absichern. Gold an Pierce Lepage scheint vergeben.

Manuel Eitel lieferte mit getaptem Fuß einen für ihn guten Speerwurf ab, bei dem er mit 60,12 Metern seinen zehnten Platz verteidigte. Auch für ihn folgt nun die ungeliebtesten Disziplin des Zehnkampfs, mit einem Rennen im Bereich seiner Bestzeit kann er noch jenseits der 8.150 Punkte rauskommen und läuft damit um Platz zehn bis zwölf.


1.500 Meter


Aus dem Kronprinz wird der König

Mit einer Zeit von 4:39,88 Minuten hat Pierce Lepage seinen zehn Disziplinen von Budapest die Krone aufgesetzt. Es waren für den Kanadier zwei Tage voller Premieren: Erstmals konnte er bei einer internationalen Meisterschaft seinen Landsmann Damian Warner bezwingen. Erstmals überbot er mit 8.909 Punkten die 8.900-Punkte-Marke. Und erstmals landet er ganz oben auf dem Zehnkampf-Thron: Der Zehnkampf-Weltmeister von Budapest heißt Pierce Lepage!

Der 27-Jährige triumphierte in einem Wettbewerb auf extrem hohen Niveau. Hinter ihm feierte Olympiasieger Damian Warner mit 8.804 Punkten (4:27,73 min) seine nächste internationale Medaille. Das erste Mal auf dem Podium steht Lindon Victor (Grenada; 4:39,67 min), der mit 8.756 Punkten einen neuen Landesrekord aufstellte und seine Bestmarke dabei um mehr als 200 Punkte steigerte.

Neugebauer Fünfter

Leo Neugebauer verlor über 1.500 Meter trotz Saison-Bestzeit von 4:43,93 Minuten noch einen Platz an Karel Tilga (4:20,73 min; 8.681 pt) und wurde mit starken 8.645 Punkten Fünfter. Nur zweimal zuvor in der Geschichte von Weltmeisterschaften hatte das nicht für eine Medaille gereicht, elfmal gab's dafür sogar Silber. Der 23-Jährige absolvierte in Budapest den zweitbesten Zehnkampf seiner Karriere und deutete mit phänomenalen Leistungen in mehreren Disziplinen an, dass in Zukunft auch sein deutsche Rekord wieder wackeln wird.

Einen versöhnlichen Abschluss mit neuer 1.500-Meter-Bestzeit von 4:33,70 Minuten gab es für Manuel Eitel, der insgesamt auf 8.191 Punkte kam und damit Elfter wurde. Nach drei neuen Zehnkampf-Bestmarken in Folge fehlten ihm dieses Mal 160 Zähler zum Hausrekord. Für den 26-Jährigen war die WM-Premiere ein Wettkampf zum Lernen und Durchbeißen – und einer, der ihm den weiteren Weg in die Weltspitze aufzeigen soll.

Stimmen zum Wettbewerb:

Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen):
Die Punktzahl war gut, damit kann ich nicht unzufrieden sein. Es hätte besser sein können, aber es war jetzt der erste Höhepunkt, bei dem ich einer der Top-Favoriten war – fünfter Platz, damit kann ich nicht unzufrieden sein. Vor dem 1.500er wussten wir schon genau, wo ich landen würde. Für mich war das ein Top-Rennen, bei Weitem das Schnellste, was ich in dieser Saison gelaufen bin. Ich wollte einfach nur keine Krämpfe bekommen, ich bin durchgekommen und bin happy. Bei den Hürden waren meine Beine ein bisschen schwer, ich war ein bisschen verkrampft. Die Lehre: noch ein bisschen lockerer bleiben, immer ich selbst bleiben. Beim Stabhochsprung habe ich damit wieder angefangen, alles zu genießen, und dann ging es auch wieder bergauf. Die Stimmung in Europa ist einfach unglaublich. Das kann man gar nicht vergleichen mit Amerika. Das hat mir so viel mehr Spaß gemacht als Eugene. Ich freue mich schon auf Paris!

