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Danke, Braunschweig - Danke, Team Germany

Die Team-EM in Braunschweig - das waren zwei Tage zum Genießen. Nicht nur, weil das deutsche Team nach 2009 erstmals wieder ganz oben auf dem Podium stand. Sondern auch, weil das Publikum zeigte, wie man Leichtathletik zelebriert und aus Individualisten eine verschworene Einheit wurde. Ein Plädoyer für einen Moment des Genießens der deutschen Leichtathletik.
Alexandra Neuhaus

Die Fußballer hatten ihr Sommermärchen, die Leichtathleten ihre Team-EM. Zugegeben, das DLV-Team wurde am vergangenen Wochenende von keinem Filmemacher samt Kameratross begleitet - obwohl Bilder aus so manchem Doppelzimmer bei dieser Meisterschaft sicher Unterhaltungswert gehabt hätten, und ja, auch sommerlichere Temperaturen wären wünschenswert gewesen. Aber um sich fest in das kollektive Leichtathletik-Gedächtnis dieses Landes zu brennen, wird kein Kinofilm nötig sein. Nach der Heim-WM 2009 in Berlin waren diese Meisterschaften ein erneuter Hochgenuss und beste Werbung für die deutsche Leichtathletik.

Zum einen, weil sich das deutsche Publikum einmal mehr als fachkundig, begeisterungsfähig und äußerst fair auch den anderen Teams gegenüber präsentierte. So sprangen die 15.000 Zuschauer am Sonntag ebenso beim 200-Meter-Sieg der Niederländerin Dafne Schippers von den Sitzen wie bei einem der erfreulicherweise zahlreichen Siege der deutschen Läufer auf der Rundbahn. „Bei diesem Publikum, da kann man nur schnell laufen“, sagte da etwa der neue Lauf-Held Timo Benitz (LG Farbtex Nordschwarzwald) nach seinem Überraschungserfolg über 800 Meter, bei dem auch schier im Vorbeigehen die EM-Norm heraussprang.

Symbiose aus Leistungsgaranten und der neuen Generation

Athleten wie der 22-Jährige waren es auch, die das Gesicht der Mannschaft prägten. Denn so abgedroschen es klingen mag: Der Star war das Team. Ein Team, das aus der gelungenen Mischung aus arrivierten Säulen wie Hammer-Weltrekordlerin Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt), Ex-Europameister Christian Reif (LC Rehlingen), den beiden Kugelstoß-Größen David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) und Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) und jungen Wilden wie Weitsprung-U20-Europameisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz), Speerwerfer Andreas Hofmann (MTG Mannheim) und der neuen Laufgarde um Benitz, Richard Ringer (VfB LC Ludwigshaben) und Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch) zusammengesetzt wurde. Die perfekte Symbiose aus Leistungsgaranten und Athleten einer neuen Generation.

Es war diese neue Leichtathletik-Generation, die am Tag vor dem Wettkampf noch mit großen Augen durch das Team-Hotel schlich (Benitz: „Das ist schon Wahnsinn, wenn plötzlich Athleten wie Robert Harting oder Christian Reif vorm Wettkampf zu einem kommen und sagen ‚hau rein, Junge, du kannst das‘“) und sich dann von der Begeisterung des Publikums zu zwölf Punkten tragen ließ.

Zusammengehalten wurde dieses mutige, aber überaus erfolgreiche Konstrukt von einem Team-Kapitän, der nicht nur aufgrund seiner positiven Energie einen Kapitän des DFB-Teams um Längen schlägt. Robert Harting (SCC Berlin) präsentierte sich in Braunschweig nicht nur als sicherer Zwölf-Punkte-Garant, sondern brachte zusammen mit der DLV-Trainer-Spitze um Thomas Kurschilgen und Idriss Gonschinska eine ganze Horde von Individual-Sportlern innerhalb kürzester Zeit auf Team-Kurs. Ein Kurs, der am Ende golden glänzte.

Zukunft der Leichtathletik

Aber nach der Team-EM ist vor Zürich (Schweiz, 12. bis 17. August) und langfristig gesehen natürlich auch vor der nächsten Team-EM. Und schon werden sie laut, die Stimmen, die sagen, dass dieser Erfolg in Bezug auf Zürich noch gar nichts aussagt. Stimmen, die nach weiteren Veränderungen rufen. Die fragen, ob der Weg in Richtung Zukunft mit dieser Meisterschaft auch in Bezug auf die breite Öffentlichkeitswirkung schon hart genug eingeschlagen sei.

Klar: Es geht im Leben immer um Fortschritt. Und in einer Sportart, deren ungeschriebenes Gesetz „höher, schneller, weiter“ ist und deren Anhänger ohnehin fast schon chronisch über zu viel Schattendasein ihrer Sportart klagen und sich im Vergleich zur Sommermärchen-Sportart permanent unterrepräsentiert fühlen sowieso. Und ja, bis zur EM in Zürich warten noch viele harte Trainingsstunden auf die Athleten und bis zum August sind die Erfolge des vergangenen Wochenendes vielleicht schon nichts mehr als eine wohlige Erinnerung.

Aber: Es gibt Momente, da ist ein kurzes Verweilen im „Jetzt“ wundervoll. Fernab aller kraftraubender Vergleiche zu anderen, vermeintlich beliebteren, in der Öffentlichkeit besser repräsentierten Sportarten. Weil sich in diesem „Jetzt“ die Leichtathletik als die wohl schönste Sportart der Welt, für die sie viele Menschen zu Recht halten, präsentieren kann. Weil in diesem „Jetzt“ Helden geboren werden. Helden, die wir für die Zukunft dieser schönen Sportart brauchen. Und weil in diesem „Jetzt“ die Glückshormone von eben diesen Helden auf die Zuschauer und damit auf viele potentielle kommende Leichtathletik-Stars und Fans überspringen können.

Das „Jetzt“ in Braunschweig war einer dieser verweilenswerten, wundervollen Momente. In diesem Sinne: Danke, Braunschweig. Danke, Team Germany.

Die Team-EM auf leichtathletik.de

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