| Zusammenfassung

Das Marathon-Jahr 2015 - Die Bilanz national und international

Eliud Kipchoge war der Marathonläufer des Jahres 2015. Daran gab es keinen Zweifel, und so wurde der Kenianer auch im November in Athen von der Association of International Marathons and Distance Races (AIMS) als Marathonläufer des Jahres ausgezeichnet. Die besten Zeiten waren aber nicht ganz so schnell wie noch 2014 und 2013. Die deutschen Männer setzten ihren erfolgreichen Trend aus dem Vorjahr fort. Dass Arne Gabius in Frankfurt mit 2:08:33 Stunden den 27 Jahre alten Deutschen Rekord gebrochen hat, das hätte noch vor 15 Monaten sicher niemand für möglich gehalten.
Jörg Wenig/pr

Sehr gut stehen weiterhin die deutschen Top-Laufveranstalter bezüglich der spitzensportlichen Leistungen da. Der BMW Berlin-Marathon hat seine Position als schnellster Lauf der Welt einmal mehr bestätigt. Die beiden Sieger sind jeweils auch die Jahresweltbesten: Eliud Kipchoge lief 2:04:00 Stunden, seine Landsfrau Gladys Cherono 2:19:25 Stunden. In der Liste der schnellsten Marathonrennen der Welt führt Berlin bei den Männern klar und liegt bei den Frauen auf Rang zwei.

Noch ein zweiter deutscher Marathon ist in den Top Ten: Frankfurt hielt bei den Männern Platz sieben und verbesserte sich bei den Frauen sogar von Rang acht auf sechs. Gemessen an dieser Liste, hat kein anderes Land in der Welt zwei so schnelle Marathonrennen.

Ob die Statistiken in den nächsten Wochen gegebenenfalls geändert werden müssen, bleibt abzuwarten. Die internationale Anti-Doping-Agentur WADA will dann einen weiteren Bericht vorlegen. Im Jahr 2015 gab es zwei prominente Dopingfälle, die den Marathon betrafen: Die Russin Mariya Konovalova, die als Zweite des japanischen Nagoya-Marathons mit 2:22:27 Stunden den Master-Weltrekord (Altersklasse ab 40 Jahre) von Irina Mikitenko gebrochen hatte, und die Ukrainerin Tetyana Gamera-Shmyrko, die nach einem fünften Platz bei Olympia 2012 dreimal in Folge den Osaka-Marathon gewann.

Männer: Kipchoge dominiert, Aufwärtstrend im Sog von Gabius

Nach Weltrekorden 2013 und 2014 sowie drei beziehungsweise zwei Zeiten von unter 2:04 Stunden in jenen beiden Jahren setzte sich dieser Höhenflug in den vergangenen zwölf Monaten nicht fort. Acht Zeiten von unter 2:05 Stunden gab es noch 2014, zuletzt waren es nur noch drei. Einige der Stars konnten im vergangenen Jahr aus unterschiedlichen Gründen ihr Potenzial nicht umsetzen. Äthiopiens große Hoffnung, Kenenisa Bekele, ging im Januar beim Dubai-Marathon verletzt aus dem Rennen und ist bis heute noch nicht in Topform.

Eliud Kipchoge hätte in Berlin unter normalen Umständen wohl in den Bereich des aktuellen Weltrekordes seines Landsmannes Dennis Kimetto (2:02:57 h) laufen können. Doch ungewöhnliche Materialprobleme stoppten eine Weltrekordjagd. Aufgrund von Schuhproblemen lief Kipchoge in Berlin praktisch ohne Innensohlen. Diese hatten sich aus dem Schuh heraus geschoben. Dass er trotzdem noch mit 2:04:00 Stunden gewann und die neuntbeste je gelaufene Zeit auf einer rekordkonformen Strecke erreichte, zeigt die außerordentliche Klasse des Läufers. Er ist derzeit als Favorit auf die olympische Marathon-Goldmedaille anzusehen.

Die drei Kenianer Wilson Kipsang, Dennis Kimetto und Emmanuel Mutai waren nicht so stark wie in den Jahren zuvor. Kipsang und Kimetto konzentrierten sich nach guten Rennen beim London-Marathon (Großbritannien) im April auf den Weltmeisterschafts-Marathon in Peking (China), kamen aber dort mit den sommerlichen Bedingungen nicht zurecht. Weltmeister wurde mit Ghirmay Ghebreslassie schließlich ein Außenseiter aus Eritrea.

