| Doha 2019

Hochzeitsglück und WM-Premiere – Das Jahr des David Wrobel

Schon mehrmals hat David Wrobel in den vergangenen Jahren die Norm für internationale Meisterschaften übertroffen. Doch noch nie hat es für eine Teilnahme gereicht, immer waren mindestens drei andere deutsche Diskuswerfer besser. Dieses Jahr ist sein Jahr. Nach dem privaten Hochzeitsglück wartet in Doha sportlich die WM-Premiere. Der ungewöhnliche Weg des 28-Jährigen, der 2013 vom Westen in den Osten Deutschlands zog, hat sich ausgezahlt.
Pamela Lechner

Seit Mitte der Woche bewohnt David Wrobel mit Trainings- und Vereinskollege Martin Wierig im WM-Vorbereitungscamp des DLV in Belek (Türkei) ein Zimmer. Das Diskus-Duo vom SC Magdeburg hat diesen Sommer allen Grund zur Freude: Martin Wierig gewann nach unzähligen Silbermedaillen in der Harting-Ära dieses Jahr erstmals den DM-Titel und Wrobel schaffte als DM-Zweiter endlich den Sprung aufs Podest. Und was noch wichtiger war: Er feiert damit am kommenden Wochenende in Doha seine WM-Premiere.

„Ich gönne Martin den DM-Titel von Herzen nach seinen sechs Silbermedaillen, ich habe mich vor allem über meine erste Medaille gefreut und dass es einen Doppelsieg für uns gab“, sagt David Wrobel. Die Konkurrenzsituation motiviert sie gegenseitig. Sie sind Konkurrenten und beste Freunde. „Das passt wie die Faust aufs Auge mit uns beiden. Wir sind menschlich auf einer Wellenlänge.“

Beide trainieren nach genau dem gleichen Trainingsplan bei Armin Lemme in Magdeburg, der seine Schützlinge auch bei der WM betreut. Im Vorjahr war der Saison-Fahrplan nicht ganz optimal gelaufen, es gab bei den Deutschen Meisterschaften einen Leistungsabfall, für dieses Jahr wurde der Plan etwas umgestellt. „Wir hören jetzt mehr auf unseren Körper. Wenn es im Kraftbereich zu viel wird, fahren wir zurück“, erklärt David Wrobel. Auch aufgrund der langen Saison mit dem späten WM-Termin gab es Änderungen, die Kraft- und Wurfspitzen wurden in die Länge gezogen.

Martin Wierig als Trauzeuge

Das Konzept ging auf. „2019 ist mein Jahr“, freut sich der Vize-Meister. „Ich konnte meine Leistung abrufen.“ Mit Rang zwei bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin, seiner Jahresbestleistung von 65,86 Metern und einem konstanten Niveau jenseits der 63 Meter konnte sich Martin Wrobel das WM-Ticket für Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober) sichern. Dass es sechs Jahre lang nicht mit einem internationalen Start geklappt hat, war frustrierend und motivierend zugleich. „Deutschland ist ein Werferland, das weiß man. Wenn man sich aber national durchsetzt, ist man auch international vorn dabei, weil die Leistungsdichte so hoch ist.“

Auch privat ist das Jahr für David Wrobel etwas Besonderes. Er hat seine Freundin Eileen geheiratet. Sein Trauzeuge bei der standesamtlichen Trauung im Januar war natürlich Martin Wierig. Die größere Hochzeitsfeier war erst vor zwei Wochen in Schönebeck, an dem Ort, wo der Bräutigam 2018 seine Bestleistung (65,98 m) warf. Auch das eine oder andere Geschenk drehte sich ums Diskuswerfen. Kein Wunder, auch Wierigs Freundin Anna Rüh ist Diskuswerferin und Teil der Trainingsgruppe. Die Vier treffen sich regelmäßig.

Die Hochzeit hat relativ gut in den WM-Zeitplan gepasst. „Das beflügelt auch“, beschreibt David Wrobel seine Gefühlslage. Nach einer ausgelassenen Feier ging es am Montag nach dem Hochzeits-Wochenende direkt ins Trainingslager nach Kienbaum, wo einige DLV-Athleten im Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum Deutschlands vor Doha nochmals Station machten. Die Flitterwochen folgen nächstes Jahr, jetzt ist die erste WM angesagt.

