| Interview der Woche

Christopher Linke: „Mein Vorteil, ich bin ein Wettkampf-Typ“

Geher Christopher Linke (SC Potsdam) hat am Samstag im tschechischen Podebrady über die 20-Kilometer-Strecke den ersten Gewinn eines international stark besetzten Rennes gefeiert. Mit der neuen Bestzeit von 1:20:37 Stunden, die schon länger fällig war, erreichte der EM-Fünfte auch die WM-Norm für Peking (China; 22. bis 30. August). Im Interview erzählt der 26-Jährige, was ihm der Sieg bedeutet und was er bei den Weltmeisterschaften vorhat.
Pamela Ruprecht

Christopher Linke, herzlichen Glückwunsch zum Sieg in Podebrady und zur WM-Normerfüllung mit Bestzeit. Hätten Sie sich einen besseren Saisonstart vorstellen können? 

Christopher Linke:

Ein besserer Einstieg als Bestzeit im ersten Wettkampf des Jahres ist natürlich nicht vorstellbar. Ich muss aber dazu sagen, dass meine alte Bestzeit von 2012 war. Das heißt, so langsam musste mal wieder eine neue Bestzeit her. Ich hatte 2013 und 2014 zwei harte Jahre. Entweder war ich krank oder die Bedingungen haben einfach nicht gepasst. Im Laufe des Jahres hatte ich immer durch Knie- oder Schienbeinprobleme mehrere Wochen aussetzen müssen.
 
Was war in dieser Saisonvorbereitung anders? 

Christopher Linke:

Diesmal konnte ich fast ein Jahr mehr oder weniger ohne Probleme durchtrainieren, nach dem Bundeswehlehrgang im Januar mit dem Aufbau beginnen und die letzten vier Monate durchtrainieren. So hat sich das so langsam angedeutet im Training. Dass es natürlich so gut gelaufen ist, hat mich persönlich überrascht, aber es hat sich angebahnt. Ich habe den Tag genutzt und alles gegeben.
 
Durch Ihre gute Platzierung bei der EM in Zürich (Schweiz) hätte Ihnen als Norm 1:23:00 Stunden statt 1:21:45 Stunden als Leistungsnachweis für die WM in Peking gereicht. Was hat Sie zur regulären Norm angespornt? 

Christopher Linke:

Ich hatte die niedrigere Norm zwar im Hinterkopf. Die anderen Deutschen wollten aber auch die WM-Norm gehen und wenn man Deutscher Meister ist und laut Papierform der beste Deutsche ist, dann möchte man das auch im Rennen sein und unter der WM-Norm von 1:21:45 Stunden bleiben.
 
Wenn Sie sich an das Rennen erinnern, wie haben Sie die verschiedenen Abschnitte erlebt? 

Christopher Linke:

Der erste Kilometer war der langsamste, da waren wir fünf Sekunden zu langsam. Deshalb sind Hagen Pohle, Nils Gloger und ich gleich nach vorne, haben das Feld kurz angeführt und waren mit vier Minuten pro Kilometer dann wieder im Normbereich.
 
Bei Kilometer Acht hat sich der Slowake Matej Tóth (1:20:51 h), EM-Zweiter über 50 Kilometer, an die Spitze des Feldes gesetzt. Er ist vor zwei Wochen die lange Distanz lange auf Weltrekordkurs gegangen. Wie haben Sie reagiert und wie hat sich die Konkurrenzsituation zwischen Ihnen entwickelt?  

Christopher Linke:

Ich hatte eine gute Form an dem Tag und so haben wir nach acht Kilometern die Gruppe gesprengt. Ich habe mich mit meinem Trainer kurz geschlossen, dass ich versuche, so lange wie möglich an ihm dran zu bleiben, so dass ich am Ende, falls es schwer wird, genügend Vorsprung habe, um den zweiten Platz zu sichern. Das Rennen lief gut und ich habe mich gut gefühlt. Der Slowake und ich haben Runde um Runde unseren Vorsprung ausgebaut. Ich habe gemerkt, dass er immer versucht hat, mich abzuschütteln.
 
