| Interview der Woche

Mateusz Przybylko: „In Leipzig 2,30 Meter und mehr angreifen“

Hochspringer Mateusz Przybylko war am Wochenende herausragender Akteur der Nordrhein-Hallenmeisterschaften. Gleich im ersten Versuch nahm der Schützling von Hans-Jörg Thomaskamp 2,29 Meter und verbesserte damit seinen Hallen-Hausrekord um drei Zentimeter. Nur unter freiem Himmel flog der 23 Jahre alte Sportsoldat mit 2,30 Metern noch höher. Im Interview spricht der 1,95-Meter-Schlaks unter anderem über seine Verletzungsprophylaxe, den Traum von Olympia und die besondere Beziehung zu seinen Brüdern.
Harald Koken

Mateusz Przybylko, 2,29 Meter Mitte Januar – wie fällt die Richtung Juli oder August tendierende Hochrechnung aus?

Mateusz Przybylko:

Ich habe schon im vergangenen Jahr prognostiziert, dass ich die 2,34 Meter angreifen werde. In diesem Jahr werde ich die Prognose definitiv umsetzen, ich hoffe bei Olympia in Rio. Da muss die Finalteilnahme drin sein, da bin ich zuversichtlich. Es wird auf jeden Fall eine gute Saison für mich.

Unter der Voraussetzung, dass keine Verletzung auftritt. Am Samstag haben Sie nach dem Wettkampf über ein leichtes Zwicken geklagt. Spüren Sie den Schmerz immer noch?

Mateusz Przybylko:

Nein. Ich glaube, dass ein bisschen viel Anspannung da war. Das hatte sicher mit dem Muskeltonus zu tun, weil ich zurzeit bei der Bundeswehr einen Übungsleiter-Lehrgang absolviere. Ich gehe davon aus, dass die Beine übermüdet waren. Definitiv werde ich übernächsten Mittwoch in Köln starten. Dabei sind viele Top-Springer wie Jaroslav Baba aus Tschechien. Der hat eine Bestleistung von über 2,30 Meter. Da wird es sicher wieder hochinteressant.

Was ist in diesem Winter noch drin?

Mateusz Przybylko:

In Köln und bei den <link>Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig werde ich 2,30 Meter oder noch mehr angreifen. Zudem bin ich bei der Hallen-DM ja Titelverteidiger. Die Halle in Leipzig ist schön, da bin ich schon 2,24 Meter gesprungen. Aber es wird sicher ein interessanter Wettbewerb, mit dem die Disziplin insgesamt stärker ins Blickfeld rücken kann. Auch was die Tickets für die EM und Rio angeht, wird es ziemlich eng, wie bei den Stabis, da ist auch immer ein heißer Kampf. Eike Onnen, David Nopper, vielleicht Martin Günther und noch einige andere sind Kandidaten. Aber Konkurrenz belebt ja das Geschäft.

Wer 2,33 Meter überspringt, darf zur Hallen-WM in Portland (USA; 17. bis 20. März). Ist das für Sie ein besonderer Anreiz?

Mateusz Przybylko:

Eher nicht. Ich richte meinen Fokus auf die Olympischen Spiele und auf Amsterdam. Natürlich könnte und werde ich mich möglicherweise an 2,33 Metern versuchen und zeigen, dass ich das kann. Aber die Teilnahme an der Hallen-WM ist nicht unbedingt mein erklärtes Ziel. Auch weil der Termin doch recht spät ist und ich wahrscheinlich dann im Trainingslager bin.

Kommen wir noch einmal auf Ihre Verletzungsanfälligkeit zurück. Wie sieht Ihre Prophylaxe aus?

Mateusz Przybylko:

Ich hatte immer Probleme mit dem Absprung, mit der Pronation. Der Fuß ist da oft weggeknickt. Deshalb haben wir den Anlauf umgestellt, damit ich den Fuß anders aufsetzen kann und die Problemstellung vermieden wird. Daran haben wir lange gefeilt und gearbeitet, aber jetzt sieht man, dass ich auf einem guten Weg bin.

Wo sehen Sie noch Potenzial?

Mateusz Przybylko:

Bei der Lattenüberquerung. Ich habe über der Latte oft einen kleinen Entenarsch. Ich muss daran arbeiten, dass ich die Pobacken zusammenkneife und sich dadurch die Hüfte hebt. Das ist schwierig. Wir machen spezielle Kraftübungen auf der Matte. Ansonsten schreit mich mein Trainer Hans-Jörg Thomaskamp oft an: „Hüfte heben! Hüfte hoch!“ Ich müsste im Prinzip von selbst dran denken. Aber das hängt auch viel mit der Konzentration zusammen.

Wie beurteilen Ihre jüngeren Brüder Kacper und Jacub – beide bekannte Fußball-Profis - Ihre Leistungen?

Mateusz Przybylko:

(lacht) Die sind stolz auf mich. Aber ich bin auch stolz auf meine Brüder. Wir verfolgen gegenseitig, was die anderen sportlich so fabrizieren. Wir sind eben eine Sportfamilie. Wir haben jahrelang überlegt, wie wir diese Verbundenheit nach außen dokumentieren könnten, zum Beispiel durch ein Tattoo, das zeigt: hey, die Familie ist uns total wichtig. Schließlich haben wir uns auf den Oberarm „La Familia“ tätowieren lassen. Ich habs links, die Jungs rechts, weil sie Rechtshänder sind und ich Linkshänder.

Warum haben Sie keine Karriere als Fußballer eingeschlagen?

Mateusz Przybylko:

Ich habe als Kind daheim in Bielefeld aus Spaß Fußball gespielt. Irgendwann habe ich mich verletzt. Ich war ein Jahr frustriert zuhause. Da meinte meine Mutter: „Wie wäre es mit Leichtathletik? Das hab´ ich auch mal gemacht. Komm, ich bring dich mal zu meinem Trainer Georg Cadek.“ Da war ich elf oder zwölf Jahre alt. Das hat Spaß gemacht und ich bin dabei geblieben.

Nach der 10. Klasse sind Sie nach Leverkusen gewechselt, haben dort Abitur gemacht, aber die speziell auf Leistungssportler zugeschnittene Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Warum?

Mateusz Przybylko:

Ich habe die Ausbildung begonnen, weil ich nicht so richtig eine Idee hatte, was ich nach der Schule machen sollte. Ich habe für ein Jahr die Option dieser besonderen Ausbildung gezogen, muss aber zugeben, dass ich mich total gelangweilt habe. Die Arbeit war monoton, die ganze Zeit nur rumsitzen, das war nichts für mich. Ich muss mich bewegen. Dann kam die Möglichkeit, Sportsoldat zu werden und mich noch mehr auf den Sport zu konzentrieren. Da habe ich gesagt: Ich will bis Rio Vollgas geben. Ob ich danach wieder eine Ausbildung beginne oder ein Studium aufnehme, wird sich zeigen.

Wie ist es um Ihre Trainingsgruppe bestellt?

Mateusz Przybylko:

Torsten Sanders, dem ich locker 2,26 oder 2,27 Meter zutraue, ist im Moment verletzt. Aber Douwe Amels [Niederlande; 2013 U23-Europameister, Bestleistung 2,28 m] ist dazugekommen und momentan ein- bis zweimal die Woche, bald aber wohl häufiger hier. Wir können uns gegenseitig hochpushen. Hinzu kommen Leute aus anderen Disziplinen, so die Sprinter Aleixo-Platini Menga und Kai Köllmann sowie Weitspringer Alyn Camara. Da geht’s meistens lustig zu und macht Spaß.

Mehr:

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