Von Stuttgart nach Magdeburg

Das Wurf-Talent des gebürtigen Stuttgarters, der früher für die LG Leinfelden-Echterdingen und den VfB Stuttgart startete, kam schon in jungen Jahren zum Vorschein. Bei der U20-WM 2010 in Moncton (Kanada) wurde David Wrobel Neunter, bei der U23-EM 2013 Achter und im selben Jahr auch Deutscher Vize-Meister in der U23. Im jenem Jahr bekam der damals 22-Jährige, der am Olympiastützpunkt in Stuttgart von Sabrina Werrstein gecoacht wurde, von ihr überraschend die Nachricht, dass sie für ihre Doktorarbeit nach Köln gehen würde. So stand er plötzlich ohne Trainer da.

In dieser Situation ging David Wrobel einen ungewöhnlichen Weg. Er zog im Dezember 2013 von Baden-Württemberg nach Sachsen-Anhalt und schloss sich der Trainingsgruppe von Armin Lemme, dem mit 68,50 Metern immer noch fünftbesten deutschen Diskuswerfer aller Zeiten, beim SC Magdeburg an, in der „Wieri“ zu diesem Zeitpunkt allein war. Man kannte sich von Wettkämpfen und das passte auf Anhieb gut. Seine Entscheidung war richtig: „Ich habe mich in den sechs Jahren, die ich jetzt dort bin, um sechs Meter gesteigert, es hat sich gelohnt.“

In der vierköpfigen Trainingsgruppe ist auch Nachwuchshoffnung Henrik Janssen, der momentan eine Ausbildung bei der Bundespolizei absolviert. „Die Trainingsgruppe harmoniert richtig gut“, erzählt der WM-Starter. Er selbst ist Sportsoldat, in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Ein Studium im Fach Gesundheitsmanagement ließ sich nicht so recht mit dem Sport und den vielen Trainingslagerreisen vereinbaren. „Dann habe ich mir gesagt, ich konzentriere mich ganz auf den Sport bis Olympia 2020.“ Nach seiner Karriere will er bei der Bundeswehr eine Trainer-Ausbildung machen. Wenn es die Zeit zulässt, betreut er heute schon mal den einen oder anderen Nachwuchsathleten bei Wettkämpfen.

Ziel in Doha: „Sieben Würfe“

Sein bislang größter Wettkampf geht schon am zweiten Tag der WM los. Kommenden Samstagnachmittag (28. September) kämpfen die Diskuswerfer in Katar um den Final-Einzug. David Wrobel hat schon eine genaue Vorstellung, wie seine erste Weltmeisterschaft ablaufen soll. Sein Ziel: „Sieben Würfe machen.“ Sprich: Im ersten Versuch der Qualifikation direkt die geforderte Weite fürs Finale werfen und im Finale den Endkampf der besten Acht erreichen, macht weitere sechs Würfe.

„Ich fühle mich topfit. Wir hatten am Dienstag ein positives Abschlusstraining mit viel Wind, da ist der Diskus geflogen, das ist gut für den Kopf“, so David Wrobel. Im DLV-Vorbereitungscamp in Belek geht es nun darum, die aufgebaute Form zu halten. Mit 2,1 Kilo schweren Eisenstäben wird zum Beispiel die Technik imitiert und optimiert. Ein bisschen Krafttraining und natürlich wettkampfspezifische Würfe stehen auf dem Trainingsplan.

„Diskuswerfen ist komplex, aber dennoch wunderschön“, findet der Wahl-Magdeburger. Von seinen Kraftwerten ist der 28-Jährige fast am Limit, technisch gibt es noch Potenzial. Und das Mentale ist seine Stärke: „Wenn ich in ein großes Stadion komme, kann ich alles, was um mich herum passiert, sehr gut ausschalten. Klar, kann ich auch ein paar Faxen machen. Aber wenn ich in den Ring gehe, bin ich im Tunnel.“ Möge dieser Tunnel in Doha ihn in die Top Acht führen – am besten gemeinsam mit seinem Freund Martin Wierig.

WM 2019 Doha

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