| Interview

Claus Marek: "Thorpe Cup ist sehr wertvoller Wettkampf"

Am kommenden Wochenende (8./9. August) findet in Bernhausen ein Klassiker statt: der Thorpe-Cup, der traditionsreiche Mehrkampf-Ländervergleich zwischen Deutschland und den USA. Auch alle sechs Peking-Fahrer des DLV werden sich hier einem WM-Test unterziehen. Claus Marek, Leitender Mehrkampf-Bundestrainer, äußert sich über die Chancen von Universiade-Siegerin Anna Maiwald, René Stauß, Mathias Brugger & Co. sowie den WM-Startern um Michael Schrader und Carolin Schäfer.
Ewald Walker

Claus Marek, der Thorpe-Cup ist immer noch nicht überall bekannt, obwohl er schon 1993 ins Leben gerufen wurde. Welche Idee steckt hinter diesem Ländervergleich Deutschland gegen USA?

Claus Marek:

Wir wollten einen internationalen Wettkampf für die hoffnungsvollen Top-Athleten der sogenannten zweiten Reihe schaffen. Bei Gründung des Cups gab es weder U23-EM, noch war die Universiade von Gewicht. Die Idee gilt heute noch wie 1993. Allerdings haben sich die internationalen Startangebote deutlich verbessert. Der Thorpe-Cup ist für uns auch deshalb ein sehr wertvoller Wettkampf, weil wir die Verantwortung der Führung der Mannschaften auf unsere Nachwuchstrainer übertragen.

Wer sind diese Trainer?

Claus Marek:

In diesem Jahr zeichnen für die Frauen Andreas Bernshausen (Kreuztal)und Erik Schneider (Leverkusen) sowie für die Männer Christopher Hallmann (Ulm) und Georg Zwirner (Karlsruhe) verantwortlich. Dennoch müssen wir auf das geänderte verbesserte internationale Wettkampfangebot reagieren. Ab Ende 2016 gibt es eine Zäsur. Auch der Fortbestand des Thorpe Cups muss überdacht werden.

Warum war und ist der Wettkampf in all den bisherigen Jahren so bedeutend?

Claus Marek:

Seit der Einführung des Ländervergleichs gab es insgesamt fünf US-Amerikaner und zehn Deutsche, die über eine Thorpe-Cup-Teilnahme in den Folgejahren zu olympischen Ehren gelangt sind. Ohne den individuellen Erfolg im Thorpe-Cup wären sie bei diesem sportlichen Highlight wahrscheinlich nicht dabei gewesen.

Wie stark sind die aktuellen beiden deutschen Teams?

Claus Marek:

Arthur Abele hat sich leider die Achillessehne gerissen, Matthias Prey das Kreuzband. Dafür kehrt Jan Felix Knobel nach eineinhalbjähriger Verletzungspause über den Thorpe-Cup in den Zehnkampf zurück. Mathias Brugger peilt die 8.000 Punkte an. René Stauß, der Dritte des Cups 2014 und Dritte der Universiade, ist ebenfalls in Richtung 8.000 Punkte fokussiert. Nils Merten, Patrick Scherfose, Nico Beckers und Aron Schreiner sind junge Athleten, die sich über den Thorpe-Cup einen Aufstieg im Ranking der Zehnkämpfer erhoffen."

Und wie sieht es bei den Frauen aus?

Claus Marek:

Lilli Schwarzkopf und Julia Mächtig stehen nach Verletzungen nicht zur Verfügung. Nach einer langen Niederlagenserie hat das aktuelle Frauenteam aber in diesem Jahr die Möglichkeit, den Spieß umzudrehen. Die Studenten-Weltmeisterin Anna Maiwald, die beiden 6.000-Punkte-Athletinnen Xenia Rahn und Annett Fleming haben sich neben Alina Biesenbach und den Zwillingen Silvia und Simone Mrotzek eine Menge vorgenommen.

