Über 200 Meter feierte sie 2008 bei den U20-Weltmeisterschaften ihre internationale Premiere. Später entwickelte sie sich zu einer der besten 400-Meter-Sprinterinnen Europas und war über ein Jahrzehnt lang eine feste Stütze der deutschen Nationalstaffel. Am Freitag hat Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß im Alter von 33 Jahren ihr Karriere-Ende verkündet.
Dass die zurückliegende Saison 2023 ihr Abschiedsjahr markierte, wussten nur ihre engsten Vertrauten. Am Freitag hat Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß ihre Entscheidung auch öffentlich gemacht: Die Olympia- und WM-Halbfinalistin über 400 Meter und WM-Sechste von 2017 mit der Staffel hat im Alter von 33 Jahren ihre Karriere beendet. Und blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge, aber voller Dankbarkeit auf 15 Jahre im Leistungssport zurück: "Es haben sich nicht alle Träume erfüllt, aber ich habe so Vieles erreicht. Und ich würde es immer wieder so machen."
Die Niedersächsin, die während ihrer gesamten Karriere für den VfL Oldenburg startete, feierte schon früh ihre ersten Erfolge. Zunächst startete sie im Kurzsprint besonders über 200 Meter, mit der ersten Zeit unter 24 Sekunden, dem ersten nationalen Jugendtitel und der Premiere im Nationaltrikot im Jahr 2008 – da war sie 17. Es folgte 2011 unter Anleitung ihres langjährigen Trainers Edgar Eisenkolb der Wechsel zum Langsprint und zu den 400 Metern, wo sie sich schnell in der deutschen Spitze festsetzte und zwischen 2015 und 2017 dreimal in Folge Deutsche Meisterin wurde.
Das Jahr 2016 war dabei ihr erfolgreichstes, und die Olympischen Spielen in Rio markierten den Höhepunkt ihrer Karriere: Mit 51,43 (Vorlauf) und 51,61 Sekunden (Halbfinale) gelangen der 400-Meter-Sprinterin dort die zwei schnellsten Zeiten ihrer Karriere. Diese Zeiten konnten seitdem in Deutschland nur Corinna Schwab und im vergangenen Jahr auch ihre Hannoveraner Trainingspartnerin Luna Thiel unterbieten. Es folgte eine weitere Saison mit vier Zeiten unter 52 Sekunden, dem WM-Halbfinale in London (Großbritannien) sowie WM-Platz sechs mit der Staffel, die Spelmeyer-Preuß als Startläuferin anführte.
"Konnte Abschied bewusst erleben"
Dass sie aufgrund von Verletzungen einige internationale Meisterschaften nicht miterleben konnte – darunter beide Heim-EMs 2018 in Berlin und 2022 in München – gehört ebenso zur Geschichte von Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß, die seit der Hochzeit 2020 mit dem einstigen Wasserball-Nationalspieler Tobias Preuß ihren Doppelnamen trägt. Auch das letzte Jahr 2023 verlief nicht nach Wunsch, die Rückkehr in die Nationalstaffel zur WM in Budapest (Ungarn) verpasste sie.
Aber die 33-Jährige machte dabei Erfahrungen, die vielleicht rückblickend noch wertvoller sind: "Die sportliche Leistung war nicht so berauschend. Aber ich konnte viele Dinge wahrnehmen, für die ich sonst nicht den Blick hatte. Ich konnte alles bewusst erleben und erfahren, was ich bei Vielen in den zurückliegenden Jahren für einen Eindruck hinterlassen habe. Ich habe so viel Wertschätzung erfahren!" berichtet Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß. Den Gedanken an ihr Karriere-Ende trug sie da schon in sich, die Entscheidung sei nach reiflicher Überlegung gefallen, und schließlich war die Erkenntnis: "Ich bin irgendwie da rausgewachsen."
"Ganz viele Türen öffnen sich"
Ganz mit sich im Reinen und begleitet von großer Anerkennung für die Spuren, die sie sowohl sportlich als auch menschlich hinterlassen hat, startet Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß nun in den nächsten Lebensabschnitt. Diesen vorzubereiten, dafür war in den zurückliegenden Monaten ausreichend Zeit. "Es haben sich ganz viele neue Türen für mich geöffnet", stellt die 33-Jährige fest, und so ist die Zeit nach dem Leistungssport schon prall gefüllt mit neuen Plänen und Aufgaben.
Zurzeit steht die Masterarbeit im Fach Psychologie im Mittelpunkt, dann wird sie dank eines Platzes am "Center of Mental Excellence" die Fach-Ausbildung "Sportpsychologie im Leistungssport" folgen lassen. "Damit werde ich zum Beispiel in der Lage sein, Vereine und Verbände in diesem Bereich zu unterstützen und zu beraten", erklärt sie. So deutet sich schon an, dass der zukünftige Weg von Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß sie nicht allzu weit weg führen wird von der Laufbahn – und dass sich die Leichtathletik auf ein Wiedersehen freuen darf.