| Mehrkampf-Meeting

Götzis 2021 | 8.995 Punkte für Damian Warner, DLV-Duo trotz Unsicherheiten auf der "Road to Tokyo"

Mehrkampf der Weltklasse am 29./30. Mai 2021 beim Hypo-Meeting in Götzis: Hier lesen Sie, wie sich der Zehnkampf von Disziplin zu Disziplin entwickelt und wie sich die fünf deutschen Teilnehmer im Kampf um die Olympia-Tickets und U23-EM-Norm präsentieren.
Silke Bernhart

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SONNTAG

1.500 Meter

Warner phänomenal, DLV-Duo trotz Unsicherheiten auf der "Road to Tokyo"

Am Ende fehlte weniger als eine Sekunde. Damian Warner gab alles für den 9.000-Punkte-Zehnkampf und rannte an der Spitze des Feldes über die Ziellinie, die Anzeigetafel aber war erbarmungslos. 4:25,19 Minuten brachten dem Kanadier in der Endabrechnung 8.995 Punkte. Ein Ergebnis, über das man eigentlich nur kurz enttäuscht sein kann, schließlich katapultierte es den 31-Jährigen vor bis auf Rang vier der ewigen Weltbestenliste, noch einen Punkt und damit einen Platz vor dem einstigen Weltrekordler Tomáš Dvořák (Tschechien). Zwei Bestleistungen feierten dahinter die Athleten auf den Plätzen zwei und drei: Pierce Lepage (Kanada) steigerte sich mit 4:40,69 Minuten auf 8.534 Punkte, Thomas van der Plaetsen  (Belgien) mit 4:41,39 Minuten auf 8.430 Punkte.

Es waren Resultate, die auch Niklas Kaul und Kai Kazmirek in ihrer Karriere schon erzielt haben. Das Mehrkampf-Meeting in Götzis aber war für die DLV-Athleten eines zum Reinkommen, zum Wiedererlangen von Wettkampf-Routine – das wurde spätestens am zweiten Tag deutlich. Anders als sonst rannte Niklas Kaul über 1.500 Meter nicht dem Feld davon, sondern war in 4:28,86 Minuten der drittschnellste Läufer. Mit 8.263 Punkten sicherte er den fünften Rang ab. An die Highlights der Saison 2019 konnte er damit nicht anknüpfen, zum Resultat von Götzis 2019 aber fehlten nur 76 Zähler. Platz sieben mit 8.190 Punkten gab es dahinter für Kai Kazmirek (4:44,71 min).

Beide haben somit den noch für die Olympia-Qualifikation geforderten Leistungsnachweis von 8.150 Punkten erfüllt. Erst in den Mehrkämpfen in Bernhausen (5./6. Juni) und Ratingen (19./20. Juni) entscheidet sich jedoch final, ob sie damit auch zu den deutschen Top Drei zählen, die nominiert werden. Die Norm von 8.350 Punkten, die sie 2019 überboten haben, ist ein schweres Unterfangen für alle nationalen Konkurrenten, das in Götzis keinem gelang. Mathias Brugger (8.073 Pkt; 4:26,30 min) tankte jedoch als zweitbester Läufer und mit einigen weiteren guten Leistungen Selbstvertrauen für einen weiteren Normangriff in Ratingen. Dennis Hutterer (7.709 Pkt; 4:40,77 min) blieb es bei seinem Götzis-Debüt nach Fußschmerzen und einem dadurch verpatzten Hochsprung verwehrt, seine gute Form auch in einen guten Zehnkampf umzuwandeln.

STIMMEN ZUM ZEHNKAMPF:

Niklas Kaul (USC Mainz):
„Dass ein paar Unsicherheiten da sind, klar, das war zu erwarten. Dass es dann so schlecht läuft, das hätte ich nicht gedacht. Aber auch das passiert. Und das müssen wir jetzt abhaken, da geht’s jetzt weiter. Im Stabhochsprung hat es meinen Rücken einmal etwas zusammengestaucht. Beim Speerwurf habe ich dann nicht mehr so richtig die nötige Rotation in den Oberkörper reinbekommen. Da werden es dann eben mal nur 71 Meter. Nicht schlimm, aber wir merken, dass wir noch daran arbeiten müssen. Warum sollte ich unruhig werden? Ich habe im Winter gut trainiert. Jetzt fehlen noch technische Feinheiten. Die machen mit dem Diskus oder mit dem Speer eben mal fünf Meter aus. Und mit ein bisschen Anlauf-Arbeit im Stabhochsprung stehen da auch wieder 4,90 und nicht 4,70 Meter. Dann reden wir am Ende wieder von 8.400 oder 8.500 Punkten mit einem soliden, aber keinem guten Mehrkampf. Das wird kommen. Es ist schon öfter vorgekommen, dass Götzis für mich nicht gut war. Ich mag einfach die internationalen Meisterschaften, da hat man noch mal ein etwas anderes Niveau – oder zumindest ich."

