| Interview der Woche

Kristin Gierisch: "Medaillen wichtiger als Rekorde"

Kristin Gierisch war am Sonntag das Aushängeschild des Internationalen Hallen-Meetings in Chemnitz und gehört seit einem Jahrzehnt zur Spitze im Frauen-Dreisprung. Schon oft hatte sie am deutschen Hallenrekord gekratzt, am Sonntag war er in ihrer Heimatstadt fällig. Im Interview erzählt die 28-Jährige über eine ungewöhnliche Technikumstellung, ihre Trainingsgruppe und ihre weiteren Ziele.
Tobias Burkhardt

Gratulation zum deutschen Rekord, Kristin Gierisch! Haben Sie damit heute gerechnet?

Kristin Gierisch:

Ich hätte heute nicht damit gerechnet. Vorgestern bin ich noch in Madrid gesprungen, und die Reise war eigentlich nicht förderlich.

In Madrid lief es mit Platz sieben und 14,21 Metern sicher nicht nach Ihren Vorstellungen. Wie konnten Sie sich für den Wettkampf in „Ihrem Wohnzimmer“ motivieren?

Kristin Gierisch:

Es ist cool hier zu springen! In Madrid war ein ungültiger Versuch etwa so weit wie der deutsche Rekord heute. Nach dem zweiten Sprung heute auf 14,17 Metern war ich gelöst und konnte mein Ding machen. Es war unglaublich geil!

Was macht die Chemnitzer Halle und das Meeting für Sie aus?

Kristin Gierisch:

Es ist immer etwas Besonderes hier zu springen. Ich trainiere hier seit 16 Jahren. Die Familie ist da und gibt mir Kraft, steht zu mir. Hier fällt es leicht, hier geht’s immer.

Wie hilft die Trainingsgruppe um Max Heß oder auch Annika Gärtz, die harten Trainingsphasen zu überstehen?

Kristin Gierisch:

Wir sind eine unglaublich konstante Gruppe und pushen uns gegenseitig hoch. Im Training liefern wir uns immer Fights. Es ist eine ganz besondere Gruppe.

Haben Sie im Training neue Reize gesetzt, welche die Leistungssteigerung erklären?

Kristin Gierisch:

Wir haben im Training alles verändert! Früher bin ich rechts-rechts-links gesprungen. Jetzt springe ich links-links-rechts. Das ist für jemanden, der die Disziplin schon viele Jahre macht, unüblich. Wir haben nach den Europameisterschaften in Berlin gemerkt, dass das Training nicht mehr richtig anschlägt. Mein Trainer ist sehr stolz, dass die Umstellung in meinem Alter so gut funktioniert hat.

Vor zehn Jahren konnten Sie mit 14,02 Metern den deutschen U20-Rekord brechen. Nun haben Sie auch den Rekord bei den Frauen gebrochen. Dachten Sie, dass es zehn Jahre dauern würde, bis der Rekord fällt?

Kristin Gierisch:

Ja, es hat gedauert und es hat auch genervt. Vor drei bis vier Jahren haben wir darüber nachgedacht, dass es möglich wäre den Rekord zu brechen. Aber es ist immer etwas schiefgegangen und ich habe mir zu viel Druck gemacht. Jetzt bin ich es lockerer angegangen und wusste, dass er fällt, wenn ich gut drauf bin.

Welche Bedeutung hat der Rekord für Sie?

Kristin Gierisch:

Rekorde können gebrochen werden. Medaillen sind wichtiger, bleiben für immer. Aber es ist auch schön zu wissen, dass ich so weit springen kann wie keine andere Deutsche.

Yulimar Rojas ist beim World Indoor Tour Meeting in Madrid mit 14,92 Metern an die 15 Meter herangesprungen. Sind das Weiten an die Sie jetzt auch denken?

Kristin Gierisch:

Mit Yulimar Rojas möchte ich mich nicht vergleichen. Sie ist viel größer als ich und hat ganz andere Voraussetzungen. 14,50 Meter bis 14,80 Meter bin ich in der Lage zu springen. Mit den 14,59 Metern bin ich jetzt die Nummer eins in Europa. Da wollte ich hin.

Apropos Nummer eins in Europa. Vor zwei Jahren konnten Sie die Hallen-Europameisterschaften in Belgrad gewinnen. Wie ist nun die Zielstellung für die kommende Hallen-EM in Glasgow?

Kristin Gierisch:

Ich will eine Medaille holen. Wer am Ende gewinnt wird die Tagesform entscheiden.

Mehr:

<link news:67551>Kristin Gierisch springt deutschen Hallenrekord

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