| Interview der Woche

Bo Kanda Lita Baehre: „In Tiflis um die Medaillen kämpfen“

Einige U18-Athleten haben am Wochenende bei der Jugend-Hallen-DM in Dortmund die U20-Athleten geärgert. Einer davon war Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre: Mit 16 Jahren gewann der Vorjahres-Dritte mit 5,10 Metern diesmal den Meistertitel. Im Interview erzählt der Sieger des Europäischen Olympischen Jugendfestivals (EYOF), warum die Leichtathletik für junge Leute attraktiver sein kann als Fußball, welchen Schub ihm der Wechsel nach Leverkusen brachte und warum der Schüler des Berufskollegs für den Leistungssport gerne auf Partys verzichtet.
Pamela Ruprecht

Bo Kanda Lita Baehre, du bist am Sonntag bei den Titelkämpfen als Favorit angetreten, obwohl du der Jüngste des Wettbewerbs warst. Zwei Wochen zuvor hattest du dich in Potsdam auf starke 5,12 Meter verbessert. Hast du deshalb Druck verspürt?

Bo Kanda Lita Baehre:

Druck mache ich mir eigentlich nie. Ich glaube, es ist immer ein bisschen Druck da. Man ist auch ein bisschen nervös, aber ich versuche, das zurückzuhalten. Ich will nicht zeigen, dass ich nervös bin. Mir macht es einfach immer wieder Spaß, Wettkämpfe zu bestreiten.
 
Wie siegessicher standest du nach deiner Vorleistung am Anlauf?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ich war mir überhaupt nicht sicher, ob ich gewinne. Im Stabhochsprung kann immer alles passieren. Auch wenn man als Favorit anreist, kann man einen Salto Nullo machen. Ich habe den Wettkampf abgewartet und geschaut, wie es läuft.
 
Es lief ziemlich rund. Du hast alle Höhen von 4,70 bis 5,00 Meter im ersten Versuch genommen und auch als Einziger auf Anhieb die 5,10 Meter geschafft. Ist es für dich eine besondere Herausforderung, gegen die U20-Athleten zu springen?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ja, auf jeden Fall. Mein Vater sagt auch immer, dass ich mich mit den Älteren messen soll und ziemlich viele Wettkämpfe in der U20 oder auch bei den Männern machen soll. Ich finde die Möglichkeit, gegen die Älteren zu springen, ziemlich gut. Ich war letztes Jahr auch bei den Jugend-Hallenmeisterschaften in Neubrandenburg. Das liegt mir ganz gut.
 
Du hast im Vergleich zu den U20-Springern noch einen relativ kurzen Anlauf. Ist das etwas, woran du in naher Zukunft arbeitest?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ja, ich springe aus zwölf Schritten. Eigentlich springen wenige Leute aus nur zwölf Schritten. Aber ich bin schnell genug, deshalb reicht diese Anlauflänge im Moment noch aus. So werde ich auch im Sommer springen. Und dann im nächsten Jahr auf 14 oder 16 Schritte erhöhen.
 
Wie hat dir die Stimmung in der Halle gefallen?

Bo Kanda Lita Baehre:

Die Stimmung war ziemlich gut. Die Halle wurde bis zum Ende des Wettkampfs immer voller. Das gibt einem nochmal den Kick, dass man die Höhe schaffen will, wenn man von allen angefeuert wird.
 
Du bist vor fünf Monaten von Düsseldorf nach Leverkusen gewechselt und trainierst viermal die Woche unter anderem in der Gruppe mit Luisa Schaar [Siegerin in der weiblichen Jugend] bei Bundesnachwuchstrainerin Christine Adams. Was hat sich seitdem verändert?

Bo Kanda Lita Baehre:

Das Training ist vielfältiger und spezifischer. Wir machen viele Stabi-Übungen, was gut für die Verletzungsprophylaxe ist. Ich denke, dass mir das Training in meinem ganzen Dasein weitergeholfen hat. Christine Adams kann sich gut in die Athleten hineinversetzen und wir haben fast nie Reibereien. Das Training läuft gut ab und das spiegelt sich auch in meiner Höhe wider.
 
Was begeistert dich an deiner Disziplin?

