| Disziplin-Check

HÜRDENSPRINT MÄNNER | Ein Routinier rückt ins Rampenlicht

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainer:innen der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: Männer-Hürdensprint.
Martin Neumann

Im Video: Interview mit dem Leitenden Bundestrainer Sprint Ronald Stein

Das ist 2021 passiert

Im Hürdensprint der Männer ist der Übergang von der Jugendklasse zu den Erwachsenen oft schwieriger als in anderen Disziplinen. Der Grund: Die Hürden werden knapp acht Zentimeter höher. Damit verändert sich die Technik bei der Überquerung und der Laufrhythmus deutlich. So kann es einige Jahre dauern, bis die neue Technik greift.

Bei Martin Vogel ist 2021 mit 29 Jahren der sprichwörtliche Knoten geplatzt. Zwar konnte der Leipziger weder einen nationalen Titel gewinnen noch sich für die Olympischen Spiele qualifizieren. Doch mit 13,47 Sekunden machte er einen wahren Leistungssprung an die deutsche Spitze. Außerdem war er in der abgelaufenen Saison gleich neunmal schneller als seine alte Bestzeit. Ein Beweis für seine enorme Konstanz und eine gute Basis für die WM- und EM-Saison 2022!

Der zuletzt schnellste deutsche Hürdensprinter Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) kam 2021 (Saisonbestzeit: 13,55 sec) nicht richtig in Schwung. Zwar qualifizierte er sich für die Olympischen Spiele in Tokio, doch nach dem Vorlauf musste er die Segel streichen. Routinier Erik Balnuweit (TV Wattenscheid 01; Saisonbestzeit: 13,61 sec) blieb der zweite Olympiastart nach 2012 verwehrt.

Er durfte sich mit DM-Gold in der Halle und im Freien trösten. Und natürlich mit dem Titel bei den World Relays zu Beginn der Saison gemeinsam mit Gregor Traber und den Hürdensprinterinnen Anne Weigold (LG Mittweida) und Monika Zapalska (LC Paderborn), die bei der Hürden-Mixed-Staffel nicht zu schlagen waren.

Ganz dicht ans Podium lief bei der U20-EM Gregory Minoue (TG Angermund) mit 13,52 Sekunden als Fünfter. Er ist die größte deutsche Hoffnung, muss sich aber ab 2022 über die Männerhürden beweisen. Den Umstieg haben Tim Eikermann (TSV Bayer 04 Leverkusen; 13,84 sec) und Stefan Volzer (VfL Sindelfingen; 13,89 sec) schon geschafft. Beide qualifizierten sich für die U23-EM. Dort wurden sie allerdings ausgebremst. Stefan Volzer musste mit Knieschmerzen, die auch eine spätere OP zur Folge hatten, auf den Habfinal-Start verzichten, Tim Eikermann verletzte sich wenige Tage vor der U23-EM im Training.

Noch etwas schneller als das U23-Duo war der mittlerweile 33-jährige Georg Fleischhauer. Der Frankfurter steigerte – zehn Jahre nach seiner bei der WM in Daegu (Südkorea) erzielten Bestzeit über 400 Meter Hürden (48,72 sec) – seinen Hausrekord über 110 Meter Hürden auf 13,78 Sekunden. Damit sicherte er sich DM-Bronze, in der Halle schnappte er sich sogar Silber.

Ein großes Potential offenbarte Gavin Claypool (SV Preußen Berlin). Der 17-Jährige stellte im Februar, damals noch im Alter von 16 Jahren, in der Halle über 60 Meter Hürden eine neue deutsche U18-Bestleistung auf. In 7,80 Sekunden war er eine Hundertstel schneller als der Württemberger Stefan Volzer 2017 in Frankfurt. Bei der Jugend-DM in Rostock belegte Claypool hinter Bruno Betz (SSV Ulm 1846) den zweiten Platz. In 13,70 Sekunden lief Betz dort auch zur schnellsten U18-Zeit des Jahres.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-EM  –   – 
World Relays Gold Mixed-Staffel (Zapalska, Balnuweit, Weigold, Traber)  – 
U20-EM –  5. Platz 110 m Hürden (Gregory Minoue)
U23-EM –  – 
Olympische Spiele –  – 

Unser "Ass des Jahres"

Martin Vogel (SC DHfK Leipzig)

Deutsche Jahresbestleistung in 13,47 Sekunden
Steigerung der Bestzeit um 28 Hundertstel
Deutscher Vize-Meister 110 Meter Hürden

Unser "Talent des Jahres"

Gregory Minou (TV Angermund)

5. U20-EM 110 Meter Hürden
Deutscher U20 Meister über 110 Meter Hürden
Deutsche Jahresbestleistungen der U20 in 13,52 und 7,91 Sekunden

