| Hammerwurf-Hoffnung

Für Alexej Mikhailov fängt der Spaß gerade erst an

Im Nachwuchs war Hammerwerfer Alexej Mikhailov (TV Wattenscheid 01) in den vergangenen Jahren nahezu unschlagbar. Jetzt will der 23-Jährige auch bei den Erwachsenen durchstarten. Die jüngsten Ergebnisse deuten schon einmal darauf hin, dass dieses Ziel keine Utopie ist.
Philip Häfner

Alexej Mikhailov verschwendete keine Zeit, um der Konkurrenz klarzumachen, dass er es in diesem Jahr wirklich ernst meint. Das Thermometer zeigte nur wenige Grad über null, es war windig und verregnet, als der Hammerwerfer schon Mitte März beim Winterwurf-Europacup in Samorin (Slowakei) trotzdem nah an seine Bestleistung herankam. Am Ende gingen für ihn dort 72,44 Meter in die Wertung ein. Lediglich 15 Zentimeter fehlten zum Hausrekord von 72,59 Meter, den er 2017 bei deutlich freundlicheren äußeren Bedingungen erzielt hatte.

Es war ein vielversprechender Saisonauftakt: Noch nie hatte Mikhailov in seiner Karriere zu einem so frühen Zeitpunkt so weit geworfen. „Der Wettkampf lief sehr gut, vor allem wenn man bedenkt, dass ich im Training bis dahin noch gar nicht viel geworfen hatte. Das war ein Ausrufezeichen für den Sommer“, sagt er.

Ein besserer Hammerwerfer als früher

Doch was bedeutet diese Leistung wirklich in einer Saison, die aufgrund des späten Termins für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 28. September bis 6. Oktober) ungewöhnlich lang ausfällt und in der die beste Leistung somit eigentlich erst im Herbst verlangt wird? „Es heißt, dass wir in diesem Winter besser waren als 2017 und 2018“, sagt Alexej Mikhailov. „Es heißt, dass ich als Hammerwerfer besser geworden bin. Dass ich die Bewegung so langsam im Blut habe. Und dass ich trotz der Winterpause nicht alles verlernt habe und nicht erst wieder bei null anfangen muss.“

Optimistisch stimmt den 23-Jährigen zudem, dass die Würfe in Samorin technisch noch keineswegs perfekt waren. In der dritten Drehung sei er mit dem rechten Bein ein bisschen spät dran gewesen, „da habe ich bestimmt noch ein paar Meter verloren“, sagt er. Alexej Mikhailov ist deshalb zuversichtlich, dass er seine Bestweite in diesem Jahr noch deutlich steigern kann. Am liebsten gleich um dreieinhalb Meter auf 76,00 Meter – denn da liegt die WM-Norm. „Das ist ganz klar mein Ziel“, sagt er. Schon bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften am 30. Mai sowie bei den Halleschen Werfertagen am 1./2. Juni wird er versuchen, diese Marke zu übertreffen.

Drei internationale Höhepunkte in einem Jahr

Aber auch, wenn es am Ende nicht ganz reichen sollte, warten in diesem Jahr mit der Universiade in Neapel (Italien; 3. bis 14. Juli) und der Militär-WM in Wuhan (China; 18. bis 27. Oktober) noch zwei weitere internationale Höhepunkte auf Alexej Mikhailov. 2017 hatte er als Dritter der U23-EM in Bydgoszcz (Polen) seine erste internationale Medaille geholt – in einem Zentimeterkrimi hatte er das Glück auf seiner Seite und setzte anschließend zur wohl schnellsten Ehrenrunde eines Hammerwerfers aller Zeiten an.

Hierzulande war Alexej Mikhailov in den vergangenen Jahren in den Nachwuchsklassen ohnehin so gut wie unschlagbar. Einmal wurde er Deutscher U18-Meister, je zwei Mal U18-Winterwurfmeister und U20-Meister, gar drei Mal gewann er Gold bei den U23-Meisterschaften, so auch im vergangenen Jahr. 2018 holte er als Dritter der Deutschen Meisterschaften in Nürnberg auch seine erste DM-Medaille bei den Erwachsenen – ein erfreulicher Abschluss einer ansonsten durchwachsenen Saison, in der Mikhailov immer wieder von Rückenproblemen geplagt wurde.

2019 will er auch in dieser Hinsicht noch etwas draufpacken. „Ich will Deutscher Meister werden“, sagt er. Nach dem Rücktritt von Markus Esser im Jahr 2015 sei im deutschen Hammerwurf ein Vakuum entstanden; die Disziplin sei etwas abgerutscht, aber noch längst nicht tot. „Ich hoffe, dass ich diese Lücke schließen kann“, sagt er.

Lernen vom Weltrekordler

Seit 2018 startet Alexej Mikhailov für den TV Wattenscheid 01, lebt und trainiert aber weiterhin in Hannover. Betreut wird er nach wie vor von seinem Vater Wladimir. Gemeinsam haben die beiden zuletzt das Krafttraining umgestellt („Ich verfüge mittlerweile über das muskuläre Grundgerüst und mache jetzt vermehrt Schnellkrafttraining“) und auch technisch einige Dinge verändert. Dabei orientiert sich das Duo am Nonplusultra in ihrer Disziplin, dem russischen Weltrekordhalter Yuriy Sedykh (Bestleistung: 86,74 m). „Wir picken uns gern das Beste heraus“, sagt Mikhailov.

So langsam trägt diese Herangehensweise Früchte. Seine beste Zeit könnte somit erst kommen. Das Hammerwerfen ist eine sehr komplexe und deshalb anspruchsvolle Disziplin – oft dauert es Jahre, bis junge Athleten die Drehbewegung richtig beherrschen. „Die Technik ist so schwierig, dass sie erst dann Spaß macht, wenn man es wirklich beherrscht“, sagt Alexej Mikhailov. Wenn man das Ergebnis vom Winterwurf-Europacup richtig deutet, fängt der Spaß für ihn gerade erst so richtig an.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024