Manuel Eitel (SSV Ulm 1846):
Für mich war es definitiv ein Zehnkampf zum Lernen und zum Wachsen. Die ersten drei Disziplinen heute haben gar keinen Spaß gemacht. Es ist ein Zeichen, dass die 100 Meter und die 1.500 Meter – die Disziplinen, bei denen man am wenigsten denken muss – am besten gelaufen sind. Ich habe das Gefühl, dass an den zwei Tagen technisch viel daneben ging. Es ist schwierig, den Gedanken an die Bestleistung ziehen zu lassen, ich habe mich lange daran geklammert. In dem Moment, wo es mir, blöd gesagt, egal war, wie viele Punkte ich mache, wurde es dann besser. Ich habe den Speerwurf genossen, obwohl der auch nicht gut war, und wenigstens waren die 1.500 Meter noch eine Bestleistung, mit mindestens einer wollte ich hier rausgehen. Es ist schwer zu akzeptieren, dass man bei so einem unglaublich tollen Wettkampf mit so guten Zuschauern und so einer Atmosphäre im Stadion nicht sein "A-Game" bringen und performen kann. Ich werde einfach lernen müssen, dass meine Frustrationstoleranz ein bisschen steigt. Nach drei Zehnkampf-PBs hintereinander war es heute eben einfach mal keine PB.

 

TAG 1


100 Meter


Gelungener Auftakt – für (fast) alle

Die deutschen Zehnkämpfer sind gut in den ersten Tag gestartet! So die zentrale Erkenntnis nach den 100-Meter-Sprints. Mit drei beziehungsweise acht Hundertsteln über ihren Zeiten der zurückliegenden Zehnkämpfe konnten Manuel Eitel (SSV Ulm 1846; 10,44 sec) und Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen; 10,69 sec) zufrieden sein. Ebenso Niklas Kaul mit 11,20 Sekunden, die sogar drei Zehntel schneller waren als seine Zeit von Ratingen – nur vier Hundertstel fehlten zur Bestzeit der EM 2022 in München.

Mit der drittschnellsten Zeit im Feld geht Manuel Eitel in den Weitsprung, nur Olympiasieger Damian Warner (Kanada; 10,32 sec) und Ayden Owens-Delerme (Puerto Rico; 10,43 sec) waren noch etwas besser. Leo Neugebauer verbuchte die zehntschnellste Leistung, Niklas Kaul sortierte sich wie gewohnt zunächst hinten im Feld ein.

Die beiden einzigen Bestmarken im Feld gingen an die Esten Johannes Erm (10,69 sec) und Karel Tilga (10,84 sec). Die stark verbesserten Norweger Markus Rooth (10,84 sec) und Sander Skotheim (10,89 sec), die bei der U23-EM mit einem Weltklasse-Duell begeistert hatten, kamen ebenfalls nahe an ihre Saison-Bestmarken heran. In 10,45 und 10,58 Sekunden überzeugten auch die Mitfavoriten Pierce Lepage (Kanada) und Zach Ziemek (USA). Allein beim angeschlagenen Titelverteidiger Kevin Mayer (Frankreich) sah man Sorgenfalten auf dem Gesicht, wenngleich 10,79 Sekunden mit Achillessehnen-Schmerzen kein schlechter Auftakt waren.


Weitsprung


8,00 Meter: Leo Neugebauer explodiert

Schon nach seinem ersten Versuch ging ein Raunen durch das Publikum: Auf 7,83 Meter flog Leo Neugebauer da, 15 Zentimeter weiter als bei seinem deutschen Rekord von 8.836 Punkten. Der dritte Versuch aber veranlasste selbst den sonst so coolen Zehnkämpfer zu einem Jubelsturm entlang der Anlage, als die Weite aufleuchtete: 8,00 Meter! 13 Zentimeter weiter als je zuvor. Weiter als alle seine Konkurrenten. Und weit genug, um in der Gesamtwertung mit 1.992 Punkten bis auf 28 Zähler an Olympiasieger Damian Warner (7,77 m) heranzurücken.

Zu einer Enttäuschung wurde der Weitsprung dagegen für die anderen beiden DLV-Athleten: Manuel Eitel, zuletzt nach Problemen in seiner einstigen Parade-Disziplin wieder mit aufsteigender Form, musste sich mit 7,14 Metern begnügen, Niklas Kaul mit 7,16 Metern – beiden fehlten damit 18 Zentimeter zur Leistung ihrer diesjährigen Zehnkämpfe. Europameister Kaul hatte dabei nicht nur mit dem Brett, sondern auch mit Hüftschmerzen zu kämpfen, die beim Einspringen auftraten.