Ist ihm aber nicht gelungen… 

Christopher Linke:

Obwohl er kein Tscheche war, war er so etwas wie der Lokalmatador. Man hat gemerkt, dass das Publikum mehr auf seiner Seite war, als auf meiner Seite. Er hat es aber nicht geschafft, mich abzuschütteln. Ich bin dran geblieben, um genug Vorsprung vor dem Verfolgerfeld zu haben. Als ich merkte, dass er etwas schwächer wird und so langsam nicht mehr kann, habe ich bei Kilometer 15 die Initiative ergriffen und bin vorangegangen. Ich habe mein Tempo erhöht und war ganz schön schnell. Das hat Kraft gekostet. Ich war mir gar nicht sicher, ob ich durchkomme. Erst 500 Meter vor dem Ziel war mir klar, dass ich das Ding gewinne. Taktisch habe ich das sehr gut gemacht. So gewinnt man die Wettkämpfe, wenn man in der zweiten Hälfte noch eine Schippe draufpacken kann.
 
Was bedeutet der Sieg für Sie? Sie haben immerhin den EM-Zweiten Matej Tóth und den Olympia-Zweiten Erick Barrondo (Guatemala; 1:21:39 h) geschlagen. 

Christopher Linke:

Ich bin jetzt schon einige Jahre in der Aktivenklasse, aber ich habe noch nie irgendwo den ersten bis dritten Platz gemacht. Bei der IAAF Challenge war ich Sechster oder beim Weltcup Fünfter, aber eine Medaille gab es nie. Das war international sozusagen meine erste vordere Platzierung bei den Aktiven. Und dann gleich ein Sieg, das ist natürlich super. Und ich habe ein Meeting gewonnen, in dem sehr, sehr gute Leute waren. Das ist persönlich doch etwas wert.
 
Was nehmen Sie aus diesem positiven Abschneiden gegen internationale Konkurrenz in die Zukunft mit? 

Christopher Linke:

Jeder Wettkampf ist neu, immer sind die Bedingungen und die Taktik anders. Es macht mir schon Mut, aber es lässt mich jetzt nicht ausruhen. Ich denke natürlich jetzt nicht, nur weil ich den Olympia-Zweiten geschlagen habe, gewinne ich in Peking eine Medaille. So gehe ich definitiv nicht an die nächsten Wettkämpfe ran, wo man sehen muss, wie die Konkurrenz an diesem Tag drauf ist. Ich habe den großen Vorteil, dass ich ein Wettkampf-Typ bin. Die Wettkämpfe machen mir viel mehr Spaß als das Training. Ich mag den Konkurrenzkampf. Deswegen mache ich mir im Vorfeld auch wenig Gedanken über die Bestzeiten der anderen. Ich freue mich auf den Kampf Mann gegen Mann und dann sieht man, wo man landet.
 
Sie waren ursprünglich mehr auf den 50 Kilometern unterwegs, auch bei Olympia in London (Großbritannien) auf dieser Strecke dabei. Wie sieht die Schwerpunktsetzung 2015 aus? 

Christopher Linke:

Die 50 Kilometer in London waren so anstrengend, dass ich mir gesagt habe, ich möchte mich bis zur nächsten Olympiade erst mal auf die Unter-Distanz, also die 20 Kilometer, konzentrieren. Die letzten drei Jahre habe ich mich daher auf die 20 Kilometer konzentriert. Die Strecke macht mir mehr Spaß, ist schneller und kürzer. Für das WM-Jahr stehen auf jeden Fall die 20 Kilometer im Fokus. Im Oktober bei der 50-Kilometer-DM will ich die Olympia-Quali für Rio schaffen und dort vielleicht einen Doppelstart angehen.
 
Nächste Woche starten Sie schon wieder bei der DM in Naumburg… 

Christopher Linke:

Der Zeitplan ist natürlich nicht der Beste. Zwei Wettkämpfe in einer Woche, das ist hart, aber nicht unmöglich. Bei Olympia wären die 20 und die 50 Kilometer auch innerhalb einer Woche, also auf jeden Fall machbar. Ich möchte meinen Deutschen Meistertitel verteidigen und vielleicht den anderen bei der Erfüllung der WM-Norm helfen. Meine Bestzeit möchte ich nicht gleich nochmal verbessern. Aber: sag niemals nie.
 
Nach der Teilnahme beim Europacup in Murcia (Spanien; 17. Mai) ist der Fokus auf die WM gerichtet. Wohin soll es in Peking gehen? 

Christopher Linke:

Mein Hauptziel ist natürlich die WM, alles andere sind Etappen bis dahin. Da möchte ich eine sehr gute Platzierung erreichen und meinen neunten Platz von Moskau verbessern. Das ist ein hartes Ziel, weil die Welt mit den Weltrekorden zur Zeit sehr, sehr schnell ist. Man muss also sehen wie es läuft.

<link news:40361>Mehr: Christopher Linke – Sieg, WM-Norm und Bestleistung in Podebrady

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