| Mehrkampf Bernhausen

Erster 6.000er für Emma Kaul, erster 8.000er für Fred Isaac Fleurisson

Ein Gruppenfoto der Siebenkämpferinnen der Altersklasse U20, die beim Mehrkampfmeeting in Bernhausen gemeinsam jubeln. © DLV
Der 6.000-Punkte-Club der Siebenkämpferinnen und der 8.000-Punkte-Club der Zehnkämpfer sind seit Sonntag um jeweils ein Mitglied reicher: In Bernhausen gelang Emma Kaul mit 6.001 Zählern beinahe eine Punktlandung. Wenig später präsentierte sich in der männlichen U23 Fred Isaac Fleurisson mit 8.005 Punkten eindrucksvoll.
Svenja Sapper

Trotz der sommerlich heißen Temperaturen deutlich jenseits der 30 Grad erlebte eine junge Siebenkämpferin am Sonntag beim Mehrkampf-Meeting in Bernhausen ihren persönlichen Gänsehautmoment. Denn Emma Kaul (USC Mainz) machte über die finalen 800 Meter nicht nur endgültig das U20-EM-Ticket für Tampere (Finnland; 7. bis 10. August) klar, sondern übertraf auch zum ersten Mal in ihrer noch jungen Karriere eine magische Marke: 6.001 Punkte katapultierten die 19-Jährige in eine neue Siebenkampf-Dimension. 

Den Grundstein dafür hatte die Mainzerin bereits mit einem starken ersten Tag gelegt, an dem die (leicht windunterstützten) 24,08 Sekunden für sie am meisten herausstachen. Am Sonntag stand dann mit dem Weitsprung als Erstes jene Disziplin auf dem Programm, in der sie sich im vergangenen Jahr verletzt hatte und daraufhin ihre U20-WM-Träume begraben musste. Ein Umstand, der Emma Kaul mehr beschäftigte, als ihr lieb gewesen wäre, wie sie im Anschluss gestand. Und so begnügte sie sich diesmal mit den im ersten Versuch erzielten 5,59 Metern und verzichtete auf die beiden weiteren Sprünge. 

Die letzten beiden Disziplinen liefen wie am Schnürchen: 49,28 Meter mit dem Speer entlockten der Siebenkämpferin Freudenschreie. Und über 800 Meter stürmte Emma Kaul gemeinsam mit Maresa Hense (LG Sempt), die noch um Platz drei und damit ein U20-EM-Ticket kämpfte, vorneweg. Ihr Ziel hatte sie klar vor Augen: "Ich wusste, ich muss eine 2:12 für 6.000 laufen. Vor zwei Jahren, als ich in Hannover den deutschen U18-Rekord aufgestellt habe, hätte ich auch 2:12 laufen müssen für 6.000. Und ich weiß noch, wie sehr ich mich damals geärgert habe, als es nicht gereicht hat."

"Unbeschreibliches Ergebnis"

Nach 2:12,81 Minuten stand dann das Ergebnis fest. "Ich kann das gar nicht in Worte fassen, es ist unbeschreiblich", sagte eine überglückliche Emma Kaul. "Ich kam hierher mit der Einstellung, einen soliden Wettkampf hinlegen und mich mit Bernhausen versöhnen zu wollen. Dass es so gut läuft, hätte ich mir nie erträumt." Nach Starts beim EYOF 2022 (100 m Hürden) und 2023 (400 m Hürden) kann sie nun mit ihrer ersten internationalen Meisterschaft im Siebenkampf planen. "Ich habe jetzt richtig Bock, mal zwei Tage lang das Deutschlandtrikot anzuhaben und nicht nur die Hürden zu laufen."

Trotz der enormen Hitze konnten auch die weiteren Siebenkämpferinnen über 800 Meter glänzen: Anna Hinkelmann behauptete mit neuer Bestzeit von 2:14,43 Minuten Rang zwei. 5.768 Punkte bescherten der Hallenserin, die schon 2022 bei der U18-EM dabei gewesen war und seither einige Rückschläge einstecken musste, ebenfalls das U20-EM-Ticket.

