| Interview der Woche

Marike Steinacker: „Ich werde mich nicht auf der Weite ausruhen“

© Iris Hensel
Am Samstag in Wiesbaden hat Diskuswerferin Marike Steinacker im Kampf um die deutschen EM- und Olympia-Tickets ein Ausrufezeichen gesetzt. Sie schleuderte ihren Diskus auf 67,31 Meter. Im Interview verrät die Leverkusenerin, die in Neubrandenburg trainiert, was bei dem Super-Wurf besonders gut gelungen ist und wie hart die beiden zurückliegenden Jahre ohne internationalen Einsatz waren.
Svenja Sapper

Marike Steinacker, herzlichen Glückwunsch zur neuen Bestweite und Olympia-Norm! 67,31 Meter – wo haben Sie diese Weite hergeholt?

Marike Steinacker:
Ich denke, die steckte schon immer in mir! Ich habe beim Einwerfen schon gemerkt: Da geht heute was. Es war ja mein erster Wettkampf in der Saison, und die Vorbereitung war sehr gut gelaufen. Dass es so weit gehen würde, hatte sich im Training zwar noch nicht abgezeichnet. Aber ich hatte im Training auch noch keinen Wurf richtig getroffen. Daher war ich zuversichtlich, dass im Wettkampf irgendwann alles zusammenkommen wird. Darüber, dass das in Wiesbaden schon so gut geklappt hat, bin ich jetzt natürlich überglücklich.

Sie haben es bereits angesprochen: Es war für Sie der erste Wettkampf in dieser Sommersaison. Mit welcher Erwartungshaltung sind Sie in Wiesbaden in den Ring gestiegen?

Marike Steinacker:
Ich hatte mir schon viel vorgenommen, weil in meiner Disziplin die Konkurrenz einfach super stark ist. Dementsprechend war mir schon im Vorhinein klar, dass man schon eine sehr starke Weite anbieten muss, damit man mitfahren kann. Ich hatte mir keine bestimmte Weite vorgenommen, aber hatte schon gehofft, dass ich die Olympia-Norm [64,50 m; Anm. d. Red.] abhaken kann. Dadurch, dass der erste Wurf direkt so weit ging [64,37 m], war für mich klar, dass eine deutliche Verbesserung möglich ist. Mit einer knappen Steigerung meiner alten Bestleistung [64,55 m] wäre ich nicht ganz so zufrieden gewesen.

Was ist Ihnen denn bei dem 67-Meter-Wurf besonders gut gelungen?

Marike Steinacker:
Ich hatte eine Sache technisch noch einmal verändert: Franka Dietzsch, die mich in Abwesenheit meines Trainers Gerald Bergmann dort betreut hat, und Herr Lang [Leitender Bundestrainer Wurf/Stoß Sven Lang], der mich in den letzten Trainingslagern immer mal wieder gecoacht hat, haben gesagt, dass noch zu viel in der Luft passiert und nicht auf dem Boden. Das sah man auch auf den Videos vom Wurf davor, der ja 64 Meter weit war. Deshalb habe ich mir vorgenommen, noch flacher zu arbeiten und schneller runterzusetzen. Anscheinend habe ich das dann ja ganz gut umgesetzt.

Fällt nach dem starken Ergebnis zum Auftakt auch ein wenig Druck ab?

Marike Steinacker:
Ich bin natürlich erleichtert, dass ich erst mal ein Ergebnis stehen habe, das mir im Kampf um die internationalen Startplätze sehr helfen wird. Aber ich bin genauso hungrig wie vorher und werde mich auf dem 67-Meter-Wurf nicht ausruhen. Ich möchte am liebsten direkt noch mal so weit werfen oder zumindest in eine ähnliche Sphäre.

Bereits jetzt haben mit Ihnen vier deutsche Athletinnen die Olympia-Norm in diesem oder im letzten Jahr erzielt, wobei Sie im Nominierungszeitraum die bislang beste Weite angeboten haben …

Marike Steinacker:
Ich gehe davon aus, dass meine Kontrahentinnen die Olympia-Norm in diesem Jahr noch werfen, und ich traue ihnen auch zu, dass sie ähnliche Ergebnisse erzielen wie ich jetzt. Wir haben noch ein paar Wettkämpfe auf guten Wurfwiesen, vor allem Halle ist berüchtigt dafür, dass dort gute Wurfbedingungen herrschen.

Vor drei Jahren standen Sie in Tokio im Olympia-Finale. Danach fanden die Welt- und Europameisterschaften aufgrund der starken Konkurrenz immer ohne Sie statt …

Marike Steinacker:
Die letzten zwei Jahre waren absolut nicht leicht, weil ich immer diejenige war, die zu Hause geblieben ist. Dafür trainiere ich nicht. Es tut schon verdammt weh, wenn man zwei Jahre lang alles gibt, aber dann jedes Mal zu Hause bleibt. Das ist einfach nur schrecklich.  

Welche Lehren haben Sie daraus gezogen?

Marike Steinacker:
Ich habe versucht, an verschiedenen Stellschrauben zu drehen. Wir hatten diese Saison noch mal ein paar Sachen verändert – und jetzt kann ich sagen, dass das Früchte getragen hat. Wir haben zum Beispiel einen Zwei-Phasen-Aufbau gemacht, einmal für den Winter und einmal für den Sommer. Sonst habe ich immer nur einen langen Aufbau für den Sommer gemacht. Die neue Herangehensweise hat mir dieses Jahr sehr gut gefallen.

Wie sieht Ihr weiterer Fahrplan für diese Saison aus, welche Wettkämpfe stehen als Nächstes an?

Marike Steinacker:
Ich werde am Donnerstag in Magdeburg starten, die Woche darauf werfe ich in Neubrandenburg und dann bei den Halleschen Werfertagen, als letzter Wettkampf vor den Europameisterschaften.

In diesem Sommer stehen gleich zwei internationale Höhepunkte bevor: die EM in Rom und die Olympischen Spiele in Paris. Die deutschen Startplätze sind heiß umkämpft, aber unter anderem anhand der Ergebnisse der Vorjahre scheint klar: Die drei deutschen Diskuswerferinnen, die sich die Tickets sichern, sind in der Regel auch bei der EM vorn mit dabei. Vergleichen Sie sich bereits mit der internationalen Konkurrenz?

Marike Steinacker:
Ich habe nach dem Wettkampf schon mal geschaut, wo ich in der Welt stehe. Es sind ja schon ein paar Wettkämpfe gelaufen. Ich bin gerade die Nummer vier und europaweit momentan die Beste. Mehr werde ich mich damit erst mal nicht beschäftigen. Ich möchte erst mal die nächsten Wettkämpfe gut über die Bühne bringen, damit mein Platz für die Europameisterschaften sicher ist. Und dann schaue ich noch mal, wie es aussieht, wie die anderen Europäerinnen drauf sind. Meine Ziele sind aber natürlich hoch gesteckt.

Mehr: 
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