In einem Zehnkampf, in dem reihenweise Top-Weiten erzielt wurden, kostete das beide wertvolle Punkte: Sander Skotheim sprang 7,80 Meter, Johannes Erm und Ayden Owens-Delerme kamen bei 7,72 Metern auf, angeführt von Markus Rooth und Zach Ziemek (beide 7,62 m) gab es weitere sechs Resultate jenseits von 7,50 Metern. Hinter Warner und Neugebauer haben sich mit Zwischenresultaten oberhalb von 1.900 Punkten Aydem Owens-Delerme (1.982 pt), Pierce Lepage (1.944 pt), Johannes Erm (1.921 pt) und Zach Ziemek (1.921 pt) positioniert. Eitel (1.836 pt) und Kaul (1.669 pt) sind auf Platz 13 und 23.


Kugelstoßen


Leo Neugebauer packt 17-Meter-Stoß aus

Die Leo-Neugebauer-Show geht weiter. Das Kugelstoßen bei seinem deutschen Zehnkampf-Rekord sei noch nicht optimal gewesen, hatte er im Vorfeld gesagt. In Budapest zeigte er, was wirklich in ihm steckt: 17,04 Meter! 80 Zentimeter weiter als im Juni in Austin, Texas (USA) und mehr als einen Meter weiter als der Rest der WM-Konkurrenten. Der 23-Jährige hat nun schon mehr als 100 Punkte Vorsprung auf seine Zehnkampf-Bestmarke herausgearbeitet und mit 2.908 Punkten als Führender 96 Punkte mehr auf dem Konto als Damian Warner (15,03 m).

Mit der gleichen ordentlichen Weite von 14,85 Metern verabschiedeten sich Niklas Kaul und Manuel Eitel in die Mittagspause. Beide haben schon über 15,00 Meter gestoßen, für Kaul war es aber eine Saison-Bestmarke, Eitel fehlten 44 Zentimeter zur Weite von Götzis. So stehen nach drei Disziplinen für den Ulmer 2.616 Punkte und Rang elf zu Buche, 78 fehlen in Summe zum Bestleistungs-Zehnkampf. Der Mainzer, mit 2.449 Punkten auf Platz 19, hat 31 Punkte mehr gesammelt als im Juni in Ratingen, als er auf 8.484 Punkte gekommen war.

Im Kampf um die vorderen Plätze bleibt es nach wie vor eng und hochklassig. Mit 15,81 Metern konnte besonders Pierce Lepage eine Kampfansage liefern, er kam fast einen Meter weiter als in Götzis und ist mit 2.784 Punkten Dritter. Mit 15,75 und 15,38 Metern überzeugten auch die Esten Karel Tilga und Johannes Erm. Einen Dämpfer gab’s dagegen besonders für Kyle Garland (USA) und Markus Rooth (Norwegen), denen mit 14,44 und 13,22 Metern satte zwei Meter zu ihren bisher besten Zehnkämpfen fehlten. Ein Mitfavorit trat dagegen nicht mehr zum Kugelstoßen an: Weltrekordler Kevin Mayer musste seinen Schmerzen Tribut zollen und brach den Zehnkampf ab.

Stimmen nach dem Vormittag:

Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen):
Über 100 Meter war mein Start nicht so gut, dann bin ich aber gut ins Rennen reingekommen. Im Weitsprung wusste ich, dass ich richtig weit springen kann. Im Training lief es da sehr gut! Der zweite Sprung war wahrscheinlich noch weiter als der dritte, aber knapp übergetreten. Im dritten habe ich dann die acht Meter geschafft, was ich schon so lange als Ziel hatte. Die Acht auf der Anzeigetafel zu sehen, war überwältigend. Wie ihr schon hört: Meine Stimme ist nicht mehr so gut, weil ich so viel geschrien habe. Im Kugelstoßen wusste ich, dass ich sehr weit stoßen kann, über 17. Dass ich das endlich mal abgerufen habe, ist top! Ich habe schon sehr viele Selfies gemacht. Ich versuche, immer locker zu bleiben. Auf die anderen Leute schaue ich gar nicht. Wenn ich das, was ich im Training mache, abrufen kann, dann wird das ein Top-Zehnkampf werden. Es pusht mich sehr, dass meine Familie und Freunde endlich mal zuschauen können, die meisten Wettkämpfe habe ich ja in Amerika gehabt. Die haben Spaß und ich habe Spaß, das ist top!