Die deutschen Top Ten 2021

Zeit Name Jahrgang Verein
13,47 sec Martin Vogel 1992 SC DHfK Leipzig
13,55 sec Gregor Traber 1992 LAV Stadtwerke Tübingen
13,61 sec Erik Balnuweit 1988 TV Wattenscheid 01
13,78 sec Georg Fleischhauer 1988 LG Eintracht Frankfurt
13,84 sec Tim Eikermann 2000 TSV Bayer 04 Leverkusen
13,86 sec Yannick Spissinger 1995 MTG Mannheim
13,89 sec Stefan Volzer 2000 VfL Sindelfingen
14,17 sec Carl Luis Schmidt 2001 USC Mainz
14,26 sec Mathias Brugger 1992 SSV Ulm 1846
14,27 sec Aleksandar Gacic 1999 VfL Sindelfingen

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 110 Meter Hürden

Jahr =/<13,48 sec* Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005 1 13,51 13,56 13,66
2006 1 13,52 13,61 13,74
2007 1 13,51 13,59 13,71
2008 13,52 13,56 13,67
2009 3 13,37 13,42 13,52
2010 1 13,49 13,51 13,62
2011 2 13,47 13,51 13,66
2012 4 13,38 13,44 13,62
2013 2 13,46 13,53 13,69
2014 3 13,43 13,49 13,61
2015 3 13,37 13,48 13,67
2016 4 13,34 13,40 13,64
2017 2 13,47 13,53 13,68
2018 2 13,41 13,56 13,69
2019 1 13,58 13,72 13,97
2020 13,71 13,87 14,08
2021 1 13,54 13,65 13,87

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 110 Meter Hürden

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 13,31 (Blaschek) 12,97 (Doucouré/FRA) 0,34 12,97 (Doucouré/FRA) 0,34
2006 13,33 (Blaschek) 13,15 (Olijars/LAT) 0,18 12,88 (Liu/CHN) 0,45
2007 13,33 (Blaschek) 13,22 (Demydyuk/UKR) 0,11 12,92 (Liu/CHN) 0,41
2008 13,49 (Blaschek) 13,22 (Doucouré/FRA) 0,27 12,87 (Robles/CUB) 0,44
2009 13,35 (John) 13,30 (Turner/GBR) 0,05 13,04 (Robles/CUB) 0,31
2010 13,47 (John) 13,27 (Svoboda/CZE) 0,20 12,89 (Oliver/USA) 0,58
2011 13,45 (John) 13,22 (Turner/GBR) 0,23 12,94 (Oliver/USA) 0,51
2012 13,34 (Bühler) 13,09 (Shubenkov/RUS) 0,25 12,80 (Merritt/USA) 0,54
2013 13,44 (Balnuweit) 13,12 (Martinot-Lagarde/FRA) 0,32 13,00 (Oliver/USA) 0,44
2014 13,39 (Bühler) 12,95 (Martinot-Lagarde/FRA) 0,44 12,94 (Parchment/JAM) 0,45
2015 13,31 (Traber) 12,98 (Shubenkov/RUS) 0,33 12,94 (Ortega/CUB) 0,37
2016 13,21 (Traber) 13,04 (Ortega/ESP) 0,17 12,98 (McLeod/JAM) 0,23
2017 13,41 (Traber) 13,01 (Shubenkov/ANA) 0,40 12,90 (McLeod/JAM) 0,51
2018 13,26 (Traber) 12,92 (Shubenkov/ANA) 0,34 12,92 (Shubenkov/ANA) 0,34
2019 13,37 (Traber) 13,05 (Ortega/ESP) 0,32 12,98 (Holloway/USA) 0,39
2020 13,60 (Bühler) 13,11 (Ortega/ESP) 0,49 13,11 (Ortega/ESP) 0,49
2021 13,47 (Vogel) 13,12 (Joseph/SUI) 0,35 12,81 (Holloway/USA) 0,66

Das fällt auf:

  • Mit 29 Jahren führt Martin Vogel erstmals die deutsche Bestenliste an. Neun seiner zehn schnellsten Zeiten lief der Leipziger 2021.
  • Die Durchschnittszeiten der besten deutschen Hürdensprinter haben sich 2021 im Vergleich zur „Corona-Saison“ 2020 wieder gesteigert und sind auch besser als 2019.
  • Einige Hürden-Talente konnten ihre Bestzeiten in der abgelaufenen Saison deutlich steigern. So haben Tim Eikermann und Stefan Volzer den Anschluss an die deutsche Spitze geschafft.
  • Geht es um DM-Titel, ist mit Erik Balnuweit immer zu rechnen. Der Wattenscheider schnappte sich Gold im Freien wie unterm Hallendach.
  • Der Abstand zur Weltspitze ist auf 0,66 Sekunden angewachsen. Größer war die Lücke seit Einführung unserer Statistik im Jahr 2005 noch nie. Ein Grund: die herausragenden 12,81 Sekunden von Grant Holloway an der Spitze der Weltjahresbestenliste. In Europa führt erstmals der Schweizer Jason Joseph (13,12 sec) die kontinentale Bestenliste an.

leichtathletik.TV-Clips:

60 Meter Hürden   100/110 Meter Hürden

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024