Das deutsche Trio für Tampere komplettierte Anna-Elisabeth Ehlers (TSV Bayer 04 Leverkusen) mit 5.690 Zählern, Maresa Hense (5.642 pt) und Elenor Servatius (Athletic-Team Wittlich; 5.521 pt) erfüllten ebenfalls die U20-EM-Norm. Mitfavoritin Maria Schnemilich (1. LAV Rostock) konnte verletzungsbedingt nicht an den Start gehen, die U18-EM-Dritte hatte sich am Samstag beim Aufwärmen für den Hürdensprint verletzt. 

Fred Isaac Fleurisson packt mehr als 400 Punkte drauf

Dank einer Steigerung um mehr als 400 Punkte durchbrach wenig später auch Fred Isaac Fleurisson (Eintracht Frankfurt) eine magische Schallmauer. Nachdem er schon am ersten Tag die Führung innegehabt hatte, startete Tag zwei mit 14,02 Sekunden in seiner Paradedisziplin, den 110 Meter Hürden. Danach folgten mit dem Diskus (38,90 m) und dem Stabhochsprung (4,40 m) zwei für ihn gute Leistungen in eher schwächeren Disziplinen, bevor er den Speer auf die neue Bestmarke von 61,68 Metern jagte. 

Über 1.500 Meter hieß es dann: durchbeißen. Und möglichst nah an die Fünf-Minuten-Grenze heranlaufen. Fred Isaac Fleurisson hielt an den Fersen seines Trainingskollegen Bjarne Gebhardt (Eintracht Frankfurt) tapfer durch. 5:00,11 Minuten besiegelten dann 8.005 Punkte. Seine alte Bestleistung hatte bei 7.551 Punkten gestanden. "Es ist krass", fand der Sieger. "Ich wollte eigentlich nur PB machen und die Norm für die U23-EM. Das Wetter, die Stimmung, die Menschen hier haben das alles einfacher gemacht." Dabei hatte er ursprünglich mit einer U23-EM-Teilnahme über 110 Meter Hürden geplant. "Aber Mehrkampf mache ich schon mein Leben lang, deshalb habe ich mir im Hinterkopf schon gewünscht, dass es im Mehrkampf klappt." 

Um die Norm für Bergen (17. bis 20. Juli) kämpften über 1.500 Meter vor allem Friedrich Schulze (Königsteiner LV), der aufgrund von Beugerproblemen nicht in allen Disziplinen sein komplettes Potenzial ausschöpfen konnte, und Roman Jocher (SSV Ulm 1846). Doch mit gut eingeteilten Rennen übertrafen sie die geforderten 7.600 Punkte souverän. Nach 4:32,78 Minuten und dem Disziplinsieg hatte Friedrich Schulze, der zuvor im Diskuswurf (47,10 m) und Stabhochsprung (5,10 m) geglänzt hatte, 7.708 Punkte auf dem Konto, für Roman Jocher gingen dank Speerwurf-PB (59,08 m) 7.688 Zähler in die Wertung ein. 

Paul Günther jubelt im Einzel und mit dem Team

Eine ganze Reihe EM-Normerfüller gab es auch in der männlichen U20. Obwohl die schnellen 1.500-Meter-Läufer Moritz Bartko (SC Potsdam) und Leon-Joel Clair (SV Halle) am Ende alles gaben, konnte der Halbzeitführende Paul Günther (SV Halle) seinen Vorsprung ins Ziel retten. Mit 7.627 Punkten feierte der U18-EM-Teilnehmer des Vorjahres ein gelungenes Debüt in der höheren Altersklasse. Besonders bemerkenswert war seine Steigerung im Hochsprung. In dieser Disziplin hatte er im Vorjahr nur 1,77 Meter überquert, diesmal gingen 1,93 Meter in die Wertung ein. 

