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Nadine Gonska – Spätstarterin kommt auf 400 Metern an

Spätstarter, erfolgreiche Nachwuchsathleten auf dem Weg in die Spitze bei den „Großen“ und eine Rückkehrerin nach schwerer Verletzung. Bei der Hallen-DM in Dortmund haben DLV-Athleten mit unterschiedlichen Geschichten ihren ersten nationalen Titel ihrer Karriere gewonnen. leichtathletik.de erzählt ihre Geschichten. Heute die von Langsprinterin Nadine Gonska (MTG Mannheim).
Jan-Henner Reitze

<link nationalmannschaft athletenportraet athlet detail nadine-gonska>Nadine Gonska
MTG Mannheim

*23. Januar 1990
Größe: 1,69 m
Gewicht: 57 Kilo

400 Meter

Bestleistung: 52,51 sec (2017) Halle: 52,77 sec (2018)

Erfolge:

Deutsche Hallenmeisterin 2018
WM-Sechste 2017 mit der 4x400-Meter-Staffel
Sechste Hallen-EM 2017 mit der 4x400-Meter-Staffel

Fünf Einzelrennen über 400 Meter in der Halle hat Nadine Gonska (MTG Mannheim) in ihrer Karriere bisher gemacht. Alle in diesem Winter. Erst im Alter von 28 Jahren ist sie damit endgültig auf der Strecke angekommen, auf der sie ihr größtes Potential für internationale Erfolge haben könnte. Das liegt einerseits daran, dass die gebürtige Duisburgerin erst spät den Weg in den Leistungssport gefunden hat und andererseits dort über erfolgreiche Jahre im Kurzsprint zu den 400 Metern kam.

Dabei gehört Leichtathletik schon genauso lange wie bei vielen anderen heutigen Top-Athleten des DLV zum Leben von Nadine Gonska, die im Alter von 7 Jahren mit regelmäßigem Training begann, zuerst beim TV Langenlonsheim und dann beim MTV Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. „Es war ein Hobby. Ich habe dreimal die Woche trainiert und auch mal einen Titel auf Landesebene gewonnen“, erinnert sich die damalige Sprinterin und Weitspringerin. „Die Qualifikations-Norm für Deutsche Meisterschaften habe ich in der Jugend aber nie geschafft.“

Nach dem Abitur entschied sich die damals 21-Jährige im Jahr 2011, in Heidelberg Grundschullehramt zu studieren. Ihr Hobby, die Leichtathletik, wollte sie nicht aufgeben. „Ich habe neben dem Studium begonnen, bei der MTG Mannheim in der Gruppe von Andrzej Kedzierski zu trainieren.“ Das war der Startschuss für den unverhofften Aufstieg in den Leistungssport, in den die Athletin Stück für Stück hineingewachsen ist.

Von der Hobby-Athletin in den Leistungssport

Mit einer 200-Meter-Bestzeit von 26,18 Sekunden nach Mannheim gewechselt, explodierte die Leistung regelrecht. Im Jahr 2012 steigerte sich Nadine Gonska auf 24,83 Sekunden und im Jahr darauf noch einmal um mehr als eine Sekunde auf 23,77 Sekunden, 2013 gab es mit Bronze auch die erste DM-Medaille im Einzel und den DM-Titel mit der Sprintstaffel der MTG Mannheim. „In Mannheim war das Umfeld viel professioneller. Es gab eine Leichtathletik-Halle und am Olympia-Stützpunkt konnte ich gutes Krafttraining machen“, erklärt die Teilnehmerin der Hallen-WM ihren Aufstieg. „Aus drei Einheiten die Woche wurden fünf, dann sechs. Meine Leistungen haben sich positiv entwickelt und ich wollte immer mehr.“

Und es blieb nicht nur bei erfolgreichen Aufritten auf nationaler Ebene. Als Andrzej Kedzierski als Trainer aufhörte übernahm Rüdiger Harksen 2014 die Betreuung und baute auf dem gelegten Grundstein weiter auf. Es gelang der Anschluss an die internationale Spitze. 2016 mit einer Bestzeit von 22,79 Sekunden reichte es sogar für die Qualifikation für die EM in Amsterdam (Niederlande) und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien).

400 Meter rücken in den Fokus

Die Idee, sich mittelfristig Richtung 400 Meter zu orientieren, wuchs parallel. „Ich bin Anfang der Saison ohne spezielles Training dafür einmal 400 Meter gelaufen“, erinnert sich Nadine Gonska an ihre 54,59 Sekunden aus dem Jahr 2014. Ihr Trainer erkannte das Potential für diese Strecke, die Athletin brauchte etwas Zeit, um sich mit dem Wechsel auf die Stadionrunde anzufreunden, den das Duo behutsam anging. 2017 waren erste internationale Einsätze in der Staffel mit jeweils Rang sechs bei der Hallen-EM in Belgrad (Serbien) und der WM in London (Großbritannien) positive Erfahrungen. Die Bestzeit unter freiem Himmel im Einzel notiert bei 52,51 Sekunden.