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied):
"Wir hatten alle unterschiedliche Bedingungen in der Vorbereitung. Und einige haben auch die Impfung besser vertragen als andere. Das ist Hochleistungssport, da entscheiden Kleinigkeiten. Ich hatte das Pech, dass ich in den vergangenen zwei Monaten immer draußen trainieren musste. Da hatte der heißeste Tag 15 Grad. Nur einmal in der Woche war ich in der Halle in Leverkusen zum Stabhochsprungtraining. Der war technisch auch am stabilsten. Bei den Bedingungen 5,00 Meter zu springen war gut. Und der Hochsprung hat sich zum ersten Mal seit drei Jahren wieder nach Hochsprung angefühlt. Alles andere ist ausbaufähig. Da muss das Gefühl wiederkommen. Und auch die schnellen Schritte haben noch gefehlt."

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846):
"Die Hürdenzeit war sensationell. Von 14,85 im ersten Test auf 14,26 Sekunden, das deutet darauf hin, dass ich doch in Form bin. Mit der Diskus-Leistung bin ich sehr zufrieden, der Stabhochsprung war sehr wichtig. Da bin ich zum zweiten Mal Fünf-Meter-Stäbe gesprungen. Im Training hat gar nichts geklappt, deswegen habe ich hier viele Höhen gemacht. Der zweite Tag war super, am ersten Tag hatte ich etwas Pech, im Weitsprung und Kugelstoßen habe ich schon fast 200 Punkte liegengelassen. In Ratingen setzen wir alles auf eine Karte. Da ist dann auch Tim [Nowak] wieder mit dabei, der hat hier gefehlt."

Dennis Hutterer (ASC Darmstadt):
Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich bin froh, dass ich den Zehnkampf durchgezogen habe, aber er war schon mit vielen Schmerzen verbunden. Ich habe versucht, den Wettkampf locker anzugehen, über die 100 Meter hat das auch geklappt, aber dann habe ich im Weitsprung den Fuß blöd hingestellt, da ist mir der Schmerz in das Bein und Knie hochgezogen, Hochspringen war so nicht möglich. 1,82 Meter sind natürlich lächerlich, wenn man sonst eigentlich immer 2,00 Meter springt. Aber ich habe mir gesagt: Wenn ich jetzt schon hier bin, dann laufe ich auch die 400 Meter, und die waren dann solide, eine Bestleistung im Zehnkampf. Am zweiten Tag bin ich gut über die Hürden gestartet und ich hatte gehofft, dass es mir gelingt, in einer Disziplin noch mal einen rauszuhauen, zum Beispiel als bester Diskuswerfer, das wäre cool gewesen. Aber das war mir nicht vergönnt. Insgesamt war es mega cool, in einem so extrem guten Feld zu starten. Jetzt müssen wir erstmal sehen, wie es mir nächste Woche geht, bevor ich weiß, ob ich in Ratingen noch mal starte.
 

Speerwurf

Fast 72 Meter: Der Ellbogen hält!

Der Speer des Weltmeisters fliegt wieder! Und das weniger als ein Jahr nach der Ellbogen-Operation von Niklas Kaul am Samstag in Götzis auf exakt dieselbe Weite wie 2019 zum Saison-Auftakt an selber Stelle. 71,89 Meter wurden für den Mainzer vermessen, danach beendete er den Speerwurf. Dieser brachte ihn in der Zwischenwertung mit einem riesigen Satz vor bis auf Platz fünf (7.511 Pkt) – für die Olympia-Norm muss jetzt ein pfeilschneller 1.500er her, für den Leistungsnachweis reicht nach den Maßstäben des starken Läufers Kaul ein kontrollierter Tempolauf.

