17.12.2017 | Analyse

Der große Disziplin-Check 2017 – Speerwurf Frauen

Jan-Henner Reitze

Das Leichtathletik-Jahr 2017 neigt sich dem Ende entgegen. Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten – mit Hallen-EM, Team-EM und den Weltmeisterschaften in London sowie vier internationalen Nachwuchsmeisterschaften. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück auf die Highlights und ziehen Bilanz. Heute: der Speerwurf der Frauen.

Fazit des Bundestrainers

Mark Frank, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2017 aus?

Mark Frank:

Die Bilanz der kompletten Saison ist durchwachsen. Von den beiden Top-Athletinnen Katharina Molitor und Christin Hussong hätte man sicher ein durchschnittlich höheres Niveau erwartet. Positiv ist der Auftritt von Katharina in London zu bewerten. Saisonbestleistung zum Höhepunkt und Platz sieben in einer engen Konkurrenz sind kein schlechtes Ergebnis. Des Weiteren hat sich mit Christine Winkler eine weitere junge Athletin in Richtung 60 Meter entwickelt. Gesundheitliche Probleme haben einer stabilen Saison leider entgegengestanden.

Grundsätzlich war mit dem Karriereende von Christina Obergföll und Linda Stahl der Abgang zweier Leistungsträgerinnen aber nicht zu kompensieren, ich kann aber deutliche Potenziale für die Zukunft erkennen.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Mark Frank:

Zum einen war ich natürlich sehr stolz, eine in den vergangenen Jahren so erfolgreiche Diziplin übernehmen zu dürfen. Rein sportlich möchte ich die Highlights zukünftig bei den Großereignissen erleben, als Ausdruck einer fruchtbaren, gemeinsamen Arbeit mit Athletinnen und ihren Heimtrainern.

Aus Sicht des Heimtrainers habe ich mich über das Abschneiden meiner Athletin Julia Ulbricht gefreut. Nach einem schwierigen Jahr 2016 wurde sie Vierte bei der U18-WM in Nairobi, mit persönlicher Bestleistung von 54,77 Metern mit dem U18-Speer und Deutsche U18-Meisterin in Ulm. Meine Trainingsgruppe ist auf vier hoffnungsvolle Werfer angewachsen, unter anderem mein Sohn, der als sehr guter Handballer kurz entschlossen das "Arbeitsgerät" gewechselt hat. Privat kann ich sagen, dass ich glücklich mit meiner Frau und unseren beiden Söhnen bin, alles andere reiht sich ein.

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der Heim-EM 2018 in Berlin?

Mark Frank:

Für die EM in Berlin ist es das Ziel, drei konkurrenzfähige Werferinnen am Start zu haben. Dazu werden wir in der Vorbereitung regelmäßige Diagnostiken und gemeinsame Trainingslager durchführen. Wichtiger Partner ist dabei das IAT in Leipzig, das sämtliche Maßnahmen begleiten und so wertvolle Erkenntnisse für Verbesserungen liefern wird.

Ich kann nur sagen, dass die Athletinnen, Heimtrainer und ich alles dafür tun werden, um bei der Heim-EM erfolgreich abzuschneiden. Es wird eine tolle Meisterschaft mit einem sportaffinen Publikum im Olympiastadion. Es kann nur das Ziel sein, in dieser tollen Atmosphäre sein Bestes zu geben und vorn mit dabei zu sein.

Internationale Erfolge 2017

	Medaillen	(Weitere) Final-Platzierungen
WM	–	7. Katharina Molitor
U23-EM	–	12. Christine Winkler
U20-EM	–	10. Lisa Weißbach
U18-WM	–	4. Julia Ulbricht 9. Lea Luis Wipper
EYOF	–	–

Die deutschen Top Ten 2017

Speerwurf Männer

Weite	Name	Jahrgang	Verein
65,37 m	Katharina Molitor	1983	TSV Bayer 04 Leverkusen
64,18 m	Christin Hussong	1994	LAZ Zweibrücken
58,18 m	Christine Winkler	1995	SC DHfK Leipzig
56,96 m	Dana Bergrath	1984	TSV Bayer 04 Leverkusen
53,41 m	Lisa Weißbach	1998	Dresdner SC 1898
51,42 m	Desirée Schwarz	1992	USC Mainz
51,35 m	Sarah Leidl	1987	1. FC Passau
50,78 m	Lotte Reimann	1999	LC Jena
50,73 m	Annika Marie Fuchs	1997	SC Potsdam
50,34 m	Carolin Schäfer	1991	LG Eintracht Frankfurt

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: Speerwurf Frauen

Jahr	< 61,40 (WM-Norm)	Schnitt Top 3	Schnitt Top 5	Schnitt Top 10
2005	2	65,10	62,21	59,23
2006	2	64,39	62,68	59,83
2007	3	66,26	63,96	60,89
2008	4	68,07	64,98	60,49
2009	4	66,58	64,49	60,83
2010	3	66,66	64,25	59,85
2011	2	65,01	62,83	59,70
2012	3	65,05	62,68	59,67
2013	3	66,12	63,01	59,63
2014	3	64,69	61,91	58,65
2015	4	66,09	63,95	58,92
2016	4	65,54	63,44	58,93
2017	2	62,58	59,62	55,27

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen

Jahr	Deutschland	Europa	Diff.	Welt	Diff.
2005	70,03 (C. Obergföll)	70,03 (C. Obergföll)	0,00	71,70 (Menendez/CUB)	1,67
2006	66,91 (C. Obergföll)	66,91 (C. Obergföll)	0,00	66,91 (C. Obergföll)	0,00
2007	70,20 (C. Obergföll)	70,20 (C. Obergföll)	0,00	70,20 (C. Obergföll)	0,00
2008	69,81 (C. Obergföll)	72,28 (Spotakova/CZE)	2,47	72,28 (Spotakova/CZE)	2,47
2009	68,59 (C. Obergföll)	68,92 (Abakumova/RUS)	0,33	68,92 (Abakumova/RUS)	0,33
2010	68,63 (C. Obergföll)	68,89 (Abakumova/RUS)	0,26	68,89 (Abakumova/RUS)	0,26
2011	69,57 (C. Obergföll)	71,99 (Abakumova/RUS)	2,42	71,99 (Abakumova/RUS)	2,42
2012	67,04 (C. Obergföll)	69,55 (Spotakova/CZE)	2,51	69,55 (Spotakova/CZE)	2,51
2013	69,05 (C. Obergföll)	70,53 (Abakumova/RUS)	1,48	70,53 (Abakumova/RUS)	1,48
2014	67,32 (L. Stahl)	67,99 (Spotakova/CZE)	0,77	67,99 (Spotakova/CZE)	0,77
2015	67,69 (K. Molitor)	67,69 (Molitor/GER)	0,00	67,69 (Molitor/GER)	0,00
2016	66,41 (C. Hussong)	67,11 (Andrejczyk/POL)	1,70	67,11 (Andrejczyk/POL)	1,70
2017	65,37 (K. Molitor)	68,43 (Kolak/CRO)	3,06	68,43 (Kolak/CRO)	3,06

Das fällt auf:

Die Weltspitze liegt weiterhin eng beieinander
Das Karriereende von Christina Obergföll und Linda Stahl hat auch im Top-Ten-Schnitt des DLV seine Spuren hinterlassen
Katharina Molitor konnte zum Saisonhöhepunkt ihre beste Leistung abrufen
Bei der WM hat Barbora Spotakova zehn Jahre nach ihrem ersten Titel wieder ganz oben gestanden