| Jugend-Leichtathletin des Jahres

Alina Reh - Ein Naturkind auf der Überholspur

Mit 17 hat man noch Träume hat Peggy March einst gesungen. Das gilt bis heute. „Ja, es ist mein Traum, zu Olympischen Spielen zu kommen“, sagt Alina Reh. Die Leichtathletik-Fans wählten das Ausnahmetalent vom TSV Erbach mit großem Vorsprung zur „Jugend-Leichtathletin“ 2014.
Ewald Walker / Martin Neumann

Rund 37 Prozent der Stimmen entfielen auf die 17-Jährige aus Laichingen auf der Schwäbischen Alb, mehr als doppelt so viel wie auf die zweitplatzierte Sprinterin Gina Lückenkemper (LAZ Soest) mit 15,5 Prozent. Alina Reh konnte es gar nicht glauben, als sie im Trainingslager in Monte Gordo (Portugal) von der Wahl erfuhr. „Ich habe absolut nicht damit gerechnet, zumal ich auch gar nicht groß die Werbetrommel gerührt habe“, freute sich die Langstrecklerin.

Das musste sie auch gar nicht: Die Läuferin überzeugt lieber mit Leistung, so wie 2014. Es war das Jahr der Gymnasiastin: drei deutsche Rekorde (U18 und U20) und eine Silbermedaille bei den Olympischen Jugendspielen in Nanjing (China) über 3.000 Meter. So lautet ihre eindrucksvolle Bilanz. Drei Wochen internationale Atmosphäre im olympischen Jugenddorf, hochklassige Wettkämpfe. Beflügelt vom olympischen Geist hat sie sich zum Ziel gesetzt, 2020 im neu erbauten Olympiastadion in Tokio dabei zu sein.

Besonders stolz ist die Schülerin auf ein bestimmtes Rennen: die 5.000 Meter bei den Deutschen Meisterschaften in 15:55,82 Minuten. „Ich wollte unter 16:20 Minuten laufen. An eine solche Zeit habe ich nie gedacht“, gesteht Reh. Ob man das Lauftalent in der Hallensaison sieht, steht noch nicht fest. Bei der U20-DM gibt es bei den Juniorinnen keine 3.000 Meter. Im Spurt ist sie gegenüber den Mittelstrecklerinnen über 1.500 Meter unterlegen. Vielleicht gibt sie aber ihr Debüt bei den Frauen über 3.000 Meter bei der Hallen-DM in Karlsruhe.

Außergewöhnliche Ausdauer

Schon als Kind hat Reh ihre Marathon laufende Mutter auf dem Rad begleitet – mittlerweile ist es längst andersrum. Mit zehn Jahren gewann sie in Sonthofen ihr erstes Frauenrennen. Mit überragenden Ausdauerfähigkeiten ausgestattet, ist sie bei einer Talentsichtung Letzte geworden, weil sie Defizite im Kraft- und Sprintbereich aufwies.

„Alina hat eine hohe Bewegungsbegeisterung und eine enorme Belastungsbereitschaft“, sagt ihr Trainer Michael Schwenkedel, ein Realschullehrer, der um einen behutsamen Aufbau des Talents bemüht ist. Die 17-Jährige kann sich quälen, nicht gerade typisch für ihre Generation. „Ich mag es, meinen Körper bis ans Limit zu bringen“, sagt sie ohne Umschweife.

Alina Reh ist ein Naturkind. Geprägt von der Schwäbischen Alb: der Weite der Landschaft, der rauen Witterung, der Einbindung in die Familie. „Sie braucht abends nicht auf die Piste“, sagt Trainer Schwenkedel. Heißt: Diskobesuche, stundenlange Computerchats oder Handysessions sind nicht das Ding des „geerdeten“ Teenies. Heimat ist für Reh Laichingen, nicht die Großstadt Ulm. Im Frühjahr steht das Abi auf dem Albert Schweitzer-Gymnasium an, die Schule läuft eher nebenher („Ein Zweier-Abis wird’s trotzdem“).

Traum vom Duell gegen Meseret Defar

Samstags arbeitet Alina nach einem langen Dauerlauf im Lebensmittelgeschäft der Mutter. „Das ist für mich eine Art Entspannung. Ich habe meine Aufgabenbereiche und damit auch ein Stück Verantwortung“, sagt die 17-Jährige. Nach einem Bachelor-Studium wird sie sich beruflich in diesem Bereich einfinden. Zwei Jahre Profisport würde sie im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2020 schon investieren.

Ein Traum wäre für Reh, gegen Mesert Defar, die zweimalige Olympiasiegerin aus Äthiopien, zu laufen. „Mich fasziniert ihr Schlussspurt und die Tatsache, dass sie schon viele Jahre in der Weltspitze ist“, sagt sie. Ein Vorbild? „Vielleicht Sabrina Mockenhaupt“, sagt Reh vorsichtig. Die vielfache Deutsche Meisterin ist mit ihren Bestleistungen eher in Reichweite als eine Olympiasiegerin.

100 Kilometer pro Woche

Sechs bis sieben Trainingseinheiten absolviert Alina Reh wöchentlich, 70 Kilometer, manchmal auch fast 100, spult sie dabei ab. Ein bis zwei Krafteinheiten im Studio kommen dazu, sowie Radfahren auf der Rolle. Im Winter steht als Ausgleich und Entlastung des Bewegungsapparats Skilanglauf auf dem Programm. Spitzenleistungen haben ihren Preis – auch bzw. gerade bei Talenten wie Reh.

Zuletzt war sie bei der Cross-EM in Bulgarien lange Zeit an der Spitze unterwegs, musste sich am Ende mit Platz vier in der U20 begnügen. „Ich hatte ein sehr gutes Jahr, da muss man auch mal mit einer Niederlage umgehen können“, weiß sie sich selbst sowie den Sport richtig einzuschätzen und ergänzt: „Es gibt noch viel Arbeit.“

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