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Informationen zur WM-Nominierung im Marathon der Männer

Informationen zur WM-Nominierung im Marathon der Männer
DLV-Vorstand Leistungssport Dr. Jörg Bügner, Marathon-Bundestrainer Alexander Fromm und Team-Manager Lauf/Gehen Werner Klein haben am Donnerstag gemeinsam mit dem Athletensprecher Julian Weber ein Gespräch mit Hendrik Pfeiffer (Düsseldorf Athletics) geführt. Der Läufer hatte zuvor Kritik an der Nominierung für die WM in Tokio (Japan; 13. bis 21. September) geübt, für die er im Marathon nicht berücksichtigt worden war.
DLV

Im Nachgang an das Gespräch beantwortet der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) einige zentrale Fragen rund um den Nominierungsvorgang sowie die Hintergründe.

Nach welchen Kriterien wurde die Nominierung vorgenommen?

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat in seinen für alle Disziplinen verbindlichen Nominierungsrichtlinien zwei Möglichkeiten der Qualifikation für die Weltmeisterschaften 2025 in Tokio (Japan; 13. bis 21. September) eröffnet: 1) durch die internationale WM-Direktnorm (2:06:30 Stunden) von World Athletics oder 2) nachgeordnet über einen Quotenstartplatz im World Ranking, kombiniert mit einer Leistungsbestätigungsnorm (2:07:50 Stunden).

Für den Marathon der Männer stehen bei der WM insgesamt 100 Startplätze zur Verfügung. Die internationale Direktnorm haben weltweit bereits mehr als 100 Athleten im Qualifikationszeitraum unterboten, nach Berücksichtigung der Vorgabe von maximal drei Teilnehmern pro Nation sind im Qualifikationstool „Road to Tokyo“ 32 Startplätze mit Erfüllern der Direktnorm besetzt, die weiteren Plätze werden über die Weltrangliste vergeben.

Welchem Zweck dient die Leistungsbestätigungsnorm?

Der DLV hat das klare Ziel, die leistungsstärksten Athletinnen und Athleten zu den Weltmeisterschaften zu entsenden. Als bundesgeförderter Spitzenverband ist der DLV verpflichtet, die Richtlinien fair und disziplinübergreifend anzuwenden sowie am Weltmaßstab auszurichten. Daher kommt es wie in anderen Ländern auch vor, dass Quotenplätze nicht genutzt werden. 

Das World Ranking berücksichtigt nicht nur die Leistungen der aktuellen Saison, sondern bezieht auch weiter zurückliegende Ergebnisse ein. Entsprechend soll die Leistungsbestätigungsnorm Aufschluss über den aktuellen Leistungsstand der für einen Start infrage kommenden Athletinnen und Athleten geben und sicherstellen, dass die Nominierten sich in der laufenden Saison in guter Form für einen WM-Start befinden. Dieses Verfahren, das in den DLV-Nominierungsrichtlinien öffentlich einsehbar ist, wurde bereits bei früheren internationalen Meisterschaften wie den Olympischen Spielen 2024, der EM 2024 und der WM 2023 angewandt. 

Wie wurde die Leistungsbestätigungsnorm berechnet?

Die Leistungsbestätigungsnormen beruhen auf Berechnungen des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften Leipzig und orientieren sich am Weltmaßstab. Im Marathon entspricht die vorgegebene Leistungsbestätigungsnorm etwa Platz 50 der bereinigten Weltjahresbestenliste des Vorjahres. Hierbei wurden das weltweit gestiegene Leistungsniveau in den Laufdisziplinen sowie die hohe Leistungsdichte im Marathon berücksichtigt. Daher hat auch World Athletics die Direktnorm im Vergleich zu 2024 deutlich verschärft.

Warum wurden nur zwei deutsche Marathonläufer nominiert, obwohl jeder Nation bis zu drei Startplätze zur Verfügung stehen?

Vier deutsche Athleten haben im Marathon die DLV-Nominierungsrichtlinien für die WM erfüllt. Richard Ringer, Amanal Petros und Samuel Fitwi blieben im Qualifikationszeitraum unterhalb der Direktnorm, Sebastian Hendel unterbot bei aussichtsreicher Position im World Ranking die Bestätigungsnorm. Zwei dieser vier Läufer entschieden sich jedoch gegen einen WM-Start. Entsprechend wurden nur zwei Marathonläufer für die WM nominiert.

Hendrik Pfeiffer erreichte zwar einen Quotenstartplatz in der „Road to Tokyo“, erbrachte aber weder die Direktnorm noch die geforderte Leistungsbestätigungsnorm. Somit hat er die Nominierungsrichtlinien des DLV nicht erfüllt. Die Leistungsbestätigungsnorm ist kein zusätzliches Kriterium, das nur dann zum Tragen kommt, wenn sich mehrere Athlet:innen für die Teilnahme an einer Meisterschaft empfohlen haben, sondern verbindliche Voraussetzung für eine Nominierung.