"Die 1.500 Meter waren sehr hart, vor allem bei dem Wetter", resümierte Paul Günther, der sich einen guten ersten Zehnkampf mit schwereren Gewichten und höheren Hürden vorgenommen hatte. "Aber dann habe ich gemerkt, die Wettkampfform ist da und es kann was passieren." Auch bei Moritz Bartko war die Gefühlslage positiv: "Nach einem durchwachsenen Zehnkampf bin ich froh, dass ich es geschafft habe." Leon-Joel Clair freute sich, dass er nach dem suboptimal verlaufenen Jahr 2024 diesmal zeigen konnte, was er draufhat. "Ich habe dieses Jahr jeden Tag an diesen Wettkampf gedacht und jetzt hat es endlich funktioniert."

Grund zur Freude hatte auch ein dritter Hallenser: Henry Lennox Heilmann. Der Achtplatzierte des U20-Zehnkampfes trug mit 6.960 Punkten seinen Teil dazu bei, dass dem SV Halle mit 22.126 Zählern eine neue deutsche U20-Mannschaftsbestleistung gelang. Die alte Marke hatte vor sechs Jahren, ebenfalls in Bernhausen, Hannover 96 aufgestellt. 

Svea Funck mit 15 an der Weltspitze der U18

Dass in der U18 ein riesiges Siebenkampf-Talent heranwächst, wurde am Wochenende in Bernhausen mehr als deutlich. Denn Svea Funck (TV Jahn Walsrode), noch nicht einmal ganz 16 Jahre alt, knüpfte am Sonntag an ihre Top-Leistungen des Vortages an. Im Weitsprung erzielte sie mit 5,57 Metern bei schwierigen Windbedingungen ein gutes Ergebnis, bevor sie im Speerwurf und über 800 Meter einmal mehr die bis zu eineinhalb Jahre ältere Konkurrenz in Schach hielt. 43,48 Meter und 2:19,67 Minuten brachten in Summe 5.773 Punkte – und das im ersten U18-Jahr. 

Für die junge Niedersächsin steht nun im Juli beim Europäischen Olympischen Jugendfestival (EYOF) in Skopje (Nordmazedonien) der erste internationale Start an. "Es ist grandios", freute sie sich. "Ich konnte den Siebenkampf echt genießen. Ich kann es noch gar nicht fassen, dass ich jetzt international starten darf, das ist eine super Ehre." Ihre Highlights: die 1,76 Meter im Hochsprung ("Das war in letzter Zeit im Training eher schwankend") und die 800 Meter. Zweite wurde Lilijana Skoro (USC Mainz; 5.408 pt), die ebenfalls die EYOF-Norm knackte, jedoch steht beim EYOF pro Nation nur ein Startplatz zur Verfügung. 

Den ergatterte in der männlichen U18 Damian Leinhäuser (SV Leonardo-da-Vinci Nauen). Mit 7.146 Punkten distanzierte er den zweitplatzierten Österreicher Antoni Graczyk (6.849 pt) deutlich. Unter anderem im Hochsprung (1,94 m), im Speerwurf (58,20 m) und über 1.500 Meter (4:48,76 min) zeigte der Brandenburger vielversprechende Ansätze. Vergangenen Monat hatte er bei einem Zehnkampf in Papenburg mit 6.890 Punkten schon gezeigt, was in ihm steckt. 

Marie Jung nimmt Kurs auf Bergen

In der U23 hatten zwei Athletinnen bereits beim Mehrkampf-Meeting in Götzis (Österreich) den internationalen Start klargemacht. Eine dritte sprang in Bernhausen noch auf den Zug nach Bergen (Norwegen) auf. Insbesondere die starken Ergebnisse im Hoch- (1,77 m) und Weitsprung (6,24 m) ebneten Marie Jung (Eintracht Frankfurt) den Weg zum internationalen Debüt, auch 2:17,79 Minuten über 800 Meter konnten sich sehen lassen. Mit 5.871 Zählern stand am Ende eine deutliche Bestleistung (vorher: 5.577 pt) zu Buche. 

"Ich habe natürlich auf die EM-Norm gehofft, aber nicht wirklich daran geglaubt", gestand sie anschließend. Mit den Bedingungen kam die 21-Jährige gut zurecht. "Für mich läuft es meistens sogar deutlich besser, wenn es heiß ist." Ihrem ersten internationalen Start blickt Marie Jung nun mit Freude entgegen. 

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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