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Martin Wierig – An beste Würfe anknüpfen

Gleich 13 Athleten haben bei den Deutschen Meisterschaften im Sommer den ersten nationalen Titel ihrer Karriere gefeiert. Unter ihnen sind einige neue Gesichter und andere, die schon länger zur DLV-Spitze zählen. leichtathletik.de erzählt, wie sie es ganz oben aufs Podest im Berliner Olympiastadion geschafft haben, heute geht es um Diskuswerfer Martin Wierig (SC Magdeburg).
Jan-Henner Reitze

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail martin-wierig>Martin Wierig
SC Magdeburg

Bestleistung:

Diskuswurf: 68,33 m (2012)

Erfolge:

Olympia-Sechster 2012
WM-Vierter 2013
EM-Siebter 2010
U23-Europameister 2007
Bronze U23-EM 2009
Bronze U20-WM 2006
Bronze U20-EM 2005
Achter U20-WM 2004
Deutscher Meister 2019

„Ich bin Diskuswerfer durch und durch. Ich mache diesen Sport einfach wahnsinnig gern, auch nach so vielen Jahren“, sagte uns Martin Wierig nach seinem ersten DM-Titel im <link video:21249>leichtathletik.TV-Interview und beschrieb sich damit sehr gut selbst. Die Liste der Erfolge des eher in sich ruhenden Athleten ist lang.

Und obwohl in den vergangenen Jahren auf internationaler Ebene keine weiteren dazugekommen sind, ist die Leidenschaft für seine Disziplin ungebrochen. Und die Zeichen stehen gut, dass es nach dem lang ersehnten DM-Gold in diesem Jahr auch auf internationaler Ebene wieder aufwärts geht.

Sportliche Heimat längst zum Zuhause geworden

Geweckt wurde die Leidenschaft für den Diskus in Magdeburg, wo der heute 32-Jährige ab der siebten Klasse aufs Sportgymnasium ging. Neben der mittlerweile auch familiären Verwurzelung ist über fast 20 Jahre Zusammenarbeit ein enges Vertrauensverhältnis zu Trainer Armin Lemme gewachsen. Dieser betreut den Zwei-Meter-Mann in Magdeburg von Anfang an und hat ihm dort auch das Diskuswerfen beigebracht.

Aufgewachsen ist Martin Wierig etwa 100 Kilometer nördlich in Seehausen in Sachsen-Anhalt, wo er in seiner Kindheit neben der Leichtathletik auch andere Sportarten wie Fußball oder Tischtennis ausprobierte. Sein damaliger Verein, der SV Seehausen, steht immer noch begeistert hinter dem heutigen Spitzenathleten und fiebert insbesondere bei internationalen Meisterschaften mit.

Späte Spezialisierung auf das Diskuswerfen

Obwohl die Würfe von Anfang an seine Stärke waren, legte Armin Lemme Wert auf eine breite Ausbildung seines Schützlings. So war Martin Wierig in seinen ersten Jahren in Magdeburg auch noch im Mehrkampf aktiv. Am Ende des Jahres 2004 führte der damalige U18-Athlet dann erstmals die DLV-Bestenliste seiner Altersklasse im Kugelstoßen und Diskuswerfen an. In dem Jahr deutete sich auch an, dass eine internationale Karriere möglich werden könnte. Denn gegen zum Teil drei Jahre ältere Konkurrenz stand am Saisonende auch der achte Platz der U20-WM mit dem Diskus zu Buche.

Der Aufbau ging behutsam weiter. Erst im Alter von 19 Jahren erfolgte die endgültige Spezialisierung auf das Diskuswerfen. Dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Trainingsmittel ausgeschöpft waren, half Martin Wierig beim schwierigen Übergang in die Männerklasse und zum Zwei-Kilo-Diskus. Diesen warf der Magdeburger bei seinem Sieg bei der U23-EM 2007 (61,10 m) fast genauso weit wie ein Jahr zuvor das 1,75-Kilo-Gerät bei seiner Bestleistung und Bronze bei der U20-WM 2006 (62,17 m).