Niklas Kaul (USC Mainz):
Ja, die Hüfte tut weh. Ich merke es schon, beim Kugelstoßen hat es gerade beim Einstoßen ziemlich gestört, dann wurde es von Stoß zu Stoß besser. Jetzt müssen wir uns mal angucken, was der Physio dazu sagt. Nach Weitsprung hatten wir dazu kaum Zeit, nur fünf Minuten um zu gucken, dass alles halbwegs gerade steht. Es ist beim Weitsprung passiert, vorher hatte ich gar keine Probleme. Es muss beim Einspringen passiert sein, beim Absenken im vorletzten Schritt. Der Weitsprung insgesamt ärgert mich ziemlich. Es ist alles okay, aber es ist nichts so richtig gut. Und bei einer WM bräuchte man auch mal „richtig gut“. Jetzt was essen, Physio, und dann gucken wir, dass der Hochsprung richtig gut wird. 2,04 wären gut, 2,07 wären richtig gut. Und 400 Meter unter 48.

Manuel Eitel (SSV Ulm 1846):
Es hat Spaß gemacht, es ist eine schöne Atmosphäre und eine tolle Erfahrung. Es wäre eine noch tollere Erfahrung, wenn unter dem Strich nach drei Disziplinen noch ein paar mehr Punkte stünden. Über 100 Meter bin ich sehr zufrieden, im Weitsprung war einfach ein bisschen der Wurm drin, ich habe es technisch nicht hinbekommen, dann war’s schnell vorbei und ich konnte nicht gut agieren. Die Kugelstoß-Weite ist in Ordnung, die nehme ich, da ich im Vorfeld ein bisschen Probleme mit dem Handgelenk. Jetzt mache ich eine Pause und hoffe, dass es nach der Pause noch ein bisschen besser läuft.


Hochsprung


Top-Höhen, Ausfälle und Schmerzen

Im Hochsprung sortierte sich das Zehnkampf-Feld weiter – und der Kampf um die Medaillen spitzte sich weiter zu. Mit 2,08 Metern und neun Zentimetern mehr als bei seiner Bestleistung (8.760 pt) war es unter anderem Vize-Weltmeister Pierce Lepage, der glänzen konnte. Auch Damian Warner (2,05 m) gab sich keine Blöße und kam sogar drei Zentimeter höher hinaus als bei seinem 9.000-Punkte-Zehnkampf. Überflieger des Abends: mit 2,11 Metern einmal mehr Sander Skotheim (Norwegen).

Bei diesen Höhen war das DLV-Trio schon ausgeschieden, was zunächst aber kein Grund zur Sorge sein muss: Leo Neugebauer überwand 2,02 Meter, zwei Zentimeter weniger als bei seinem deutschen Zehnkampf-Rekord, womit er mit 3.730 Punkten die Führung vor den nun punktgleichen Kanadiern Damian Warner und Pierce Lepage (3.662 pt) bewahrte. Auch Niklas Kaul blieb mit 2,02 Metern im Soll – doch die Sprünge waren teuer. Denn wie schon bei den Olympischen Spielen in Tokio schmerzte danach der Sprungfuß und Kaul verzichtete auf weitere Versuche.

Für Manuel Eitel gingen am Freitag 1,99 Meter in die Ergebnislisten ein, eine Höhe, mit der der 1,75 Meter kleine Athlet zufrieden sein konnte, zumal er in Götzis nur über 1,94 Meter gekommen war. Auf Platz zwölf und 15 gehen Manuel Eitel (3.410 pt) und Niklas Kaul (3.271 pt) in die 400 Meter – wenn Kaul denn starten kann, er wird zurzeit medizinisch behandelt. Das Aus wäre bitter, denn weitere starke Konkurrenten haben im Hochsprung einen Dämpfer hinnehmen müssen, so zum Beispiel der WM-Dritte Zach Ziemek (USA; 1,99 m) ebenfalls mit Fußschmerzen, Johannes Erm (1,93 m) oder Ayden Owens-Delerme (1,90 m) und mit 2,08 Metern auch 2,16-Meter-Springer Kyle Garland (USA).


400 Meter


Kaul steigt aus, Neugebauer erkämpft Halbzeit-Führung

Der Zehnkampf von Budapest geht ohne Niklas Kaul weiter: Schweren Herzens musste der Europameister mit einem schmerzenden Fuß die Entscheidung treffen auszusteigen. Dieselbe Entscheidung fällte der WM-Dritte Zach Ziemek, neben Kevin Mayer ist zudem auch der Olympia-Dritte Ashley Moloney (Australien) mit Oberschenkel-Schmerzen nicht mehr dabei.