In diesem Winter fiel beim Einzel-Debüt unterm Hallendach in 52,87 Sekunden gleich die Norm für die Hallen-WM. Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften folgte in 52,84 Sekunden der erste nationale Titel, all das von der Spitze weg ohne Ellenbogen-Kontakt zur Konkurrenz. Bei der Hallen-WM behauptete sich die 28-Jährige dann auch erfolgreich gegen internationale Gegnerinnen und steigerte ihre Bestzeit im Vorlauf noch einmal auf 52,77 Sekunden. Eine perfekte Saison, um auf den 400 Metern anzukommen. Dass im Halbfinale der Hallen-WM, das am gleichen Tag wie der Vorlauf zu absolvieren war, hinten raus ein paar Körner fehlten, ist ein Ansporn weiter hart zu trainieren.

„Ich muss daran arbeiten, ein Turnier mit mehreren Läufen auf hohem Niveau absolvieren zu können“, erklärt die Deutsche Hallenmeisterin ihre Ziele für die anstehende Vorbereitung auf die Sommersaison. „Dann ist wichtig, dass ich meine Sprintfähigkeit behalte.“ Über Ostern steht zuerst ein Trainingslager mit ihrem Heimtrainer in Südafrika an. Dann geht es im Mai erstmals mit dem 400-Meter-Kader nach Teneriffa (Spanien).

Mehr als drei Kandidatinnen für Einzelstart

Die Einzelnorm (52,30 sec) für die Heim-EM in Berlin (6. bis 12. August) ist das große Ziel. Die drei Einzel-Startplätze könnten hart umkämpft sein, wenn auch die Deutsche Freiluft-Meisterin der vergangenen drei Jahren Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg), die U23-Vize-Europameisterin Laura Müller (LC Rehlingen) oder die Deutsche Hallenmeisterin der vergangenen beiden Jahre Lara Hoffmann (LT DSHS Köln) verletzungsfrei in den Sommer kommen.

„Ich möchte mich für einen Einzelstart qualifizieren. Aber auch die Staffel ist mir sehr wichtig“ erklärt Nadine Gonska. Nach Silber 2010 in Barcelona (Spanien) träumt das DLV-Quartett wieder von einer EM-Medaille.

Reiseziel für die Sommerferien: EM in Berlin 

Obwohl aus ihrem „Hobby“, mit dem sie einst ihr Studium begann, mittlerweile sehr viel mehr geworden ist, hat die Leistungssportlerin ihr Berufsziel nie aus den Augen verloren und genauso konsequent verfolgt wie die Steigerung ihrer Bestzeiten. Eines der beiden Referendariats-Jahre an der Dalberg-Grundschule in Ladenburg hat Nadine Gonska schon hinter sich. Ihre Schule unterstützt die sportliche Karriere, ermöglicht durch die Kooperation mit der Laufbahnberatung des OSP und dem Seminar in Mannheim. Für Trainingslager wird die Lehrerin in den Fächern Mathe und Sachunterricht freigestellt: „Für diese Zeit bereite ich den Unterricht vor und die Kinder bekommen einen Plan, was sie erledigen sollen.“

Ihre Schüler haben natürlich mitbekommen, dass diese Lehrerin eine ganz besonders schnelle ist. „Sie fiebern mit und haben mir zum Beispiel vor der Hallen-WM eine Mappe mit Bildern und guten Wünschen mitgebracht“, berichtet die WM-Halbfinalistin. „Als ich zurück war, musste ich erst einmal erzählen, wie es gelaufen ist. Einige Schüler hatten meine Läufe sogar mit ihren Eltern übers Internet angeschaut.“ Damit steht auch der Plan für die Sommerferien schon fest: Nadine Gonska möchte bei der EM im Berliner Olympiastadion um Medaillen laufen und ihre Schüler drücken die Daumen.

Video-Interview: <link video:18039>Nadine Gonska: "Ich wollte das Ding gewinnen!"
Video: <link video:17999>Nadine Gonska holt sich ihren ersten Einzeltitel

Das sagt Bundestrainer Tobias Kofferschläger:

Nadine hat in diesem Winter eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen. Es waren ihre ersten Einzelrennen in der Halle überhaupt über 400 Meter. Und es war keins dabei, was schlecht war. Das zeigt, dass sie bei den 400 Metern mental angekommen ist. Nadine hat in jedem Rennen das umgesetzt, was sie mit ihrem Trainer Rüdiger Harksen besprochen hat. Wer bei einer Hallen-WM im Vorlauf eine Bestzeit läuft, macht viel richtig. Die Rennen in Birmingham waren auch eine wertvolle Erfahrung für die Staffel, weil Nadine direkten Kontakt zu Gegnerinnen hatte. Sie ist ein Wettkampftyp, ruft ihre Leistung ab, wenn es zählt und kann dann auch noch einmal eine Stufe über das gehen, was sie im Training zeigt. Wenn sie gesund und fit ist, liefert sie. Man kann sich auf sie verlassen.

Wer in der Halle eine 52,7 läuft, ist natürlich für den Sommer eine Kandidatin für die Einzelnorm für die EM. Ich traue Nadine auch schon zu, in den 51er-Bereich zu laufen. Über 400 Meter kann man viel falsch machen und die Zeit ist schnell kaputt. Aber wenn sie gesund bleibt, ist eine Zeit unter 52 Sekunden möglich.

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