Eine Position vor ihm geht Kai Kazmirek (7.539 Pkt) nach einem ebenfalls guten Speerwurf-Resultat (61,75 m) in die abschließenden 1.500 Meter. Zufrieden konnte für seine Verhältnisse auch Mathias Brugger (54,67 m; 7.304 Pkt) sein, mit 48,96 Metern musste sich Dennis Hutterer (7.034 Pkt) begnügen.

Und Damian Warner? Stellte sich selbst eine hohe Hürde für die 1.500 Meter. Denn nach 59,46 Metern mit dem Speer – zwei Meter unter der Weite seiner Zehnkampf-Bestleistung und fünf Meter unter Hausrekord – muss er jetzt 4:24,50 Minuten rennen, um als vierter Athlet der Welt im Zehnkampf die 9.000 Punkte-Marke zu überbieten. Bei 4:24,73 Minuten steht seine Bestmarke. Pierce Lepage (7.858 Pkt; 57,06 m) und Thomas van der Plaetsen (7.758 Pkt; 60,05 min) trennen genau 100 Punkte – diese Lücke wird für den Belgier schwer zu schließen sein.
 

Stabhochsprung

Damian Warner weiter auf 9.000 Punkte-Kurs

In einer Eishockey-Halle musste Damian Warner während der Corona-Pandemie einen Teil seiner Vorbereitung bestreiten. Für das Hürdentraining konnte er maximal drei Hürden aufstellen – wie er den Stabhochsprung geübt hat, ist bisher nicht überliefert. Aber um in Götzis den 9.000 Punkte-Kurs fortzusetzen, dafür reichte es! Mit 4,80 Metern kam der Kanadier am Samstag ebenso hoch wie bei seiner Zehnkampf-Bestleistung, nur zehn Zentimeter fehlten zum Hausrekord. 7.489 Punkte hat der WM-Dritte nach acht Disziplinen auf dem Konto. Zum Vergleich: Die U23-EM-Norm steht bei 7.600 Punkten – nach zehn Disziplinen natürlich.

Die Konkurrenz nutzte eine der schwächeren Disziplinen des Kanadiers, um den Respektsabstand zu verringern. Besonders der einstige Europameister Thomas van der Plaetsen (Belgien; 7.019 Pkt), den einige viellelicht schon abgeschrieben hatten. Nach 5,40 Metern wackelt nun aber seine fünf Jahre alte Zehnkampf-Bestmarke (8.332 Pkt) gewaltig. In der Zwischenwertung rückte er auf Platz drei nach vorne, hinter Pierce Lepage (5,10 m; 7.164 Pkt). Es wird in den letzten zwei Disziplinen ein spannender Kampf um Platz zwei, denn der Belgier ist im Normalfall der bessere Speerwerfer und Läufer. Beide dürfen auf ein 8.500 Punkte-Ergebnis spekulieren.

Kai Kazmirek war bei schwierigen Windverhältnissen einmal mehr der beste deutsche Stabhochspringer unter den Zehnkämpfern und schwang sich über 5,00 Meter. Niklas Kaul (USC Mainz) kam in seinem zweiten Stabhochsprung-Wettbewerb seit der WM und der Ellbogen-Operation über 4,70 Meter. Sie liegen auf Rang fünf und 13, für beide ist mit optimalem weiteren Verlauf des Wettkampfs weiterhin die Olympia-Norm (8.350 Pkt) drin, der Leistungsnachweis von 8.150 Punkten allemal. Mathias Brugger wahrte mit 4,80 Metern seine 8.000-Punkte-Chance – und jubelte über viel gute Sprünge, nachdem er zuletzt mit großen technischen Problemen zu kämpfen hatte. Auch Dennis Hutterer meisterte 4,80 Meter – Platz zwölf und 17.
 

Diskuswurf

Niklas Kaul macht’s spannend

Er hatte es am Abend zuvor angesprochen: Die technischen Feinheiten fehlen noch. Das machte sich für Weltmeister Niklas Kaul am Sonntag im Diskuswurf bemerkbar – eigentlich eine seiner starken Disziplinen. Auf verkorkste 36 Meter in Runde eins folgte ein Fehlversuch. Doch Niklas Kaul bewahrte die Nerven und brachte dann noch einen ordentlichen Wurf auf 44,51 Meter zustande. Allerdings verlor er damit fast 100 Punkte auf die Weite von Doha (49,20 m). Weiter geht’s zum Stabhochsprung auf Rang zwölf (5.780 Pkt).

