| Personeller Generationswechsel

Neue DLV-Bundestrainer: Charles Friedek für den Dreisprung

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat mit Beginn des Olympiazyklus 2020 den personellen Generationswechsel eingeleitet und insgesamt 31 Bundestrainer-Posten im Spitzen- und Nachwuchsbereich verändert. Junge, aufstrebende Trainer verstärken das erfahrene DLV-Trainerteam. leichtathletik.de stellt einige der neuen Bundestrainer näher vor. Den Anfang macht der ehemalige Spitzen-Athlet Charles Friedek. Der Weltmeister von 1999 leitet fortan die Geschicke des Dreisprungs der Männer und Frauen.
Pamela Ruprecht

„Eigentlich hatte ich mir immer geschworen, ich werde kein Trainer“, sagt Charles Friedek über die Zeit, als er selbst noch aktiver Dreispringer war und sich deswegen zunächst nie für ein Sportstudium entschied. Zehn Jahre nach seinem größten Erfolg – dem WM-Titel 1999 in Sevilla (Spanien) – beendete der heute 45-Jährige bei der Heim-WM in Berlin seine Karriere. Doch mit etwas Abstand zum Sport sollte sich für den gebürtigen Hessen schon ein Jahr später der Weg in die Trainer-Laufbahn eröffnen.

Im Mai 2010 begann Charles Friedek, dessen Vater US-Soldat war, auf das Angebot von Norbert Stein hin als Weitsprung-Trainer für die damalige Leichtathletik-Gemeinschaft der Deutschen Sporthochschule (DSHS) und des ASV Köln zu arbeiten. Parallel coachte er im Rahmen des Austauschprogramms des IAAF-Trainingszentrums (ATC) unter anderen die Asienmeisterin im Weitsprung Marestella Torres (PB: 6,71 m). „In dieser Zeit habe ich wiederentdeckt, dass mein Herz für die Leichtathletik schlägt“, erinnert er sich.

Vom DLV-Nachwuchs- zum Bundestrainer

Im Zuge der Neu-Aufstellung des DLV-Dreisprungs 2012 mit Tamás Kiss als Bundestrainer wurde Charles Friedek Disziplintrainer für den männlichen Dreisprung-Nachwuchs, zwei Jahre später ebenfalls für den weiblichen Nachwuchs. Nebenher schloss er Ende 2015 ein dreijähriges Studium zum Diplomtrainer an der Trainerakademie Köln des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit Auszeichnung ab. Die Zusammenarbeit mit Tamás Kiss, der nun zum Bundestrainer Hochsprung Frauen gewechselt ist, habe ihm „super viel Spaß“ gemacht.

Die angestoßene Entwicklung seines Vorgängers will Charles Friedek weiterführen: Als Team mit den Heimtrainern agieren und ein modernes Technik-Leitbild im Prozess vom Nachwuchs bis zu den Aktiven an die Athleten herantragen. Begleitet wird dies durch gemeinsame Trainingslager und Workshops mit Top-Dozenten, zu denen die Heimtrainer eingeladen werden. Zuletzt war Rana Reider, Coach von Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor (USA), an der DLV-Trainerakademie in Mainz vor Ort und gab Einblicke in sein schnelligkeitsorientiertes Training.

Die Fortführung der engen Zusammenarbeit mit Harry Marusch, dem Trainer der Chemnitzer Gruppe um Kristin Gierisch und Max Heß, stellt einen weiteren wichtigen Eckpfeiler im Dreisprung-Team dar. Dort angebunden ist auch der neue DLV-Disziplintrainer für den weiblichen Nachwuchs Jens Hoyer. Sein Pendant für den männlichen Nachwuchs ist Massala Felski – Athlet von Charles Friedek, der dessen Philosophie und Herangehensweise als Trainer bestens kennt und viele eigene Ideen mit einbringt. „Ich bin überzeugt, dass die nachrückenden Talente bei den beiden neuen Disziplintrainern in guten Händen sind.“