Diejenigen, die fit sind, marschieren auf überragendem Kurs weiter voran. Über 400 Meter waren dies besonders Ayden Owens-Delerme (46,44 sec) und Harrison Williams (USA; 46,52 sec), in 47,21 und 47,86 Sekunden konnten aber besonders dei Kanadier Pierce Lepage und Damian Warner ihre Titelambitionen untermauern. Dass der Tag lang und hart gewesen war, zeigt die Tatsache, dass sie alle im Vergleich ihrer besten Zehnkämpfe einige Zehntel liegenließen. Ebenso erging es Leo Neugebauer (47,99 sec), der in Austin noch in 47,08 Sekunden im Ziel gewesen war. Mit 4.640 Punkten wahrte er dennoch seine Halbzeit-Führung und liegt 49 Punkte oberhalb seiner Zehnkampf-Bestleistung.

Nur zweieinhalb Zehntel fehlten Manuel Eitel über 400 Meter zum Hausrekord, er war nach 48,47 Sekunden im Ziel. Mit 4.296 Punkten liegt er  bei seiner WM-Premiere zurzeit auf Platz zwölf, 46 Zähler unter Bestleistung und damit auf Kurs in Richtung 8.300 Punkte.

Stimmen zum ersten Tag:

Leo Neugebauer (LG Leinfelden-Echterdingen):
Mit einer PB am ersten Tag kann man gar nicht unzufrieden sein. In den letzten zwei Disziplinen wollte ich noch ein bisschen mehr. Aber ich habe alles gegeben, die Zuschauer waren klasse, ich habe echt Spaß gehabt. Ich bin sehr heiß auf morgen! Aber erstmal muss ich mich ein bisschen erholen. Schön was essen, bisschen was trinken, gut schlafen. Dann bin ich ready für den nächsten Tag. Ich kann nach so einer Belastung gut schlafen, sogar besser. Na klar! Ich bin total ausgepowert nach so einem Tag, der Tank ist auf Null, den muss ich wieder auftanken, dann kann es weitergehen. Der 400er hat sich ein bisschen schwerer angefühlt als in Austin, ich hatte keine Power mehr am Ende, das haben alle gesagt, die in dem gleichen Lauf waren. Aber unter 48, da kann ich nicht unzufrieden sein.

Manuel Eitel (SSV Ulm 1846):
Mit dem Hochsprung war ich sehr zufrieden. Die 2,02 wäre ich gerne noch gesprunge, aber die 1,99 waren meine Wunschhöhe. Die 400 waren ein bisschen schwer, da war die Aufregung ein bisschen verantwortlich, die Beine waren hintenraus ein bisschen fest. Jetzt bin ich ca. 50 Punkte hinter Götzis, nach dem Weitsprung habe ich gedacht, das hole ich nicht mehr ein, da war ich ein bisschen deprimiert. Das habe ich dann gut gelöst. Jetzt freue ich mich auf morgen, ich bin zufrieden mit dem ersten Tag und versuche, dass ich trotzdem über das Götzis-Ergebnis komme.

Niklas Kaul (USC Mainz): 
Die Entscheidung, auszusteigen, tut gerade noch ein bisschen mehr weh als der Fuß. Die Fußschmerzen gehen jetzt eigentlich. Aber 400 zu rennen, wäre ein Risiko gewesen, das nicht sinnvoll gewesen wäre. Vor allen Dingen mit Blick darauf, dass ich morgen auch noch Hürden laufen und den Speer hätte werfen müssen. Dann hätte ich nicht die nötige Stabilität gehabt, um das auf dem Niveau zu machen, auf dem ich es hätte machen müssen für eine WM. Es tut weh und ist gerade echt doof, aber ich glaube, es war die richtige Entscheidung, zu der mich mein Körper gezwungen hat. Der 1,99er war das Ausschlaggebende, weil ich da zu dicht dran war, einen blöden technischen Fehler gemacht habe, den ich die letzten beiden Jahre eigentlich im Griff hatte. Es ist der gleiche Bereich wie in Tokio, aber deutlich weniger schlimm. Was mich am meisten gerade umtreibt, ist, dass ich das erste Mal wieder so gut gesprungen bin wie in Tokio. Das Einspringen war super, ich habe mich gut gefühlt. Ich ärgere mich sehr über mich selbst und über meinen Körper. Ich hatte Spaß am Springen und hätte den sicher auch noch ein paar Höhen gehabt.
 

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