Die WM-Titel im langen Trail gehen nach Frankreich: Benjamin Roubiol und Marion Delespierre gewannen am Freitag in Innsbruck. Für Deutschland gab es zweimal Silber durch Katharina Hartmuth und das Frauenteam.
Der Long Trail verlangte den Athletinnen und Athleten am Freitag alles ab. Zurückzulegen war ein langer Weg von Neustift im Stubaital ins Zentrum von Innsbruck (Österreich). 86,9 Kilometer. 6.500 Höhenmeter bergauf, wo im Winter die Skifahrer bergab fahren. Und genauso viele Höhenmeter im höchsten Tempo "downhill", ohne über Felsen oder Wurzeln zu stürzen. Katharina Hartmuth belohnte sich mit einer überraschenden Silbermedaille im langen Trail bei den Weltmeisterschaften in Innsbruck und im Stubaital.
„Das Laufen in Bergen macht mir eigentlich immer Spaß“, sagte die 27-Jährige, „aber es ist auch eine Taktik, gerade in Momenten zu lachen, in denen es mir schlecht geht.“ Ohne solche Augenblicke lässt sich eine so lange Strecke nicht bewältigen. Das wusste Katharina Hartmuth, die in zwei Wochen ihre Doktorarbeit verteidigen muss. Vor der WM hatte sie ihre Dissertation in Atmosphären und Klimawissenschaften an der ETH Zürich abgegeben, wo sie vor neun Jahren nach ihrer Schulzeit in Leipzig mit dem Studieren begonnen hat und in der Schweiz ihre Leidenschaft fürs Trailrunning entdeckt hat.
In den Tiroler Bergen fand sie sich an diesem Freitagmittag dann plötzlich sogar an der Spitze wieder. Beim Anstieg auf den mit gut 2.300 Metern zweithöchsten Punkt der Strecke, dem Aussichtsrestaurant Hoadl im Axamer Lizum, hatte sie die Tschechin Marcela Vasinova eingeholt, die lange an der Spitze gelaufen war, nachdem Titelverteidigerin Blandine L’Hirondel aus Frankreich das Rennen nach nur 18 Kilometern aufgegeben hatte.
Katharina Hartmuth macht's von vorne
Dann ein seltenes Bild bei einer Weltmeisterschaft: Die beiden Konkurrentinnen gingen einige Hundert Meter nebeneinanderher und unterhielten sich. „Ich habe sie gefragt, wie es ihr geht. Das macht auch den Reiz einer so langen Distanz aus, man hat nicht so viel Stress“, sagt Katharina Hartmuth über ihre Begegnung mit Marcela Vasinova.
Dann ließ Katharina Hartmuth die Tschechin hinter sich, obwohl sie es „nicht so cool“ fand, an der Spitze zu laufen. „Ich bin nicht gern so früh im Rennen vorn, da hat man alle im Nacken.“ Hinter der Tschechin zu bleiben wäre indes auch keine Option gewesen. „Ich muss ja mein eigenes Rennen in der für mich richtigen Pace laufen.“ Und so lief sie fast 25 Kilometer lang einsam an der Spitze und sah wie die Siegerin aus, bevor sie im Inntal auf dem Weg vom Axamer Lizum Richtung Karwendelgebirge auf der anderen Seite des Inn von der späteren Weltmeisterin Marion Delespierre eingeholt wurde.
Auf der flachen Asphaltpassage im Inntal versuchte die Deutsche noch mitzuhalten, im Anstieg auf die Aspachhütte konnte sie das Tempo der Französin aber nicht mehr mitgehen. Und musste ihrerseits dann noch den Angriff der zweiten Französin Manon Bohard Cailler abwehren. Am Ende konnte Hartmuth aber Silber doch deutlich absichern.
Einzel-Erfolg als Grundlage für Team-Silber
Damit legte Katharina Hartmuth auch die Grundlage für die zweite Medaille, die Team Deutschland an diesem Tag gewann: In der Mannschaftswertung landete sie zusammen mit Rosanna Buchauer (SV Ruhpolding), die in 11:45:58 Stunden Fünfte wurde, und Ida Sophie Hegemann (LG Göttingen; 15./12:16:49 h) in der Gesamtzeit von 35:32:01 Stunden auf dem zweiten Platz hinter Frankreich (34:58:23 h). für das Marion Delespierre Gold und Manon Bohard Cailler Bronze gewannen.
