Philipp Pflieger nimmt am Sonntag (27. September) in Berlin einen neuen Anlauf im Marathon. Für den Regensburger geht es zunächst darum, die 42,195 Kilometer überhaupt zu bewältigen. Es ist eine „Friss-oder-Stirb-Nummer“, bei der sogar die Olympia-Norm im Hinterkopf steckt.
Die Messlatte soll aber nicht zu hoch liegen. Sein Trainer Kurt Ring will den ganz großen Traum von Rio 2016 überhaupt möglichst weit wegschieben: „Die deutsche Olympianorm von 2:12:15 Stunden muss aus seinem Kopf heraus, selbst dann, wenn er sie laufen könnte oder kann, weil Marathon auf diesem Niveau ein Ritt auf der Rasierklinge ist.“
Die gebremste Euphorie hat ihre Gründe. Dass die klassische Straßenlaufdistanz mehr als nur ein paar Tücken in sich birgt, musste Philipp Pflieger nämlich im letzten Jahr in Frankfurt schmerzlich erfahren. Dort war bei Kilometer 36 Schluss: Der 28-Jährige kollabierte bei seinem Marathondebüt. Er war bis ans Limit gegangen und sogar darüber hinaus, denn Aufgeben kam für den Deutschen Halbmarathonmeister ohnehin nicht in Frage.
Das Jahr 2014 ist abgehakt
Doch von Rückschlägen wie diesem lässt er sich nicht aus dem Konzept bringen. Philipp Pflieger ist ein Stehaufmännchen. Schon oft hat er bewiesen, dass er nach Verletzungen rasch wieder den Weg zurück finden kann. Auch jetzt in Berlin geht es darum, sich aufs Neue zu beweisen und die eigenen Leistungsgrenzen auszuloten.
Die Vorzeichen stehen dabei deutlich besser als noch 2014. Im letzten Jahr hatte Philipp Pflieger zunächst eine Verletzung (Stressfraktur) zu überstehen und dann gleich die letztlich erfolglose Hatz nach der EM-Norm auf der Bahn vor der Brust. Er war psychisch und physisch stark beansprucht. „Die Akkus waren ausgesaugt. So platt in eine Marathon-Vorbereitung zu gehen, das hat sich nicht sonderlich gut vertragen.“ Das unfreiwillige Aus beim Frankfurt-Marathon war dann die bittere Pille, die es zu schlucken galt.
Vorbereitung lief „wie am Schnürchen“
Doch daraus hat man in Regensburg die Lehren gezogen. Jetzt fokussierte sich Philipp Pflieger in erster Linie auf den Straßenlauf und das Marathonprojekt, verzichtete sogar bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg auf den Start über 5.000 Meter. Auftrieb gab ihm die Bestzeit über 10 Kilometer (28:54 min), die ihm Anfang September in Bad Liebenzell bei der DM Platz drei einbrachte. Für den Langstreckler ein „Zeichen, dass wir auf einem guten Weg sind“.
Und auch sonst passte es prima. „In diesem Jahr lief alles wie am Schnürchen“, stellte Philipp Pflieger fest. Er reiste am Donnerstag entsprechend gut vorbereitet an die Spree. Er weiß aber auch, dass ihm die „bisher größte läuferische Herausforderung“ bevor steht.
„Ich wäre schon froh, wenn ich den Marathon über die Ziellinie bringe“, meinte er etwas scherzhaft, stellte aber im selben Atemzug klar: „Natürlich geht es nicht nur ums Finishen. Es ist ein bisschen eine Friss-oder-Stirb-Nummer. Der Frankfurt-Marathon zum Lernen ist vorbei. Aber es gibt im Sport ja oft zweite Chancen.“
Eine Marschroute für den großen Traum von Olympia
Bei dieser zweiten Chance in Berlin oder spätestens bei einer dritten Chance Anfang 2016 spielt die Olympia-Norm allerdings durchaus eine gewisse Rolle. „Die Marschroute ist dementsprechend eigentlich klar“, sagte Philipp Pflieger, der sich nur allzu gerne den Traum von einer Olympia-Teilnahme erfüllen würde.
Deshalb will er an der Spree auch das Tempo der deutschen Mitstreiter Julian Flügel (Team Memmert/TSG 08 Roth) und Falk Cierpinski (SG Spergau), die sich eben die Olympia-Norm vorgenommen haben, mitgehen. "Ich werde einfach versuchen, so lange es mir möglich ist, in der deutschen Gruppe mitzulaufen und möglichst relaxt noch über die Halbmarathonmarke zu kommen. Dann muss man sehen, wie lange die Kräfte reichen", sagte Philipp Pflieger vorsichtig.
Welche Zeit für ihn in Berlin rauskommt und ob er vielleicht schon dort an der Olympia-Norm schnuppern kann, das bleibt noch abzuwarten. Fest steht aber, dass das Rennen am Sonntag der Tag X für den ersten richtigen und vor allem vollendeten Marathon sein soll.