Wie gehen andere Nationen bei der Nominierung vor?

Ebenso wie der Deutsche Leichtathletik-Verband haben einige führende europäische Nationen zusätzliche Kriterien für die WM-Nominierung vorgesehen. Beispielsweise Frankreich, Italien und Schweden ziehen ebenfalls Leistungsbestätigungsnormen zur Nominierung heran oder haben die von World Athletics festgelegten Normen verschärft. Andere Nationen wie Polen oder die Niederlande orientieren sich hingegen ausschließlich an den von World Athletics vorgegebenen Kriterien.

Warum wurden die Nominierungsrichtlinien im Dezember veröffentlicht und warum begann der Zeitraum zur Erfüllung der Leistungsbestätigungsnorm im Marathon rückwirkend schon im September?

Der DLV hat bereits in den vergangenen Jahren seine Nominierungsrichtlinien für alle Disziplinen stets zum Ende eines Kalenderjahres bekannt gegeben. So wurde es auch im Jahr 2024 für die Saison 2025 gehandhabt, nachdem World Athletics am 5. Dezember das finale Update am Qualifikationstool „Road to Tokyo“ vorgenommen hatte. In Anerkennung der besonderen Anforderungen des Marathonlaufes hat der DLV den Zeitraum zur Erbringung der Leistungsbestätigungsnorm anders als in allen anderen Disziplinen verlängert und bezog auch die zurückliegenden Herbstmarathons mit ein. Diese Verlängerung stellt ein bewusstes Zugeständnis an die spezifischen Gegebenheiten und Planungsnotwendigkeiten der Marathondisziplin dar.

Wann wurden die Marathonläuferinnen und -läufer über die Nominierungsrichtlinien informiert?

In einem gemeinsamen Call am 31. Oktober, an dem alle Marathonläufer:innen des Bundeskaders sowie DLV-Vorstand Leistungssport Jörg Bügner und Team-Manager Lauf/Gehen Werner Klein teilnahmen, haben die Athletinnen und Athleten erfahren, dass eine Anpassung der für das Jahr 2025 geltenden Normen im Marathonlauf vorgenommen wird. Im Rahmen dieses Austauschs hat der DLV den Athletinnen und Athleten eine Präsenzveranstaltung für Dezember angeboten, in der die Kadernormen sowie deren Berechnungsgrundlagen ausführlich dargestellt und erläutert werden sollten. Aufgrund terminlicher Überschneidungen wurde diese Veranstaltung von Seiten der Athlet:innen jedoch abgesagt.

Wie verliefen die Gespräche mit Hendrik Pfeiffer im Vorfeld der Nominierung?

Bevor die WM-Nominierung für den Marathon vorgenommen wurde, hat Marathon-Bundestrainer Alexander Fromm Hendrik Pfeiffer angeboten, den Sachverhalt zu prüfen und die von Hendrik Pfeiffer vorgebrachte Argumentation zu besprechen. Er hat aber in Telefonaten und ebenso schriftlich auf die Nominierungsrichtlinien hingewiesen und zum Ausdruck gebracht, dass ein Vorschlag zur Nominierung für die WM in Tokio nicht möglich ist. „Es war mir wichtig, Hendrik Pfeiffers Sichtweise anzuhören und seine Argumente in die Überlegungen einzubeziehen, auch wenn die bestehenden Nominierungsrichtlinien keinen Spielraum für eine Nominierung zuließen“, betont der Marathon-Bundestrainer. „In meiner Verantwortung als Bundestrainer ist es meine Überzeugung sowie meine Pflicht, die Kriterien fair und einheitlich anzuwenden.“

In diesem Zusammenhang weist der DLV auch darauf hin, dass die Fersen-Operation, der sich Hendrik Pfeiffer im Frühjahr 2025 unterzogen hat, nicht auf Anraten des Bundestrainers vorgenommen wurde. Hendrik Pfeiffer hatte den Bundestrainer lediglich informiert.

Hatte Hendrik Pfeiffer nach Bekanntgabe der Nominierungsrichtlinien noch die Chance, die Bestätigungsnorm von 2:07:50 Stunden zu erfüllen?

Hendrik Pfeiffer hat im Jahr 2025 zwei Marathons bestritten: Den Marathon in Houston, Texas (USA) am 19. Januar beendete er in 2:11:14 Stunden, beim Marathon in Tokio kam er am 9. März nach 2:12:27 Stunden ins Ziel. Eine Zeit unterhalb der geforderten Leistungsbestätigungsnorm erreichte Hendrik Pfeiffer in seiner Karriere bisher einmal: im Januar 2024. Der Zeitraum, in dem die Leistungsbestätigungsnorm gemäß Nominierungsrichtlinien erbracht werden musste, begann acht Monate später, am 15. September 2024.

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