Die beste deutsche Weite gelang wie schon in den Test-Wettkämpfen Dennis Hutterer, dessen Diskus einmal sogar nahe an der 50-Meter-Marke, aber außerhalb des Sektors landete. Vermessen wurden 47,69 Meter, gleichbedeutend mit Platz vier in der Disziplinwertung. Mathias Brugger kämpfte sich mit guten 44,99 Metern weiter in den Zehnkampf hinein, Kai Kazmirek kam in einer seiner schwächeren Disziplinen auf 42,22 Meter, eine Weite, die ihn jedoch nicht allzu viele Punkte kosten dürfte.

Auf der Welle des Erfolgs schwimmt weiterhin Damian Warner. Sein Diskus-Resultat: 48,43 Meter. Bestleistung innerhalb eines Zehnkampfs und damit ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung eines herausragenden Endergebnisses. Da kann man sogar mal einen Blick auf den Weltrekord werfen: Die Marke des Franzosen Kevin Mayer aus dem Jahr 2018 steht bei 9.126 Punkten. Macht Damian Warner in Götzis in den letzten drei Disziplinen exakt so weiter wie in seinem bisher besten Zehnkampf, käme er bei 9.023 Punkten raus. Nur drei Zehnkämpfer weltweit haben bisher die 9.000 Punkte-Marke überboten.
 

110 Meter Hürden

Wahnsinnszeit für Damian Warner und guter Auftakt für vier DLV-Athleten

Die Damian-Warner-Show geht weiter: 13,36 Sekunden über die Hürden. Absolute Weltklasse – selbst im Kreise der Spezialisten und erst recht innerhalb eines Zehnkampfes, denn nie war ein Athlet hier schneller. Der Kanadier setzte damit seinen Kurs in Richtung 9.000 Punkte-Marke fort. Und dahinter Pierce Lepage (Kanada; 14,05 sec; 5.389 Pkt) sowie der junge Schweizer Finley Gaio (13,68 sec; 5.229 Pkt) ihren Wettkampf in Richtung Podest und neuer Bestmarken. Damian Warner (5.802 Pkt) ist weit enteilt.

Nach wie vor in Lauerstellung ist Weltmeister Niklas Kaul (USC Mainz; 5.023 Pkt), der über die Hürden in 14,61 Sekunden sogar drei Hundertstel schneller war als beim WM-Gold in Doha und in den vier letzten Disziplinen seine Aufholjagd starten wird. Die schnellste deutsche Zeit legte Mathias Brugger (SSV Ulm 1846; 5.030 Pkt) auf die Bahn, ihm gelang in 14,26 Sekunden mit der viertbesten Zeit der Konkurrenz ein starker Start in Tag zwei gelang. Im selben Rennen kam Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) in 14,56 Sekunden ins Ziel – mit 5.155 Punkten hält er sich auf Platz sieben der Zwischenwertung und weiter mit Chancen auf die Olympia-Norm.

Dennis Hutterer hatte Tag 1 mit Fußbeschwerden und daher lediglich 1,82 Metern im Hochsprung beendet – doch das Weitermachen lohnt sich: Der Darmstädter ballte als Sieger des ersten Laufs die Faust, nachdem 14,76 Sekunden auf der Anzeigetafel erschienen. Erst zweimal war er minimal schneller gewesen. Nicht mehr dabei ist dagegen Andreas Bechmann: Auch der Frankfurter war am Vortag seit dem Weitsprung mit Fußschmerzen unterwegs, die sich am Samstag beim Aufwärmen als zu gravierend darstellen. So musste er auf Platz neun liegend den Zehnkampf abbrechen – und damit auch den Angriff auf die U23-EM-Norm von 7.600 Punkten verschieben.

 

SAMSTAG

100 Meter

Nächster Gala-Sprint von Damian Warner

Der schnellste Zehnkämpfer der Welt war in Götzis erneut eine Klasse für sich: Damian Warner (Kanada), WM-Dritter von Doha, schlug in rasanten 10,14 Sekunden den Weg zum möglichen sechsten Meetingsieg ein. Nur einmal, 2019 ebenfalls in Götzis, war er schneller gewesen. Dahinter überzeugte auch sein Landsmann Pierce Lepage in bemerkenswerten 10,30 Sekunden. Im stärksten fünften Rennen waren auf den Fersen der Kanadier die jungen Schweizer Finley Gaio (10,64 sec) und Simon Ehammer (10,77 sec) gut unterwegs. Sie gehören ebenso noch der U23-Altersklasse an wie der Fünfte des Rennens Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt), der in 10,87 Sekunden schnellster Deutscher war und damit Platz neun der Zwischenwertung einnimmt.

