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Caroline Klein - Nach Konstanz im Training nächste Stufe auf der Erfolgsleiter erklommen

Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig haben einige neue Gesichter den Platz ganz oben auf dem Treppchen erobert. Einige nutzten die Abwesenheit von nationalen Leistungsträgern der vergangenen Jahre, um ins Rampenlicht zu treten. Andere ließen etablierte Athleten hinter sich und stehen für einen Generationswechsel. Wir erzählen ihre Geschichte, heute die von Siebenkämpferin Caroline Klein (TSV Bayer 04 Leverkusen).
Harald Koken

Caroline Klein
TSV Bayer 04 Leverkusen

Bestleistung:

60 Meter Hürden: 8,15 Sekunden (2020)

Erfolge:

Deutsche Hallenmeisterin 2020

Caroline Klein sorgte bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig für eine der großen Überraschungen, als sie über 60 Meter Hürden in 8,15 Sekunden vier Hundertstel vor der  favorisierten Mannheimerin Ricarda Lobe (8,19 sec) zum Titel stürmte - ihr erstes DM-Gold bei den Aktiven. Schon bei den Nordrhein-Hallenmeisterschaften hatte sie sich Mitte Januar auf 8,32, beim Düsseldorfer PSD-Bank-Meeting dann auf 8,30 Sekunden gesteigert.

„Der Titel ist immer noch surreal. Es ist einfach super gelaufen“, findet die 24-Jährige noch immer kaum Worte für ihren Leipziger Goldsprint, dem sie kaum 24 Stunden später auch noch den Sieg mit der Staffel des TSV Bayer 04 Leverkusen folgen ließ. „Ich habe zum ersten Mal überhaupt eine halbwegs verletzungsfreie Wintersaison absolviert. Bis auf eine oder zwei Wochen, wo es mich infektmäßig volle Kanne erwischt hat“, schildert Caroline Klein, die ihre Leistungsexplosion in erster Linie auf eine früher kaum vorhandene Konstanz im Training zurückführt.

Im Sommercamp entdeckt

Ihr Talent wurde als Zehnjährige entdeckt. Und zwar als sie in den Sommerferien an einem Sportcamp auf den Anlagen der Deutschen Sporthochschule Köln teilnahm. „Sie sollten Ihr Kind unbedingt zur Leichtathletik schicken“, wurde Caroline Kleins Mutter geraten. Zunächst betrieb sie parallel auch noch Schwimmen und Volleyball. „Ich war schon immer ein sehr aktives Kind, das so viel machen wollte wie möglich“, erklärt Caroline Klein.

Die Auseinandersetzung mit dem Mehrkampf lag nahe. Doch zwischen dem mit 1.220 Punkten abgeschlossenen ersten Dreikampf im August 2006 in Bonn und ersten überregionalen Erfolgen in der U16 sollte noch viel Schweiß fließen. Eine neue Zeitrechnung begann, als Trainer Markus Irrgang im Herbst 2010 von der LG Siebengebirge zum LAZ Puma Rhein-Sieg kam und das Talent aus Niederkassel unter seine Fittiche nahm.

Mit Weitblick formte der studierte Deutsch- und Erdkundelehrer mit A-Trainerlizenz, der „nebenbei“ auch als Dozent für Geographie an der Universität tätig war, Caroline Klein zu einer Extraklasse-Athletin.

Seit 2011 auf nationalem Parkett

2011 schrammte sie bei den Deutschen Schüler-Mehrkampfmeisterschaften als Vierte nur um 20 Punkte an Bronze vorbei. Der dritte Platz im Siebenkampf der U18 2012 – das erste Edelmetall auf nationalem Parkett. 2013 fehlten ihr nur wenige Punkte an der Norm für die U20-EM. 2014 wurde sie Deutsche U20-Meisterin im Siebenkampf. Ende 2015 wechselte das Erfolgsgespann gemeinsam zum TSV Bayer 04 Leverkusen. Der Deutsche Meistertitel der U23 2016 und Platz sechs bei der U23-EM 2017 – Caroline Klein kletterte auf der Erfolgsleiter immer weiter nach oben.

Immer wieder wurde sie allerdings auch durch Verletzungen ausgebremst. Mal war es der Ellbogen, mal das Knie und mal spielten die Sprunggelenke nicht mehr mit. Auch nachdem Erik Schneider im Training die Regie übernahm, blieb ihr das Pech treu. Doch aufgeben? Niemals. Mittlerweile gehören gezielte Stabilisationsübungen sowie spezielles Krafttraining für Muskulatur und Sehnen zum Programm. Die Prophylaxe zeigt Wirkung.

„Im Winter habe ich gesagt: Ich mach´ einfach. Ich gucke, was kommt. Mein größtes Ziel war es, verletzungsfrei durchzukommen“, bekennt Caroline Klein.