City-Marathons am hochkarätigsten in London und New York

Die am hochkarätigsten besetzten City-Marathonrennen fanden einmal mehr in London im Frühjahr und in New York (USA) im Herbst statt. An der Themse siegte Eliud Kipchoge - er ist nun schon zwei Jahre im Marathon ungeschlagen und hat in Folge Rotterdam (Niederlande), Chicago (USA), London und Berlin gewonnen - mit 2:04:42 Stunden knapp vor Kipsang (2:04:47 h) und Kimetto (2:05:50 h). In New York war im November der Kenianer Stanley Biwott mit 2:10:34 Stunden vorne.

Sehr schnelle Zeiten fehlen im Jahr 2015 vom Chicago-Marathon. Dies hat den Hintergrund, dass die Veranstalter trotz ihrer flachen Strecke kurzfristig auf den Einsatz von Tempomachern verzichteten - sehr zum Ärger einiger Topläufer, die sich auf ein schnelles Rennen vorbereitet hatten. Nutznießer dieser Vorgehensweise in Chicago könnten in diesem Jahr unter anderen der Berlin- und der Frankfurt-Marathon sein. Denn Athleten, die im Herbst ein schnelles Rennen suchen und in der Vergangenheit Chicago im Blick hatten, werden sich nun anders orientieren.

Im Rennen um die olympischen Startplätze - jede Nation darf nur drei Athleten nominieren - wird der extrem harte Konkurrenzkampf bei den Kenianern und Äthiopiern sicherlich einige Topzeiten in den ersten vier Monaten dieses Jahres produzieren. Bereits am 22. Januar findet der Dubai-Marathon (Arabische Emirate) statt, den zuletzt die Äthiopier dominierten.

Größter deutscher Erfolg seit 1992

Arne Gabius (LT Haspa Marathon Hamburg) sorgte mit seinem Rekordrennen in Frankfurt für den größten deutschen Erfolg im Männer-Marathon seit dem sensationellen Gewinn der olympischen Bronzemedaille von Stephan Freigang 1992 im spanischen Barcelona. Die 2:08:33 Stunden des 34-Jährigen dürften dabei sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Erstmals seit Olympia 2000 in Sydney (Australien) wird somit wieder ein deutscher Läufer bei den Spielen den Marathon laufen. Zuvor wird er noch bei einem Frühjahrs-Klassiker an den Start gehen.

Erfreulich ist aber auch, dass der Erfolg von Arne Gabius Sogwirkung zu haben scheint. Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) kam in Berlin im zweiten Anlauf erstmals ins Ziel eines Marathons und erreichte dabei beachtliche 2:12:50 Stunden. Damit verpasste der 28-Jährige die deutsche Olympia-Norm um lediglich 35 Sekunden. Nur ein Jahr älter ist Julian Flügel (TSG 08 Roth), der sich in Berlin auf 2:13:57 Stunden steigerte.

Während der EM-Achte von 2014, André Pollmächer (Rhein-Marathon Düsseldorf), im vergangenen Jahr einmal mehr Verletzungspech hatte und ein Karriereende absehbar ist, bleibt abzuwarten wie sich Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen-Kieler TB) im Marathon weiter entwickelt. Nach seinem Marathon-Debüt in Hamburg (2:20:19 h) mit Luft nach oben will er schon sehr bald einen neuen Anlauf nehmen.

Frauen: Starke Newcomerin Cherono, Hahner schnellste Deutsche

Die Entdeckung des Jahres im Frauen-Marathon war Gladys Cherono. Die Kenianerin lief zunächst in Dubai ein beeindruckendes Debüt über die 42,195 Kilometer und musste sich dabei im Endspurt der Äthiopierin Aselefech Mergia um lediglich eine Sekunde geschlagen geben. Mit 2:20:03 Stunden erzielte die inzwischen 32-Jährige auf Anhieb eine Weltklassezeit und lief das drittschnellste Debüt aller Zeiten. In ihrem zweiten Marathon in Berlin steigerte sich Cherono auf 2:19:25 Stunden. Mit der elftschnellsten je gelaufenen Zeit wurde sie zur siebtschnellsten Läuferin der Marathongeschichte. Auf einem rekordkonformen Kurs war keine Athletin seit April 2012 schneller.

Noch eine zweite Läuferin blieb unter 2:20 Stunden. Die Äthiopierin Mare Dibaba gewann im Januar in Xiamen (China) mit 2:19:52 Stunden. Im August siegte sie auch bei den Weltmeisterschaften in Peking und wurde hauptsächlich aufgrund dieser beiden Erfolge von den AIMS-Mitgliedern zur Marathonläuferin des Jahres gewählt.