Der glücklichste deutsche Athlet dürfte nach den 100 Metern aber Götzis-Debütant Dennis Hutterer (ASC Darmstadt) sein: Der 25-Jährige, der schon in den zurückliegenden Test-Wettkämpfen seine gute Form unter Beweis stellen konnte, blieb in 10,96 Sekunden 14 Hundertstel unter der 100-Meter-Zeit seines bis dato besten Zehnkampfs. Vier Hundertstel schneller war bei optimalem Rückenwind von 1,9 Metern pro Sekunde Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied; 10,92 sec) – zwar einige Zehntel über Hausrekord, aber doch ein Lichtblick und Schritt in die richtige Richtung nach zuletzt für ihn unzufriedenstellenden Sprintleistungen. Als soliden Auftakt dürfen Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul (USC Mainz; 11,37 sec) und Mathias Brugger (SSV Ulm 1846; 11,07 sec) den Start in den Tag verbuchen, beide sammelten damit in der ersten Disziplin etwa 20 Zähler weniger als bei ihrer Zehnkampf-Bestleistung.
 

Weitsprung

8,28 Meter für Damian Warner und Niklas Kaul auf gutem Kurs

Er katapultierte sich in die Luft, flog fast bis zum Ende der Grube und schoss dann pfeilschnell mit geballter Faust in die Luft – der erste Versuch von Damian Warner saß. Und wie! Mit sagenhaften 8,28 Metern stellte der Kanadier einen Weltrekord innerhalb des Zehnkampfes auf und lieferte damit die nächste Kampfansage nicht nur für den Götzis-Sieg, sondern auch schon hinsichtlich der Medaillenränge bei den Olympischen Spielen. Die bemerkenswerte Zwischenwertung: In zwei Disziplinen hat Warner 163 Punkte mehr gesammelt als bei seiner Zehnkampf-Bestleistung von 8.795 Punkten.

Bei 8.691 Punkten steht der Hausrekord von Niklas Kaul, und nach zwei Disziplinen ist er auf einem ähnlichen Kurs wie vor gut anderthalb Jahren bei der WM von Doha (Katar): Mit 7,25 Metern blieb er nur vier Zentimeter unter seiner Bestmarke. Bester Deutscher im Weitsprung war Kai Kazmirek mit 7,41 Metern – Platz fünf der Disziplin, aber dennoch ein Kopfschütteln des 30-Jährigen, dessen Bestleistung bei 7,74 Metern liegt. Auch die weiteren DLV-Athleten blieben unter den erhofften und schon erreichten Marken: Andreas Bechmann landete bei 7,28 Metern, Dennis Hutterer bei 7,14 Metern und Mathias Brugger musste sich nach einem sehr guten, aber ungültigen ersten Sprung mit 7,04 Metern begnügen.

Noch ärger traf es den hochgewetteten Schweizer Simon Ehammer: Der 21-Jährige, der sich im Vorjahr auf 8,15 Meter gesteigert hatte, blieb ohne gültigen Versuch. Und auch Vize-Weltmeister Maicel Uibo (Estland; 11,38 sec und 7,15 m) tut sich bisher schwer. Mit 7,90 Metern schob sich der einstige Europameister Thomas van der Plaetsen (Belgien) in der Zwischenwertung vor auf Platz vier, hinter Warner, Pierce Lepage (7,45 m) und Finley Gaio (7,77 m). Bester Deutscher nach zwei Disziplinen: Kai Kazmirek auf Rang sieben.
 

Kugelstoßen

Vitaliy Shuk setzt Glanzpunkt, erster 15er für Andreas Bechmann

Den besten Stoß gab’s ganz zum Schluss: In Runde drei schickte der EM-Dritte von Berlin Vitaliy Zhuk – der mit dem Auto von Weißrussland nach Götzis gereist war – die 7,26 Kilo schwere Kugel bis auf 16,86 Meter. Es war eine neue Bestleistung. Und auch in der Gesamtwertung ein großer Schritt nach vorn, denn der 24-Jährige kam mehr als anderthalb Meter weiter als der Rest der Konkurrenz. Mit 2.657 Punkten schob er sich vor bis auf Platz vier.

