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Gelingt Katharina Heinig in Berlin der Durchbruch?

22 Jahre nach dem Sieg von Katrin Dörre-Heinig steht ihre Tochter Katharina am Sonntag erstmals an der Startlinie des BMW Berlin-Marathons. Und es könnte ein Rennen werden, bei dem der 27-Jährigen ein wegweisender Durchbruch mit einer Zeit unter 2:30 Stunden gelingt. Noch steht ihre Bestzeit bei 2:33:56 Stunden. „Ich habe sehr gut trainieren können und meine Frühjahrs-Form nicht nur halten sondern viele lange Läufe draufpacken können“, sagte Katharina Heinig bei der Pressekonferenz am Donnerstag.
Jörg Wenig

Dass Katharina Heinig in die Fußstapfen ihrer Mutter treten könnte, war für sie früher nicht vorstellbar. Katrin Dörre-Heinig zählte in den 80er- und 90er-Jahren zu den besten Marathonläuferinnen der Welt. 1988 wurde sie Olympia-Dritte, Bronze gewann sie auch bei den Weltmeisterschaften 1991, dreimal triumphierte sie beim London- und viermal beim Osaka-Marathon. 1994 siegte Katrin Dörre-Heinig bei ihrem einzigen Start beim Berlin-Marathon mit einer Streckenrekordzeit von 2:25:15 Stunden.

Damals war Katharina fünf Jahre alt und nicht live dabei. In der Regel blieb sie bei den Großeltern, wenn ihre Mutter mit Ehemann und Trainer Wolfgang Heinig zu den großen Wettkämpfen reiste. „Ich habe immer gesehen, dass meine Mutter sehr hart trainierte“, erinnert sich Katharina Heinig an Zeiten ihrer Kindheit. „Manchmal haben wir mit den Nachbarn gegrillt, und meine Mutter war währenddessen beim Training. Als das Thema darauf kam, ob ich das auch mal machen würde, sagte ich: Das könnt ihr vergessen, dass ich das mache – das ist zu hart!“

Schneefall stoppt Olympia-Traum

Die beiden bisherigen Höhepunkte in diesem Jahr entpuppten sich als Desaster für Katharina Heinig, die für Eintracht Frankfurt startet und auch in der Stadt am Main wohnt. Schon in den vergangenen Jahren hatte sie oft ihr Potenzial nicht umsetzen können, was mit einer langwierigen Fersenverletzung zu tun hatte. Nach einer Operation im vergangenen Jahr begann 2016 vielversprechend: Im Februar stellte sie in Barcelona mit 72:55 Minuten im Halbmarathon ebenso eine persönliche Bestzeit auf wie über 10 Kilometer in Paderborn einen Monat später (33:04 min).

Das große Ziel war der olympische Marathon in Rio. Doch ungewöhnliche Wetterbedingungen beim Zürich-Marathon Ende April machten eine Qualifikation unmöglich. Eiseskälte, Graupel- und Schneefall stoppten Katharina Heinig, die derart unterkühlt war, dass sie zweimal stürzte und schließlich in Führung liegend aufgeben musste. Keine Topläuferin erreichte in Zürich an jenem Tag das Ziel. 2:30:18 Stunden hätten ausgereicht für das Rio-Ticket.

Mutter und Trainierin sieht großes Potenzial

Die Enttäuschung war groß, doch Plan B stand schon lange vor dem Frühjahrsmarathon fest: „Wenn es mit Rio nicht klappen würde, dann wollte ich im Herbst in Berlin laufen“, sagt Katharina Heinig, die Anfang Juli zunächst noch eine weitere Enttäuschung verkraften musste. Die Folgen einer Lebensmittelvergiftung schwächten sie erheblich, sodass bei der Halbmarathon-Europameisterschaft nicht mehr als Platz 55 in 77:15 Minuten herauskam. Katharina Heinig wollte eigentlich gut fünf Minuten schneller sein.

