| Porträt

Maurice Huke: „Mister Vize“ will ganz nach oben

20,86 Sekunden über 200 Meter lief Maurice Huke bei den Deutschen Hallenmeisterschaften, das bedeutete wie im Vorjahr Platz zwei. Doch der 26-Jährige gibt sich damit nicht zufrieden und will auf seiner Hausstrecke künftig noch schneller werden. Ein angekündigter Wechsel auf die Stadionrunde ist damit vorerst vom Tisch.
Philip Häfner

Für den Optimisten ist das Glas bekanntlich halbvoll, für den Pessimisten hingegen halbleer. Maurice Huke (TV Wattenscheid 01) zählt eigentlich eher zur ersteren Gruppe, doch nach den diesjährigen Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig fiel es auch ihm schwer, seiner Leistung dort etwas Positives abzugewinnen. Dabei hatte der Wattenscheider im Februar keineswegs enttäuscht. Im Gegenteil: 20,86 Sekunden bedeuteten für Huke eine neue persönliche Bestleistung sowie den Sprung auf Platz 14 der ewigen deutschen Hallenbestenliste.

Doch ein anderer war in Leipzig eben noch schneller. Patrick Domogala (MTG Mannheim) rannte 20,62 Sekunden und damit die sechstschnellste Zeit eines einheimischen Sprinters aller Zeiten. Domogala stand anschließend im Rampenlicht, während die nicht minder starke Leistung Hukes in der Arena fast ein wenig unterging.

Das erklärt wohl auch seine verhaltene Reaktion über den Vizemeistertitel. „Meine Zeit ist super, aber es ist eben wieder einmal nur Platz zwei“, meint Huke leicht zerknirscht. Genau wie im Vorjahr, als er bei der Hallen-DM in Dortmund in 21,07 Sekunden um zwei Hundertstel gegen Steven Müller (LG Friedberg-Fauerbach; 21,05) verloren hatte. „Ich hoffe jetzt seit zwei Jahren auf den Titel. Aber jedes Mal kommt von irgendwo her dann noch jemand, der ihn mir doch noch wegschnappt.“

Drei Mal Vizemeister in der Halle

Man kann es natürlich auch positiv sehen. Unterm Strich stehen für den 26-Jährigen im Winter nun schon ein halbes Dutzend DM-Medaillen auf der Habenseite. Rechnet man die Staffel hinzu, stand Huke unter dem Hallendach bereits sechs Mal auf dem Treppchen. 2017 wurde er mit der Staffel des TV Wattenscheid 01 Deutscher Hallenmeister über 4x200 Meter; sein bestes Ergebnis im Einzel sind die drei Vizemeistertitel 2017 über 60 Meter sowie 2018 und 2019 jeweils über 200 Meter. Im Freien gab es im Einzel dagegen noch kein einziges Mal Edelmetall.

Trotzdem sieht sich der gebürtige Bochumer nicht unbedingt als Hallenspezialist. Die ungleiche Medaillenverteilung liege vielmehr darin begründet, dass er im Sommer häufig mit Verletzungen zu kämpfen hatte, sodass er sein Potenzial dort nur selten abrufen konnte. „Dadurch fehlt mir im Sommer oft ein wenig die Wettkampfroutine“, sagt Huke.

Vom Verletzungspech verfolgt

Wohl auch deshalb läuft er bislang noch etwas unter dem Radar und fällt vermutlich nicht jedem gleich auf Anhieb ein, wenn von den besten deutschen Sprintern die Rede ist. Angefangen hatte das Verletzungspech 2012. Damals war Huke die Norm für die U20-EM gelaufen, doch weil er sich im Ziel einen Muskelbündelriss zuzog, fand der Saisonhöhepunkt ohne ihn statt.

Ein Jahr lang war er außer Gefecht gesetzt. Es folgte eine Schambeinentzündung, wegen der er letztlich sogar operiert werden musste, sowie 2017 ein Schlüsselbeinbruch, den er bei der Staffel-WM auf den Bahamas im Vorlauf über 4x200 Meter ebenfalls direkt im Wettkampf erlitt. All das erschwerte seinen Einstieg bei den Aktiven. „Ich musste quasi jedes Mal wieder bei Null anfangen“, sagt er.

Im vergangenen Jahr war es dann eine Schleimbeutelentzündung, die ihn daran hinderte, sein Optimum abzurufen. Bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg holte er mit dem Wattenscheider Quartett zwar den Titel (sogar mit deutschem Rekord für Vereinsstaffeln von 38,79 sec) und lief im Vorlauf über 200 Meter persönliche Bestzeit (20,81 sec), doch im Finale unterlief ihm anschließend ein Fehlstart. Wieder einmal hatte sich die fehlende Wettkampfroutine im Sommer bemerkbar gemacht.

Die Staffel-WM als erstes Saisonziel

Der Start bei den World Relays 2017 war Hukes erstes Rennen im Nationalmannschaftstrikot seit fünf Jahren gewesen, seit er 2011 bei der U20-EM und bei der U23-EM jeweils in der Staffel angetreten war und mit den älteren Junioren in Ostrava (Tschechien) sogar Bronze über 4x100 Meter geholt hatte. Auch für dieses Jahr hat er sich den Start bei der inoffiziellen Staffel-WM, die am 11./12. Mai erstmals in Yokohama (Japan) ausgetragen wird, dick im Kalender eingetragen.

Schwieriger dürfte da schon die Einzel-Qualifikation für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober) werden, schließlich liegt der geforderte Richtwert über 200 Meter bei 20,45 Sekunden und damit deutlich unter seiner bisherigen Bestleistung. „Die Norm ist sehr sportlich, das wäre schon ein krasser Sprung nach vorn“, meint Huke. Doch mit etwas Glück und optimalen Bedingungen könne es womöglich trotzdem funktionieren: „Man sagt ja, dass man draußen zwei bis drei Zehntel schneller läuft als in der Halle. Wenn dazu vielleicht noch Rückenwind herrscht, kann es vielleicht klappen.“

Vorerst kein Wechsel auf die 400 Meter

Maurice Huke will jedenfalls nach seinem starken Auftritt in der Halle auch im Freien endlich richtig durchstarten. Wohlgemerkt weiterhin über 200 Meter. Zwar hatte er im Herbst angedeutet, künftig auf die 400-Meter-Strecke wechseln zu wollen. Die körperlichen Voraussetzungen sprechen auch durchaus dafür, zumal Huke Tempoläufe gut wegstecken kann. „Ich wäre deshalb blöd, es nicht irgendwann einmal zu probieren“, meint er selbst zu einem möglichen Umstieg auf die Stadionrunde.

Doch daraus wird vorerst nichts. „Ich bin über 100 Meter und 200 Meter noch nicht fertig“, sagt Maurice Huke. Bestleistungen von 10,37 Sekunden und 20,81 Sekunden seien zwar nicht schlecht. „Aber ich habe das Gefühl, dass dort jeweils noch deutlich bessere Zeiten in mir stecken.“ Für Maurice Huke ist schnell noch längst nicht schnell genug. Oder anders ausgedrückt: Es passt aus seiner Sicht doch noch etwas Wasser ins Glas hinein.

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