Kontinuierliche Entwicklung bis auf WM-Rang vier

Dass nach dem U23-Bereich auch noch der nahtlose Übergang zu den Männern gelang, hatte vor allem zwei Gründe. „Mit meinem Trainer hatte ich den Mut, die Technik noch einmal vom Stützwurf auf die Umsprung-Technik umzustellen“, erzählt Martin Wierig. „Außerdem hatte ich das Glück, dass ich mich im Jahr 2010 gleich für die EM in Barcelona qualifizieren und dort Siebter werden konnte.“ Neben Robert Harting (SCC Berlin) war im nationalen Vergleich gerade Platz für eine neue Diskus-Generation.

Dieser Robert Harting war es allerdings auch, der die Diskus-Welt über Jahre dominierte. „Natürlich hat mich das den ein oder anderen nationalen Titel gekostet, andererseits konnte ich auch davon zehren“, erinnert sich Martin Wierig, der insgesamt sechsmal Deutscher Vizemeister wurde. „Wenn man jahrelang den besten Athleten der Welt vor der Nase hat und sich das ein oder andere Mal mehr mit ihm messen kann, dann wächst man. Ich konnte mich kontinuierlich entwickeln.“

Ergebnis dieser Entwicklung waren vor allem 2012 der sechste Platz bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) und Rang vier bei der WM 2013 in Moskau (Russland). Danach musste Martin Wierig auch sportliche Rückschläge hinnehmen, wie das Quali-Aus bei den Weltmeisterschaften 2015 und 2017 oder bei Olympia 2016. Hier und da zwickte der Rücken, oder im entscheidenden Moment wollte es nicht gelingen, die Leistung auf den Punkt zu bringen.

Vertrauen in Umfeld und Lösungsansätze  

„Meinem Trainer und meinem Umfeld bin ich dennoch immer treu geblieben, weil ich mich immer wohlgefühlt habe. Und wir gemeinsam immer den richtigen Ansatz für eine Lösung gefunden haben“, berichtet der Bundespolizist, der seine konstante Form in diesem Jahr mit einem verletzungsfreien Training erklärt.

Bei neun seiner zwölf Wettkämpfe in diesem Sommer ist der Diskus mindestens über die 64 Meter geflogen, was ihn zum Favoriten bei der DM in Berlin machte. Dass er dieser Rolle gerecht werden und sich endlich seinen ersten nationalen Titel holen konnte, gibt Martin Wierig Auftrieb und die Zuversicht, dass es beim Saisonhöhepunkt wieder klappt.

Finalplatzierung zum Jubiläum

Mit vielen Trainingswürfen holt sich der aktuell 14. der Weltbestenliste gerade in Kienbaum den Feinschliff für die WM in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober). „Dort möchte ich meine beste Saisonleistung abliefern. Körperlich sind die Voraussetzungen geschaffen“, gibt der Deutsche Meister seine Ziele für die fünfte WM-Teilnahme aus. „Ich möchte die Qualifikation überstehen und dann den Endkampf erreichen.“

Das wäre nicht nur die Krönung für ein gutes Jahr, sondern auch Rückenwind in Richtung Olympia in Tokio (Japan) im kommenden Sommer. Auch dort möchte Martin Wierig möglichst noch einmal sechs Versuche in einem internationalen Finale haben. Das würde auch zu einem Jubiläum passen. „Im nächsten September bin ich 20 Jahre bei meinem Trainer. Das ist mehr als die Hälfte meines Lebens, so eine so lange Zusammenarbeit ist etwas Besonderes in der Leichtathletik.“ Und so lange die Freude am Diskuswerfen bleibt und der Körper mitspielt, soll diese Zusammenarbeit weitergehen.

Video-Interview: <link video:21249>Martin Wierig: "Ich wollte unbedingt den Meistertitel" 
Video: <link video:21216>Martin Wierig sichert sich Gold mit dem Diskus<link video:21222>

Das sagt Bundestrainer Torsten Lönnfors:

Martin hat eine beständige Saison gezeigt. Nach einem guten Einstieg in den Sommer konnte er sein Niveau halten. Physisch war er auch schon in den vergangenen Jahren gut drauf. In diesem Jahr kommt eine technische Stabilität dazu, das führt zu diesen Leistungen. Bei der WM kann Martin das Niveau 65 plus X angreifen. In diesem Bereich geht es um den Endkampf. Er ist also ein Kandidat für die Top Acht. Martin bringt eine starke Physis mit, das zeigt sich in einem kräftigen Abwurf. Bei der Endbeschleunigung im Oberkörper kann er Zug auf den Diskus bringen. Dazu ist er zielstrebig und weiß, was er will. Er arbeitet hart für seine Ziele.

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