Für das deutsche Teamsilber kämpften Rosanna Buchauer (SV Ruhpolding) und Ida Sophie Hegemann (LG Göttingen) extrem hart, die beide in Innsbruck leben: „Am Anfang lief es supergut, aber nach der Hälfte war ich schon tot. Ich hatte Krämpfe und Magenprobleme, habe aber durchgehalten, weil ich die ganze Zeit wusste, dass wir als Team um die Medaille laufen. Ich bin so happy, dass das mit Silber geklappt hat“, sagte Rosanna Buchauer. Auch Ida Sophie Hegemann kämpfte sich trotz Krämpfen bis ins Ziel. „Wenn ich nicht gewusst hätte, dass wir auf Medaillenkurs sind, hätte ich es nicht geschafft.“
Hannes Namberger bester Deutscher
Für Ida Sophie Hegemann wäre der Weg nach Hause viel kürzer gewesen als der zu Silber ins Ziel. „Da haben mir dann alle zugerufen, dass ich ins Ziel kommen muss. Und wenn es auf allen Vieren ist“, erzählt die ehemalige Bahnläuferin aus dem niedersächsischen Duderstadt, die vor ihrem Wechsel in die Trailszene zusammen mit Lea Meyer, der EM-Zweiten im 3.000-Meter-Hindernislauf von München, im Sportinternat in Hannover trainiert hat. Nach Innsbruck ist sie gezogen, um ihre Downhill-Fähigkeiten in den Bergen zu verbessern und Architektur zu studieren. Den starken Auftritt der deutschen Frauen komplettierten Eva Sperger (LG Stadtwerke München) als 20. in 12:45:34 Stunden und Marie-Luise Mühlhuber (LG Oberland; 40.;13:30:56 h).
Weniger gut lief es für die deutschen Männer auf dem langen Trail. Als Bester finishte Hannes Namberger auf Rang 14 in 10:33:47 Stunden. Für den Bundespolizist aus Ruhpolding, der in Freilassing Vollzeit arbeitet, wäre allerdings eine deutlich bessere Platzierung drin gewesen, wenn er nicht schon zu Beginn des Rennens den Kontakt zur Spitze vollkommen verloren hätte. Zwischenzeitlich war er auf Rang 39 zurückgefallen.
„Die Strecke war extrem anspruchsvoll und technisch“, meinte der 34-Jährige, „aber vor allem habe ich am Anfang einen Ernährungsfehler gemacht. Ich habe auf eine neue Verpflegung mit mehr Proteinen und Elektrolyten gesetzt, was im Training immer perfekt funktioniert hat. Aber auf der ganz langen Distanz sind irgendwie nicht genug Kohlenhydrate in den Beinen angekommen. Ich habe dann bei den nächsten Verpflegungsstellen anrufen lassen, und wir haben das Konzept umgestellt. Danach kam die Energie an und auf der zweiten Hälfte bin ich immer weiter nach vorn gelaufen. Das hat dann Spaß gemacht.“
Doppel-Gold für Frankreich
Zweitbester Deutscher war Adrian Niski (LG Erlangen) auf Rang 34 in 11:08:42 Stunden. Florian Reichert (Ausdauersport für Menschlichkeit) und Alexander Dautel (LG Nord Berlin) gehörten zu den vielen Athleten, die das extrem schwere Rennen bei warmen Wetter nicht beenden konnten.
Ganz vorn setzte sich der erst 23-jährige Franzose Benjamin Roubiol in der WM-Königsklasse durch. Zweiter wurde der Italiener Andreas Reiterer vor dem Slowaken Peter Frano. Die längste Zeit des Rennens hatte Andreas Reiterer das Feld dominiert, führte mehr als 45 Kilometer solo mit teilweise mehr als sechs Minuten Vorsprung auf wechselnde Verfolger. Als es dann aber nach drei Gipfeln und einer flachen Passage via Kranebitten in die Nordkette ging, bekam er Probleme und Benjamin Roubiol kam näher und näher und zog vor der Aspachhütte an Reiterer vorbei. Der Italiener hat auf rund sieben Kilometern acht Minuten verloren. Am Ende rettete er 1:23 Minuten Vorsprung auf den Slowaken Peter Frano ins Ziel.
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