Glücksfall Max Heß

Der Dreisprung ist noch immer eine Disziplin, in der es an vielzähligen qualifizierten Trainern fehlt und die es schwer hat, Sprint- und Sprungtalente für sich zu gewinnen. Vielleicht kann Max Heß, der „Rising Star“ 2016 des Europaverbandes EAA, als Vorbild motivieren. „Max ist ein riesengroßer Glücksfall“, sagt Charles Friedek über den jungen Hallen-Vize-Weltmeister, der mit dem geschwindigkeitsorientierten Technik-Leitbild aufgewachsen ist. Mit 19 Jahren Europameister und schon eine Bestweite von17,20 Metern: „Das ist weltweit etwas, was selten passiert. Und wir sind fest davon überzeugt, dass er noch ein ganzes Stück weiter springen kann. Aber er hat alle Zeit der Welt.“

Der neue Dreisprung-Bundestrainer betreut selbst zwei Weitspringer: Seit einem Jahr Alexandra Wester und seit Herbst auch Alyn Camara. Wie passt das zusammen? „Der Dreisprung wird immer meine große Liebe sein, der Weitsprung ist aber auch eine coole Disziplin“, gesteht Charles Friedek. Die Disziplinen liegen nicht weit auseinander. „Sie sind beide geschwindigkeitsdominiert und leben vom Anlauf, von der Rhythmisierung und Schrittgestaltung. Die Trainingsinhalte sind größtenteils identisch.“ Die Absolvierung von Mehrfach-Sprüngen erachtet er für seine Schützlinge als gewinnbringend und traut ihnen in Zukunft noch viel zu.

Leidenschaft für das Springen

Was zeichnet ihn als Heim-Trainer aus? „Seine Leidenschaft für den Sport und das Springen“, sagt Alexandra Wester. „Er geht mit sehr viel Motivation in jedes Training, macht sich viele Gedanken und ist sehr perfektionistisch.“ In der Trainingsgestaltung machen sich Einflüsse des Dreisprungs bemerkbar: Bei Sprung-Tests sieht Charles Friedek bei der Olympiateilnehmerin im Weitsprung auch hohes Dreisprung-Potenzial – für Sätze bis zu 14,50 Meter. Nach ihrer Verletzungsvorgeschichte am Knie bleibt die Hallen-WM-Sechste aber bei ihrer Disziplin.

Für einen guten Trainingsprozess braucht Charles Friedek Zeit und Ruhe. „Wenn wir trainieren, dann schauen wir nicht auf die Uhr“, erklärt er. Außerdem soll das Training Spaß machen, wobei sich Spaß und Konzentration nicht widersprechen müssen. Technisch verfolgt der Vize-Europameister von 2002 zwei Leitlinien: Zum einen Schnelligkeitsorientierung (Anlaufgeschwindigkeit dominiert 80 Prozent der Weit- und Dreisprungleistung), zum anderen die Absicht, weit und nicht hoch abzuspringen. Folglich ist technisch sauberes und schnelles Sprinten die Voraussetzung für richtig gute Sprünge.

Wie man seine Form in Richtung Saison-Höhepunkt aufbaut, weiß Charles Friedek noch sehr genau aus seiner eigenen Karriere. „Ich habe als Leistungssportler schon alle Situationen durchgemacht und kann mich sofort in den Athleten hineinversetzen.“ Das hilft, bei Diskussionen herauszufinden, was dem Athleten gerade gut tut, und bei Ungeduld beruhigend einwirken zu können. „Ich gebe jeden Tag etwas weiter, was ich selbst erspürt habe.“ Dazu gehören letztlich auch Tipps für die unmittelbare Wettkampfvorbereitung im Callroom. Von diesem Erfahrungsschatz ehemaliger Spitzen-Athleten kann das neu formierte DLV-Trainerteam profitieren.

Mehr:

<link news:52281>DLV leitet für Olympiazyklus 2020 personellen Generationswechsel ein

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024