Durchaus überraschend ging der zweitbeste Stoß auf das Konto von Andreas Bechmann: Der junge Frankfurter konnte gleich in Runde eins mit 15,03 Metern erstmals die 15-Meter-Marke überbieten – bei 14,37 Metern stand vorher sein Hausrekord. Mit 2.563 Punkten rangiert er nun als bester Deutscher auf Platz neun. Mit 2.521 Punkten knapp dahinter sortierte sich mit 14,03 Metern Kai Kazmirek ein. Die 15-Meter-Stoßer Mathias Brugger (14,59 m) und Niklas Kaul (14,54 m) ließen in dieser Disziplin einige Punkten liegen. Auch Dennis Hutterer hat schon 15,00 Meter erzielt – in seinem besten Zehnkampf jedoch nur 14,18 Meter, sodass seine 13,90 Meter von Götzis im selben Bereich landeten.

Die Top Drei verteidigten mit soliden Leistungen ihre Plätze: Damian Warner, für den das Kugelstoßen zu den Wackeldisziplinen zählt und der in Götzis auch schon einmal ohne gültigen Versuch geblieben war, stieß 14,31 Meter, ebenso wie sein Landsmann Pierce Lepage. Finley Gaio kam bis auf 13,98 Meter.
 

Hochsprung

Zwischen Jubel und Sorgen

Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul ist in Götzis weiterhin auf einem sehr guten Kurs: Mit 2,03 Metern und damit einem Zentimeter mehr als 2019 in Doha meisterte er den Hochsprung-Wettbewerb. Der „Mann des zweiten Tages“ hat damit seine Aufholjagd eingeläutet und liegt mit 3.246 Punkten auf Rang 14 in Lauerstellung. Dieselbe Höhe überquerte auch Kai Kazmirek, der mit 3.352 Punkten nunmehr in der Gesamtwertung auf Platz acht bester Deutscher ist.

Er zog damit an Andreas Bechmann (11.; 3.312 Pkt) vorbei, der den Wettbewerb nach nur einem Sprung über 1,94 Meter mit Fußbeschwerden vorzeitig beenden musste. Der eigentlich sehr gute Hochspringer verlor damit wertvolle Punkte auch im Kampf um die U23-EM-Qualifikation, für die 7.600 Punkte gefordert sind. Sofern er den Wettkampf fortsetzen kann, ist aber noch immer ein Resultat jenseits der 8.000 Punkte drin. Und auch Dennis Hutterer hat mit Fußschmerzen zu kämpfen, mit denen er sich lediglich über 1,82 Meter quälte. Einen kleinen Befreiungsschlag konnte dagegen Mathias Brugger feiern, der sich nach überstandener Wadenverletzung und Problemen im Training sichtlich über 1,97 Meter freute.

Die besten Athleten schwangen sich über 2,09 Meter. Und ihnen: Damian Warner. Mit diesem Sprung stellte er seine sage und schreibe acht Jahre alte Bestleistung ein und wandert weiter auf einem überragenden Kurs, der ihn sogar in Richtung der 9.000-Punkte-Marke führen könnte. Dieselbe Höhe meisterte Thomas van der Plaetsen. Maicel Uibo, in Doha mit 2,17 Metern dominierend, kam über 2,06 Meter.
 

400 Meter

Damian Warner überragend, Niklas Kaul überzeugend

Doppelsieg für Kanada über 400 Meter – und dieses Mal konnte Pierce Lepage (47,65 sec) Damian Warrner (47,90 sec) in Schach halten. An der Zwischenwertung änderte das nichts: Damian Warner hat sich in herausragender Form aus seiner Wettkampf-Pause zurückgemeldet und führt mit 4.743 Punkten das Feld an. Nie hat am ersten Zehnkampf-Tag ein Athlet mehr Punkte gesammelt, Warner liegt damit auch 178 Punkte oberhalb seiner Bestleistung von 8.795 Punkten. Ebenfalls auf Bestleistungskurs hat sich dahinter Pierce Lepage (4.421 Pkt) einsortiert.

