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Luna Thiel schlägt Trainingszelte in Berlin auf

© Theo Kiefner
400-Meter-Spezialistin Luna Thiel wagt einen Neuanfang. Neuer Trainer, neue Gruppe, neuer Wohnort – das Olympia-Jahr steht für sie im Zeichen der Veränderung. Die 23-Jährige schuftet seit vergangener Woche in der Berliner Trainingsgruppe von Sven Buggel für ihre sportlichen Träume.
Svenja Sapper

Die zurückliegenden Wochen sind für Luna Thiel (VfL Wolfsburg) turbulent verlaufen. Statt Entspannung und Abschalten stand für die 400-Meter-Spezialistin im September die Suche nach einem neuen Trainer auf dem Programm. Ihr bisheriger Coach Edgar Eisenkolb, 400-Meter-Bundestrainer der Männer, verabschiedet sich in den Ruhestand. „Fünf Jahre, neun internationale Meisterschaften, drei deutsche Meistertitel, drei Weltmeisterschaften und eine Heim-Europameisterschaft“, fasste Luna Thiel die erfolgreiche Zusammenarbeit des Duos bei Instagram zusammen und wünschte ihrem Coach alles Gute. 

Für die 23-Jährige steht nun ein neuer Lebensabschnitt bevor: Bei ihrer Trainersuche wurde die Langsprinterin, die bislang in Hannover trainierte, in Berlin fündig. „Ich wage einen kompletten Neuanfang“, erzählt die EM-Fünfte mit der 4x400-Meter-Staffel. „Und da habe ich mich für die im Moment stärkste Trainingsgruppe im Langsprintbereich entschieden.“ 

Neue Trainingsreize sollen neuen Erfolg bringen

Unter der Leitung von Sven Buggel, Nachwuchsbundestrainer über 400 Meter der Männer, trainieren am Olympiastützpunkt Berlin unter anderem die Deutsche Meisterin Skadi Schier, EM-Halbfinalistin Alica Schmidt (beide SCC Berlin), der deutsche Jahresbeste Jean-Paul Bredau (SC Potsdam) und Mittelstrecklerin Christina Hering (LG Stadtwerke München). Die leistungsstarken Trainingskolleginnen und -kollegen waren für Luna Thiel ein weiterer Grund für den Wechsel zu Sven Buggel. Denn die alte Gruppe in Hannover bestand meist nur aus bis zu drei Athletinnen und Athleten.

In ersten Gesprächen konnte sich die Deutsche Meisterin von 2019 Mitte September mit der Trainingsphilosophie von Sven Buggel vertraut machen, vergangene Woche hat die Zusammenarbeit mit ihrem neuen Team offiziell begonnen. Auf sie wartet nun eine große Umstellung: „Meine neue Gruppe trainiert ganz anders, als ich das bisher gemacht habe.“ Während Luna Thiel bei Edgar Eisenkolb überwiegend kürzere Sprints absolvierte, setzt Sven Buggel auf längere Läufe und mehr Krafttraining. „Gerade im Krafttraining habe ich noch sehr große Defizite, das ist Neuland für mich“, sagt Luna Thiel. 

Von Hannover nach Potsdam

Nun steht erst einmal der Umzug an. Ende Oktober bezieht die Langsprinterin eine Wohnung in Potsdam. Direkt in der Hauptstadt wollte sie sich nicht niederlassen. „Ich komme aus einem kleinen Dorf, da ist Berlin das größtmögliche Gegenteil, das man haben kann.“ So ist die Wahl auf das etwas ruhigere Umland gefallen. 

Dennoch ist mit dem Neustart auch viel Aufregung verbunden, Luna Thiel betrachtet den bevorstehenden Ortswechsel als den „ersten großen Schritt“ weg von der Heimat sowie Freunden und Familie. Ihre Eltern wohnen nur rund eine Stunde von Hannover entfernt. Häufige Besuche wie bisher werden nun nicht mehr möglich sein. 

„Ich weiß, dass meine Eltern mich auch aus der Ferne weiter unterstützen und wahrscheinlich sogar häufiger, als mir lieb ist, an den Wochenenden nach Potsdam kommen“, meint Luna Thiel. Unterstützung erhält sie auch von ihrem Verein, dem VfL Wolfsburg, dem sie trotz des neuen Umfelds treu bleiben wird. 

… und nach Paris? 

Dass ein kompletter Neuaufbau im Jahr vor den Olympischen Spielen auch Risiken birgt, weiß sie. Doch diese Risiken nimmt die 23-Jährige in Kauf – sie denkt lieber langfristig. „Die Alternative wäre gewesen, dass ich allein in Hannover nach den Plänen eines anderen Trainers trainiere. Ich will aber nicht riskieren, dass ich auf lange Sicht dann auf der Stelle trete.“ Von ihrem neuen Coach erhofft sie sich, dass das Training gut anschlägt und sich die Umstellung bemerkbar macht. „Vielleicht kann man Ende des Jahres schon sagen, wo die Reise hingehen könnte.“ 

Im Optimalfall soll diese Reise im kommenden Jahr zu den Europameisterschaften nach Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) und den Olympischen Spielen nach Paris (Frankreich) führen. Im Vordergrund steht für die 23-Jährige jedoch etwas anderes. „EM und Olympia bleiben meine ganz großen Ziele. Aber nach all den Turbulenzen ist mir wichtig, dass ich gesund und verletzungsfrei bin.“ Bereits mehrmals musste sie sich nach gesundheitlichen Problemen zurück in die deutsche Spitze kämpfen.

Nachdem die vergangenen Wochen erneut mit viel Stress verbunden waren, hofft sie nun auf eine störungsfreie Vorbereitung. „In den letzten Wochen hat sich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Ich bin froh, dass ich jetzt angekommen bin.“ 

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