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Auf neuen Wegen zu neuem Niveau: Aileen Kuhns Mut zahlt sich aus

Hammerwerferin Aileen Kuhn sitzt neben ihrer Trainerin Kathrin Klaas, beide lachen in die Kamera. © Iris Hensel
Aileen Kuhn hat der Weggang ihrer langjährigen Trainerin zum Ende des vergangenen Jahres schwer beschäftigt. Die 21-jährige Hammerwerferin schwebte zwischen Abschied und Neuanfang. Sie fasste den Mut, wechselte nach Frankfurt und fand in der ehemaligen Weltklasse-Hammerwerferin Kathrin Klaas eine neue Trainerin. Ein Schritt, der sich bezahlt machte: Nach den ersten Wettkämpfen ist Aileen Kuhn mit neuer Bestmarke Deutschlands Nummer eins.
Sandra Arm

Im Hammerwurf tut sich etwas. Neue Gesichter prägen diese Disziplin. Neben dem neuen 80-Meter-Hammerwerfer Merlin Hummel (LG Stadtwerke München) zählt auch Aileen Kuhn (Eintracht Frankfurt) dazu. Die 21-Jährige sorgte zum Saisonstart beim Deichmeeting in Neuwied und bei den Halleschen Werfertagen für mächtig Furore. In ihren ersten beiden Wettkämpfen flog der Vier-Kilo-Hammer jeweils über 70 Meter. Ihr Top-Niveau untermauerte sie am zurückliegenden Sonntag beim Hammerwerfen mit Musik in Langenbrand – ihre neue Bestmarke steht nun bei 72,48 Metern. 

Eine Weite, die für Außenstehende vielleicht etwas überraschend kam. Nicht aber für Aileen Kuhn selbst.„Im Trainingslager in Monte Gordo hat es sich bereits angedeutet, dass es in diese Richtung gehen kann. Mit den 70 Metern habe ich schon geliebäugelt. Dass es zum Saisonauftakt bereits so gut klappt, damit habe ich nicht gerechnet.“

Beim Deichmeeting flog ihr Arbeitsgerät auf 71,56 Meter. Eine Woche später folgte die nächste Steigerung auf 71,58 Meter. „Ich bin einfach nur glücklich, dass ich beim Wettkampf in Halle noch ein paar Zentimeter draufpacken konnte, und hoffe, dass ich mich jede Woche ein bisschen mehr steigern kann“, sagt die deutsche Jahresbeste, deren nächster Start beim 21. Internationalen Sparkassen Hammerwurf-Meeting in Fränkisch-Crumbach (7./8. Juni) geplant ist. 

Weltklasse-Werferin als neue Trainerin

Gewöhnen wird man sich derweil an ein neues Gesicht an ihrer Seite. Wobei die „Neue“ eine ehemalige Weltklasse-Hammerwerferin ist. Nämlich Kathrin Klaas. Neu ist irgendwie alles – Stadt, Umfeld, Trainerin und Verein. Schlagartig änderte sich für Aileen Kuhn zum Ende des vergangenen Jahres fast das komplette sportliche Leben. Sie musste loslassen. Loslassen von ihrer langjährigen Trainerin Carolin Streipart, die seit Jahresbeginn als Landestrainerin Wurf in Thüringen tätig ist.

Für ihre Athletin im ersten Moment ein kleiner Schock. „Ich wusste nicht: Was passiert hier gerade? Und was mache ich dann? Ich spürte im ersten Moment eine gewisse Ungewissheit und Unsicherheit. Ich wusste, in Stuttgart gibt es keine anderen Trainer, das heißt, ich musste auf jeden Fall etwas ändern.“ 

Es gab Überlegungen, mit ihrer Trainerin nach Thüringen zu gehen. Dann jedoch ebnete ihr Freund, Zehnkämpfer Emanuel Molleker, Aileen Kuhn mit seinem Wechsel nach Frankfurt eher unbewusst den Weg. „Es war anfangs erstmal ungewohnt. Für meine Eltern war es schon ein bisschen schwer, ihre Tochter ziehen zu lassen, aber wir sehen uns trotzdem bei Wettkämpfen, zu denen sie mich weiterhin begleiten“, berichtet die U23-Athletin, die nach ihrem Umzug nach Frankfurt nochmals ihren ganzen Mut zusammennahm und bei der Trainersuche einfach Kathrin Klaas ansprach.

"Tolle wie gewinnbringende Kombination"

Die 41-Jährige nahm sich ihrer an. Eine glückliche Fügung, die seit November „eine tolle wie gewinnbringende Kombination“ darstellt. „Sie kann mir unheimlich viele gute Tipps aus ihrer Aktivenzeit mit auf den Weg geben. Das ist wirklich mega“, zeigt sich Aileen Kuhn begeistert. Mit dem neuen Umfeld ging auch ein Vereinswechsel einher, sie trägt nun den Adler auf der Brust. „Es ist schon eine Veränderung, in so einem großen Verein zu sein. Ich bekomme hier mega viel Unterstützung und die Bedingungen in Frankfurt sind wirklich top.“

Das alles trägt dazu bei, dass ihre anfängliche Unsicherheit längst gewichen ist. Ihr Mut wurde bereits belohnt. Nämlich mit einem furiosen Saisoneinstieg, der auf einen vielversprechenden Sommer hoffen lässt. „Die 71,58 Meter haben mir gezeigt, wir sind auf dem richtigen Weg. Das freut mich wirklich sehr und ich hoffe, dass wir so weitermachen können“, sagt Aileen Kuhn. Trotz aller Euphorie zeigten die ersten Wettkämpfe noch einige Schwachstellen auf. „Ich habe auf jeden Fall noch Stellschrauben, an denen wir drehen müssen. So gab es in Halle einige ungültige Versuche. Daran arbeiten wir jetzt“, gibt sie zu bedenken. 

Bergen, Rhein-Ruhr, Tokio?

Bereits abgehakt hat die U23-EM-Dritte von 2023 die Norm für die U23-Europameisterschaften in Bergen (Norwegen; 17. bis 20. Juli). Auch die Leistungsbestätigungsnorm für die Weltmeisterschaften in Tokio (Japan; 13. bis 21. September) hat sie überboten. Ebenfalls in ihrem Terminkalender: die Universiade im Rhein-Ruhrgebiet (16. bis 27. Juli). Die Ziele für die Saison sind damit klar umrissen.

In Aileen Kuhns Worten schwingt eine gehörige Portion Vorfreude und Dankbarkeit mit. „Der Wechsel hat sich ausgezahlt. Für mich war es bisher eine positive Veränderung.“ Sie möchte ihre eigene Geschichte fortschreiben – nun in Frankfurt, mit Kathrin Klaas an ihrer Seite und in einem Jahr, das vielleicht noch ein bisschen mehr für eine neue Ära im deutschen Hammerwurf steht. 

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