Dahinter wird es richtig eng: Sieben Athleten tummeln sich auf den Rängen vier bis zehn innerhalb von 63 Punkten. Zu ihnen zählen als beste Deutsche nach überzeugenden 400-Meter-Rennen auch Kai Kazmirek (48,19 sec; 4.252 Pkt) als Siebter sowie Andreas Bechmann (48,18 sec; 4.212 Pkt) als Neunter. Wenngleich beide ihre Bestmarken nicht angreifen können, sind doch zwei wichtige Marken weiter in Reichweite: Der Olympia-Leistungsnachweis von 8.150 Punkten für Kai Kazmirek oder mit einem sehr guten zweiten Tag gar ein weiteres Mal die Olympia-Norm von 8.350 Punkten, und die U23-EM-Norm von 7.600 Punkten für Andreas Bechmann – der sich seit dem Weitsprung mit Fußschmerzen durch den Zehnkampf quält.

Mathias Brugger (48,60 sec) und Dennis Hutterer (49,71 sec), wie Bechmann seit dem Weitsprung mit Fußbeschwerden unterwegs, übernachten nach für sie ordentlichen Rennen auf den Plätzen 15 und 20. Der DLV-Athlet mit den besten Aussichten auf die vorderen Ränge hat sich zur Halbzeit auf Platz elf „versteckt“: Weltmeister Niklas Kaul (48,61 sec; 4.126 Pkt) hat in den ersten fünf Disziplinen nur 38 Punkte weniger gesammelt als bei seinem WM-Gold in Doha (Katar). Damit ist das vorderste Ziel, sich in Götzis den Olympia-Startplatz zu sichern, in greifbarer Nähe.


STIMMEN ZUM 1. TAG

Niklas Kaul (USC Mainz)
"Das hat Spaß gemacht! Es ist schön, wieder hier stehen zu dürfen. Man merkt erst im Wettkampf, wie sehr man das vermisst hat. Der erste Tag ist ja eher mein ungeliebter. Optimal ist der noch überhaupt nicht gelaufen, ich habe ungefähr alles falsch gemacht, was wir zuvor im Training erarbeitet hatten, und bin wieder in alte Muster verfallen. Mit ein, zwei Wettkämpfen mehr wird das auch noch besser. Keine Disziplin war herausragend. Auch keine so richtig schlecht. Den Weitsprung würde ich vielleicht am ehesten hervorheben, auch wenn es keine Bestleistung war. Jetzt liege ich nur 40 Punkte unter dem WM-Ergebnis. Das Ergebnis lässt sich am zweiten Tag aber schwer reproduzieren, da fehlen noch die technischen Feinheiten. Ziel ist es, hier die Olympia-Quali zu machen.

Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt)
"Dem Fuß geht's nicht gut. Wenn ich ihn nicht gerade halte, tut er höllisch weh. Ich habe beim Weitsprung im ersten Versuch reingestellt. Aber ich brauchte noch einen zweiten, gültigen. Danach dachte ich mir: Wenn ich nicht Weitspringen kann, dann kann ich auch nicht Hochspringen. Keine Ahnungg, was dann im Kugelstoßen los war. Im Hochsprung war die Prämisse: all in. Ein Versuch. Ohne Einspringen. Auch wenn der nicht gültig gewesen wäre, hätte ich aufgehört. Jetzt bin ich am Abwägen, ob die U23-EM-Norm [7.600 Pkt] noch drin ist. Da schaue ich morgen von Disziplin zu Disziplin. Ich hatte auch nur sechs Wochen Vorbereitung, wegen einer Corona-Infektion, danach habe ich bei null wieder angefangen – unter null. Vor zwei Wochen war ich noch so außer Form – ich bin froh, hier jetzt so mithalten zu können."

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846)
Beim Hochsprung musste ich bei 1,94 Meter im Dritten kämpfen, da war es wichtig, dass ich die nächste Höhe im ersten geschafft habe. Die 100 Meter waren ok, der Weitsprung schade, weil die Sprünge gut waren, aber am Ende stehen nur zwei Ungültige und 7,04 Meter in der Ergebnisliste. Ich würde dem ersten Tag eine 3 Minus geben. Die Vorbereitung war schwieriger als gedacht, ich glaube, das hat man auch in den Vorbereitungswettkämpfen bei uns allen gesehen. Jetzt muss hier viel zusammenpassen, oder dann in drei Wochen in Ratingen.

 

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