Weshalb kehrt dieser Ländervergleich immer wieder nach Bernhausen zurück?

Claus Marek:

Zuletzt war Marburg viermal der nationale Ausrichter. Zum Städtejubiläum Filderstadt/Bernhausen und aufgrund der Tatsache, dass die Bernhäuser immer wieder große Mehrkampf-Meetings für unseren Talentschuppen auf höchstem Organisationsniveau ausgerichtet haben, war es nach 2007 wieder an der Zeit, diesen Wettbewerb im Fleinsbachstadion mit großer Mehrkampftradition zu präsentieren. Das Stadion und die Organsiatoren der LG Filder wirkten sich in der Vergangenheit immer wieder sehr motivierend auf die Athleten und damit sehr positiv auf die Ergebnisse aus.

Was ist der Reiz für die Zuschauer?

Claus Marek:

Hautnah dabei zu sein und den Athleten aus nächster Nähe zu beobachten und anzufeuern. Die Mehrkämpfer sind unterschiedliche und sympathische Typen, die mitreißen.

Erfährt der Mehrkampf aus Ihrer Sicht zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit?

Claus Marek:

Wir stehen mittlerweile in harter Konkurrenz zu weitaus werbewirksameren Disziplinen und Sportarten weltweit. Da kann man nur gegenhalten und seinen Anteil an Aufmerksamkeit gewinnen, wenn es in der Mehrkampfszene herausragende Athletinnen und Athleten gibt, die Jahr für Jahr um Medaillen kämpfen. Das ist uns in vielen Jahren leider nicht gelungen. Derzeit haben wir aber wieder eine „goldene Generation“, die aus meiner Sicht öffentliche Aufmerksamkeit genießt.

Was heißt „goldene Mehrkampf-Generation“?

Claus Marek:

In dem aktuellen Kader steckt das Potenzial, Titel zu gewinnen. Der erste Platz wird nun einmal mit der Goldmedaille dekoriert, also sprechen wir aktuell von einer goldenen Zehnkampf-Generation. Gleichermaßen gilt dies für die aktuelle Siebenkampf-Generation. Diese tollen Athletinnen und Athleten treten im Übrigen am 8. und 9. August ebenfalls in Bernhausen an und messen sich dort in ausgewählten Einzeldisziplinen zum WM-Test.

Müssten die Qualifikationsleistungen der drei deutschen Siebenkämpferinnen und der drei  deutschen Zehnkämpfer nicht ausreichen, um bei der WM in Peking Platzierungen zwischen Fünf bis Acht zu erreichen? Besteht bei einer Steigerung von ein bis zwei Prozent pro Disziplin nicht sogar die Chance auf eine WM-Medaille?

Claus Marek:

Ich kann diese Einschätzung bestätigen. Die Möglichkeiten dieser aktuellen herausragenden deutschen Mehrkampfgeneration, im direkten Kampf gegen sehr starke internationale Konkurrenz, erlauben uns zu träumen.

Sie sind seit 1989 Bundestrainer Zehnkampf und seit 2011 Leitender Bundestrainer Mehrkampf. Ihre persönliche Bestleistung im Zehnkampf steht bei respektablen 8.010 Punkten. Beim VfL Bochum sind Sie mit Fußballer Hermann Gerland, Co-Trainer beim FC Bayern München, in der 4x100 Meter-Staffel gerannt. Hat er als Fußball-Trainer die bessere Karte gezogen als Sie mit dem Zehnkampf?

Claus Marek:

Ich denke, wir haben beide alles richtig gemacht. Als „Bochumer Jungs“ haben wir uns auf unterschiedliche Wege begeben. Wir haben, so glaube ich, dem Sport viel von dem zurückgeben wollen, was wir durch die Mithilfe vieler Menschen selbst als aktive Sportler erlebt und erreicht haben. Mir bereitet meine Arbeit in der Leichtathletik sehr viel Spaß – sie hat mein Leben bereichert.

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