Bo Kanda Lita Baehre:

Das Beste ist das Gefühl, wenn man im Wettkampf weiß, dass man über der Latte ist und die Höhe geschafft hat. Das ist eigentlich das Schönste. Und im Training gefällt mir, dass wir auch viele andere Disziplinen machen.
 
Als du 2014 Deutscher U16-Meister in Köln geworden bist, warst du noch kein Spezialist, sondern in erster Linie Mehrkämpfer und mit dem ART Düsseldorf sogar Deutscher Rekordhalter mit der Neunkampf-Mannschaft. Wie kam dann die Entscheidung für den Stabhochsprung?

Bo Kanda Lita Baehre:

Vor den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften bin ich letztes Jahr krank geworden und konnte deshalb nicht starten. Ich hätte eine Medaillenchance gehabt. Man weiß es aber nicht, es ist so gekommen. Aber Mehrkampf ist nicht so meins wegen der Ausdauer. Ich starte ab und zu auch noch über 200 Meter oder die Hürden.
 
Deinen bisher größten Erfolg hattest du im vergangenen Jahr in Tiflis als Sieger des Europäischen Olympischen Jugendfestivals. Welche Erfahrung hast du vom ersten Start im Nationaltrikot mitgenommen?

Bo Kanda Lita Baehre:

Was mich angetrieben hat, war das Gefühl, als die Nationalhymne gespielt wurde, wenn man Erster wird. Das ist ein wahnsinniger Moment.
 
Die erste U18-EM findet diesen Sommer im Juli auch in Tiflis statt - du kennst dich also schon aus, auch mit den hohen Temperaturen um 40 Grad. Welche Ziele hast du für den Sommer?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ich lass die Saison auf mich zukommen und möchte noch höher springen. In Georgien will ich um die Medaillen kämpfen. Letztes Jahr war es ziemlich heiß dort. Auf der Busfahrt zum Stadion hat man ziemlich geschwitzt.
 
Der Stabhochsprung der Männer ist international derzeit sehr spannend. Wer gefällt dir von den Top Drei Renaud Lavillenie, Shawn Barber und Raphael Holzdeppe am besten?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ich denke, der Beste von ihnen ist Raphael Holzdeppe. Die Technik gefällt mir bei ihm am besten, da kann ich mir etwas abschauen. Aber ich bin kein Fan von den Dreien, ich habe keinen bestimmten Stabhochspringer als Vorbild. Ich mache eher mein eigenes Ding, aber lasse mich von anderen Techniken schon inspirieren.
 
Glaubst du, die Leichtathletik ist bei Jugendlichen noch eine attraktive Sportart?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ich denke schon, dass Leichtathletik attraktiv ist im Gegensatz zu anderen Sportarten, zum Beispiel  Randsportarten. Natürlich spielen viele Fußball, aber ich finde Fußball nicht so vielfältig. Ein Leichtathlet kann fast alles, ein Fußballer kann nur Fußball spielen und vielleicht laufen. Deshalb denke ich schon, dass Leichtathletik immer attraktiver wird.
 
Wie sehen deine Freunde deinen sportlichen Erfolg und was sagst du ihnen, wenn du auf Dinge verzichten musst, wie etwa eine Party, weil ein Wettkampf ansteht?

Bo Kanda Lita Baehre:

Die freuen sich mit mir und hoffen, dass es noch höher geht. Manchmal denkt man schon, jetzt könnte ich auch feiern gehen, aber ich glaube das wird sich später alles auszahlen und ich kann später immer noch feiern gehen. Deshalb habe ich kein Problem damit, wenn ich wegen Deutschen Meisterschaften am Freitag auf eine Party verzichten muss. Da sind mir die Deutschen Meisterschaften schon viel wichtiger. Es gibt immer noch Zeiten, zum Beispiel außerhalb der Saison, wo man sich vergnügen kann.
 
Was machst du in deiner Freizeit, gibt es noch andere Sportarten?

Bo Kanda Lita Baehre:

Ich habe früher Basketball gespielt, auch professionell. Sportartenspezifische Hobbys habe ich sonst nicht. Ich treffe mich sonst mit Freunden und höre Musik, amerikanische und französische.

Mehr:

<link video:13663>Video: Bo Lita Kanda Baehre dominiert im Stabhochsprung
<link video:13704>Video-Interview: "Ich schaue mir Posen von Football-Spielern ab"

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