„Es war extrem ärgerlich und traurig, dass Katharina ein zweites Mal so ein Pech hatte – eine vergleichbare Situation hatte ich früher nicht. Sie hatte sowohl vor Zürich als auch vor Amsterdam wirklich sehr gut trainiert. Im April dachte ich, beim Zürich-Marathon kommt der Durchbruch“, erzählt Katrin Dörre-Heinig, die vor drei Jahren das Training ihrer Tochter von ihrem Mann übernahm, der als Langstrecken-Bundestrainer noch einige andere deutsche Topläufer betreut. „Ich denke, Katharina hat ein großes Potenzial“, sagt ihre Mutter.

Große Siege in der „Vor-Afrika-Ära“

Katrin Dörre-Heinigs Stärke war früher ganz klar die Ausdauer, über die kürzeren Distanzen fielen ihre Bestzeiten und Erfolge verglichen zum Marathon ab. Ähnlich scheint dies auch bei Tochter Katharina zu sein – ihre Stärke sollte in der Zukunft das Rennen über die 42,195 Kilometer sein. Natürlich kann man die internationale Leistungsstärke der 80er- und 90er-Jahre nicht mit der heutigen vergleichen.

Mit Zeiten zwischen 2:25 und 2:30 Stunden konnte Katrin Dörre-Heinig damals eine Reihe von Top-Marathonläufen gewinnen. „Heute gewinnst du damit natürlich keine ganz großen Rennen mehr“, sagt die dreimalige London-Siegerin. Dies liegt vor allem an der starken Entwicklung der afrikanischen Läuferinnen, die um 1990 herum im Marathon noch keine große Rolle spielten.

Marathon-Debüt mit 21

Einen Marathon hat Katharina Heinig schon gewonnen. Bei ihrem ersten ernsthaften Rennen über die klassische Distanz in Köln 2010 war sie aber praktisch konkurrenzlos, sodass eine Zeit von 2:46:05 Stunden zum Sieg reichte. Damals war sie erst 21 Jahre alt. Rund sechs Jahre zuvor hatte sie sich – entgegen ihrer Absichten als Kind – stärker auf das Langstreckenlaufen konzentriert.

„Es gab keinerlei Druck meiner Eltern. Ich habe immer das gemacht, was mir Spaß machte. Zunächst habe ich im Verein als Kind alle leichtathletischen Grunddisziplinen betrieben“, erzählt Katharina Heinig, deren Talent für das Laufen aber frühzeitig auffiel: „Als ich elf oder zwölf Jahre alt war und bei kürzeren Straßenrennen startete, war ich immer weit vorn.“

Leistungssteigerungen 2014

Einen deutlichen Aufwärtstrend hatte Katharina Heinig 2014 verzeichnet. Sie lief persönliche Bestzeiten über 10 Kilometer, im Halbmarathon sowie im Marathon. Damals war sie Zweite bei den Deutschen Halbmarathon-Meisterschaften mit 1:14:32 Stunden, dann folgte Platz neun beim Hamburg-Marathon in 2:33:56 Stunden, und schließlich wurde sie Vierte in Berlin über 10 Kilometer mit 33:31 Stunden. Zum ersten Mal startete sie 2014 zudem bei einer großen internationalen Meisterschaft im Sommer: Bei den Europameisterschaften in Zürich kam sie im Marathon auf Rang 28 ins Ziel.

Nach den überstandenen Verletzungsproblemen sollte es in diesem Jahr wieder deutlich aufwärts gehen. Doch stattdessen folgten die beiden Rückschläge. „Ich will am Sonntag endlich meine Leistung bringen können und auch Spaß haben beim Laufen – denn der ging doch manches Mal verloren. Es ist natürlich mein Wunsch, unter 2:30 Stunden zu laufen. Ob es dann am Ende 2:30 oder 2:28 sind, werden wir sehen“, sagte Katharina Heinig.

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