Zu früh für Prognosen

Ungeachtet der Corona-Krise wurden die Ziele mittlerweile konkretisiert. „Nach den Deutschen Hallen-Meisterschaften und dem schnellen Lauf ist mir natürlich Olympia in den Kopf gekommen“, erläutert Caroline Klein. Sie hat im Hinterkopf: „In vier Jahren kann ich auch noch teilnehmen. Das ist mein Vorteil, dass ich dann erst 28 bin. Das ist für eine Mehrkämpferin ein sehr gutes Alter.“ In diesem Jahr scheint die EM in Paris (Frankreich; 25. bis 30. August) eine sinnvolle Alternative.

Die Norm liegt bei 6.000 Punkten. „Aber es ist viel zu früh für Prognosen. Ich weiß nicht in allen Disziplinen, wo ich stehe“, lässt sich die Allrounderin nicht unter Druck setzen. So oder so: Die Bestleistung von 6.007 Punkten, aufgestellt Mitte Juni 2017 in Bernhausen, scheint Makulatur. „Da hatte ich mich beim Weitsprung verletzt. Dementsprechend konnte ich mein wahres Potential gar nicht abrufen“, sagt die Studentin.

Gehörig Luft nach oben

Aussichten auf Punktezuwachs gibt es vor allem über 800 Meter. Die Bestzeit steht bei 2:23,02 Minuten. „Ich habe in meinem Leben noch nie so viele Läufe gemacht wie in diesem Winter, auch längere Läufe. Und hoch intensive Läufe. Von daher glaube ich schon, dass hier Entwicklungspotential steckt und ich schneller laufen kann als meine Bestzeit“, schätzt Caroline Klein.

Neben dem Hürdensprint (Bestzeit noch 13,68 Sekunden) gehört der Weitsprung zu den absolten Stärken. Die Bestleistung hier: 6,42 Meter. Der Speer flog bereits auf 47,33, die Kugel auf 13,44 Meter. Der Hochsprung-Hausrekord: 1,78 Meter. „Weil ich unbedingt drüber möchte, springe ich häufig zu sehr mit Gewalt. Da muss ich mehr Gelassenheit reinbringen“, sieht die vielseitige Athletin auch hier noch Luft nach oben.

Harmonische Trainingsgruppe

Viel Selbstbewusstsein zieht Caroline Klein aus ihrer Trainingsgruppe, zu der unter anderem die EM-Zehnte von 2016 Anna Maiwald und die EM-Teilnehmerin von 2018 Mareike Arndt gehören. „Eine Trainingsgruppe, die einen pushen kann, die einen zu Leistungen bringt, die man alleine nicht schafft, zum Beispiel bei Tempoläufen“, sagt Caroline Klein. „Die Mädels sind nicht nur meine Trainingspartnerinnen, sondern auch meine Freundinnen. Wir treffen uns jede Woche und machen etwas zusammen. Das ist für mich enorm wichtig.“

Auch ihr Freund, Stabhochspringer Torben Blech, gibt Rückhalt und sorgt für positive Verstärkung. „Er hat gezeigt, dass vieles im Sport möglich ist, dass man über sich hinaus wachsen kann. Warum soll es bei mir nicht auch so laufen?“ Angesichts der ansteigenden Leistungskurve kann sich die Studentin der Neurowissenschaften durchaus vorstellen, vorübergehend schwerpunktmäßig auf die Karte Sport zu setzen.

„Ich bin im Masterstudiengang relativ weit. Mein Plan ist, anschließend Medizin zu studieren, um Ärztin zu werden. Aber für einige Zeit kann ich das sicher etwas herunterfahren, um den Sport in den Fokus zu rücken.“

Video-Interview: Caroline Klein: "Ich habe absolut nicht mit Gold gerechnet"
Video: Überraschungs-Sieg über die Hürden für Siebenkämpferin Caroline Klein

Das sagt Siebenkampf-Bundestrainer Wolfgang Kühne:

Caro ist eine junge Athletin, die wir schon lange auf der Rechnung haben. Ihr Problem: Sie hatte bislang sehr viel Pech mit Verletzungen. Dass sie großes Talent hat, ist offensichtlich. Sollte sie gesund bleiben, wird sie sicherlich im Siebenkampf eine gute Rolle spielen. Sie kann sprinten, springen und werfen. Den Speer hat sie schon über 47 Meter geworfen. Ihre Schwäche ist der 800-Meter-Lauf, das weiß sie selber. Aber mit Fleiß kann man in dieser Disziplin einiges erreichen. Top-Leute müssen laufen können.

Caro ist ehrgeizig, sie fühlt sich sehr wohl in ihrer Trainingsgruppe. Auch das ist ein Faktor, der die Leistung fördert. Die Bedingungen in Leverkusen sind mit die besten, die es in Deutschland gibt. Wir warten alle, dass bei ihr der Knoten platzt und sie ihr Potential zeigen kann. Sie ist im besten Alter.

 

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