| Leichtathletin des Jahres

Antje Möldner-Schmidt: "Das i-Tüpfelchen"

Sie hat für den emotionalsten Moment des Jahres gesorgt und ist dafür jetzt von den Leichtathletik-Fans zu Deutschlands "Leichtathletin des Jahres" 2014 gewählt worden. Im Interview spricht Hindernis-Europameisterin Antje Möldner-Schmidt über den langen Weg zurück nach schwerer Krankheit, die Faszination Hindernislauf und den Traum von weiteren internationalen Medaillen.
Martin Neumann

Antje Möldner-Schmidt, ich darf gratulieren: Die deutschen Leichtathletik-Fans haben Sie zur „Leichtathletin des Jahres“ 2014 gewählt!

Antje Möldner-Schmidt:

Dankeschön.

Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?

Antje Möldner-Schmidt:

Es ist ein sehr schönes Gefühl. Ich habe nicht damit gerechnet, da auch andere Athleten eine hervorragende Leistung erbracht haben. Nach der Auszeichnung als „Sportvorbild“ im Rahmen der „Sportler des Jahres“-Gala kommt eine weitere hinzu. Es ist gerade alles ganz schön faszinierend für mich.

Sie haben bei der EM sensationell Gold über 3.000 Meter Hindernis gewonnen. Wann haben Sie in dem Rennen geglaubt, dass der Titel möglich ist?

Antje Möldner-Schmidt:

Ganz ehrlich: Ich habe es im Ziel noch gar nicht geglaubt. Ich habe den Kameramann, der auf mich zukam, gefragt, ob ich wirklich gewonnen habe.

Dabei waren Läuferinnen mit deutlich besseren Vorleistungen im Rennen …

Antje Möldner-Schmidt:

… klar waren zwei dabei, die zuvor 9:23 und 9:24 Minuten gelaufen sind. Da heißt es: dranbleiben. Ich habe mir eine Medaille gewünscht und vorgenommen. Am Tag des Finals habe ich auch mit meiner Psychologin Heike Kugler darüber gesprochen, dass ich gern ganz oben stehen würde. Von daher muss ich im Unterbewusstsein mit der Goldmedaille geliebäugelt haben.

Dann müssen Sie sich vor dem Finale richtig gut gefühlt haben?

Antje Möldner-Schmidt:

Viele haben gesagt, dass ich im Vorlauf nicht besonders gut aussah. Auch meine Körpersprache soll im Finale eine ganz andere gewesen sein. Was ich sagen kann: Meine Beine waren deutlich lockerer als in den Jahren zuvor bei großen Finals. Es hat einfach gepasst.

Sie haben sich 2008 auf die Hindernisse konzentriert. Was gefällt Ihnen daran?

Antje Möldner-Schmidt:

Dass ich unterwegs was zu tun habe.

Genau genommen 35-mal beim Überqueren der Hindernisse.

Antje Möldner-Schmidt:

Das gute ist, dass ich so nach Gefühl laufen kann. Weil die Runden durch die Lage des Wassergrabens in den Stadien unterschiedlich lang sind, achte ich nicht auf die Zwischenzeiten.

Nach großen Erfolgen folgte im Januar 2010 der Schock. Bei Ihnen wurde Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Erstmals öffentlich darüber gesprochen haben Sie im Sommer 2014 in der Zeitschrift Spiegel Wissen. Warum?

Antje Möldner-Schmidt:

Erst letzten Sommer hatte ich endlich die Kraft dazu, darüber zu sprechen. Spiegel Wissen hat bei mir angefragt. So habe ich die Chance genutzt.

Wie kam es zum Sinneswandel, über die Krankheit sprechen zu wollen?

Antje Möldner-Schmidt:

Andere haben über meine Erkrankung geschrieben, ohne mit mir gesprochen zu haben. Für mich war Spiegel Wissen mit dem Titelthema Krebs das richtige Medium zur richtigen Zeit.