Sieben Zeiten gab es bei den Frauen insgesamt unter 2:21 Stunden - zwei mehr als noch im Jahr zuvor. Einen bemerkenswerten Rekord stellte bezüglich der Breite in der Spitze der Dubai-Marathon auf. Zwölf Läuferinnen rannten unter 2:25 Stunden - das gab es noch nie. Sieben von ihnen liefen schneller als 2:23 Stunden.

Neben Gladys Cherono und Mare Dibaba ist im olympischen Jahr sicherlich auch mit Mary Keitany zu rechnen. Die zweitschnellste Läuferin aller Zeiten war im Frühjahr noch nicht in Topform und musste sich in London hinter der Äthiopierin Tigist Tufa (2:23:22 h) mit Rang zwei in 2:23:40 Stunden begnügen. Doch in New York meldete sie sich eindrucksvoll zurück und gewann das Rennen souverän in 2:24:25 Stunden. Vor vier Jahren war Mary Keitany schon einmal die Olympia-Favoritin, musste sich dann aber mit Rang vier zufrieden geben. Vielleicht gelingt ihr dieses Mal in Rio der ganz große Sieg.

Eine DLV-Läuferin unter 2:30 Stunden

Wie schon 2014 blieb auch im vergangenen Jahr nur eine deutsche Läuferin unter 2:30 Stunden. War es 2014 Anna Hahner (Run2Sky/Genegenbach; 2:26:44 h) so konnte sich nun ihre Zwillingsschwester Lisa in Frankfurt auf 2:28:39 Stunden steigern. Um nur neun Sekunden verfehlte die Läuferin nach einer langen Verletzungsmisere die deutsche Olympianorm. Anna Hahner (2:30:19 h) und die ebenfalls von Verletzungen geplagte Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg; 2:30:40 h) folgen in der Rangliste.

Während Sabrina Mockenhaupt nach einem Fußbruch keine Chance mehr hat, sich im Marathon noch für Rio (Brasilien) zu qualifizieren und schon zuvor entschieden hatte, stattdessen auf die 5.000 oder 10.000 Meter zu setzen, dürften Anna und Lisa Hahner im Frühjahr einen weiteren Norm-Angriff unternehmen. Sollte die Äthiopierin Fate Tola (LG Braunschweig), die in Berlin 2:28:24 Stunden gelaufen war, rechtzeitig die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, könnte sie bei Olympia starten.

MARATHON-STATISTIKEN 2015

Die zehn schnellsten Zeiten der Männer

Zeit in hLäuferLandOrt
2:04:00Eliud KipchogeKENBerlin
2:04:42Eliud KipchogeKENLondon
2:04:47Wilson KipsangKENLondon
2:05:21Eliud KiptanuiKENBerlin
2:05:28Berhanu LemiETHDubai
2:05:49Mark KorirKENParis
2:05:50Dennis KimettoKENLondon
2:05:52Lelisa DesisaETHDubai
2:05:52Stephen ChebogutKENEindhoven
2:05:58Deribe RobiETHEindhoven

Die schnellsten deutschen Läufer

Zeit in hLäuferVereinOrt
2:08:33Arne GabiusLTH Marathon HamburgFrankfurt
2:12:50Philipp PfliegerLG TF RegensburgBerlin
2:13:57Julian FlügelTSG 08 RothBerlin

Die zehn schnellsten Zeiten der Frauen

Zeit in hLäuferinLandOrt
2:19:25Gladys CheronoKENBerlin
2:19:52Mare DibabaETHXiamen
2:20:02Aselefech MergiaETHDubai
2:20:03Gladys CheronoKENDubai
2:20:21Lucy KabuuKENDubai
2:20:48Aberu KebedeETHBerlin
2:20:59Shure DemiseETHDubai
2:21:17Aberu KebedeETHDubai
2:21:56Mulu SebokaETHDubai
2:22:08Eunice KirwaBRNNagoya

Die schnellsten deutschen Läuferinnen

Zeit in hLäuferinVereinOrt
2:28:39Lisa HahnerRun2Sky/GengenbachFrankfurt
2:30:19Anna HahnerRun2Sky/GengenbachBerlin
2:30:40Sabrina MockenhauptLG Sieg    Valencia
2:33:54Mona StockheckeLTH Marathon HamburgFrankfurt
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