Bei der Siegerehrung im Letzigrund haben Sie sich Tränen aus den Augen gewischt. Liefen da die Jahre 2010 bis 2014 vor Ihrem geistigen Auge ab?

Antje Möldner-Schmidt:

Teilweise ja, es war ein überwältigender Moment. Ich reagiere heute noch sehr emotional, wenn ich Bilder von der Siegerehrung oder vom Zieleinlauf sehe.

Wie groß waren die Zweifel, dass Sie nach der Erkrankung wieder Ihr altes Leistungsvermögen erreichen würden?

Antje Möldner-Schmidt:

Ich wollte eigentlich schon bei den Deutschen Meisterschaften 2010 wieder starten. Ich war auch im Stadion, aber nur als Zuschauerin. Ich hätte nie und nimmer laufen können. 2011 habe ich wieder nach Trainingsplan trainiert und bin bei der DM gestartet. Wir haben immer gesagt, dass wir das trainieren, was geht. Aber eigentlich haben wir uns keine großen Gedanken darüber gemacht, ob es funktionieren könnte oder nicht. Rückblickend sind wir überrascht, wie gut es geklappt hat.

Sie haben gerade von „wir“ gesprochen. Damit meinen Sie Ihre langjährige Trainerin Beate Conrad. Welche Rolle hat sie bei Ihrem Comeback gespielt?

Antje Möldner-Schmidt:

Sie ist meine Vertraute. Sie hat die Trainingspläne genau auf meinen Zustand ausgerichtet und sie angepasst, falls etwas mal nicht gepasst hat. Dafür möchte ich ihr auch sehr danken, dass wir gemeinsam ein so tolles Jahr erleben durften. Das „wir“ bezieht sich aber ebenfalls auf meine Familie und Unterstützer/Wegbegleiter.

Der EM-Sieg von Zürich war Ihr größter Tag als Sportlerin. Welche Rolle spielt ein solcher Erfolg, wenn man wie Sie eine tödliche Krankheit besiegt hat?

Antje Möldner-Schmidt:

Wie soll ich es beschreiben? Es ist der i-Punkt auf dem i. Viele haben ja gar nicht mehr an einen solchen Erfolg geglaubt. Die sind nun alle wieder da.

Sie wurden auch zur „Läuferin des Jahres“ gewählt und erhielten wie schon erwähnt bei der Gala zu den „Sportlern des Jahres“ den Sparkassenpreis als Sportvorbild. Der ist mit stolzen 40.000 Euro dotiert. Einen Teil davon haben Sie der Kinderkrebshilfe gespendet …

Antje Möldner-Schmidt:

… das stimmt. Auch meinem Verein, dem LC Cottbus, habe ich einen Betrag gespendet. Genauso wie der LG Mittelmark, deren Nachwuchskonzept mich im Großraum Potsdam überzeugt.

Aber auch Antje Möldner-Schmidt hat sich doch sicher einen Wunsch erfüllt?

Antje Möldner-Schmidt:

Noch nicht. Das wird aber noch kommen. Mal gucken, was nach Abzug der Steuern noch bleibt. Bedingt durch den Sport sind die Flitterwochen nach der Hochzeit 2011 auch noch offen …

Schauen wir nach vorn: Wann wird man Sie wieder auf der Laufbahn sehen?

Antje Möldner-Schmidt:

Im Sommer, bei den Deutschen Meisterschaften und wenn möglich bei der Team-EM. Klar ist auch die WM in Peking ein Ziel. Allerdings muss man sehen, wie ich reinkomme und ob es nicht sinnvoller ist, das Training langfristig Richtung Olympia 2016 auszulegen. Durch meine Achillessehnenverletzung habe ich im Januar erst wieder langsam mit dem Training begonnen. So fehlen einige Vorbereitungswochen.

Welchen sportlichen Traum wollen Sie sich noch erfüllen?

Antje Möldner-Schmidt:

Ich würde gern bei WM oder Olympischen Spielen um die Medaillen mitlaufen.

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