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Ruth Beitia - Mit 35 Jahren besser denn je

Vor 27 Jahren absolvierte Ruth Beitia ihren ersten Hochsprung-Wettkampf. Beachtliche 1,27 Meter übersprang die damals Achtjährige. Auch wenn es in Eberstadt mit 1,94 Metern nicht ganz nach Wunsch lief: Die zweimalige Europameisterin ist mit 35 Jahren besser denn je. Dabei hatte die Spanierin ihre Karriere eigentlich schon 2012 zugunsten ihrer politischen Karriere beendet.
Ewald Walker

Eine Hochspringerin im Bademantel auf einer Sprunganlage – kaum vorstellbar. Und doch: Ruth Beitia, die große Dame des Hochsprungs, ist im Vorjahr beim Eberstädter Meeting im weißen Frotteemantel aufgetaucht. Sie hatte das Kleidungsstück vorsorglich aus dem Hotelschrank mitgenommen. Mit Lebenserfahrung gegen Regen und Kälte. Mit 35 Jahren gilt die 17-fache Landesrekordlerin und 27-fache Meisterin als erfolgreichste spanische Leichtathletin aller Zeiten.

Sie ist das weibliche Pendant zu Fermin Cacho, dem 1.500-Meter-Olympiasieger von Barcelona (Spanien) 1992. Und Beitia ist erfolgreicher denn je. Ein weiblicher Hochsprung-Methusalem. Zusammen mit Weltmeisterin Anna Chicerova thront sie derzeit als Weltjahresbeste mit 2,01 Metern. Nur einen Zentimeter unter ihrer Bestleistung von 2007. Mit dieser Höhe wurde sie in Zürich sensationell Europameisterin. Am Samstag in Eberstadt reichte es nur zu 1,94 Metern und Platz sechs. Nach dem EM-Triumph konnte Ruth Beitia damit gut leben.

Schließlich hatte sie nach ihrem vierten Platz bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) 2012 mit exakt zwei Metern ihre Karriere eigentlich schon beendet. Auch aus Enttäuschung über eine verpasste Medaille. Nach London wollte sie ihre politische Karriere forcieren. Ihr Trainer und politische Freunde rieten jedoch zur Fortsetzung ihrer sportlichen Höhenflüge. Der Rücktritt vom Rücktritt erwies sich als Glücksfall. „Seitdem bin ich besser denn je“, sagt sie.

Elf internationale Medaillen

Die 1,92 Meter große, gertenschlanke Athletin wurde 2013 im Herbst ihrer sportlichen Laufbahn in Göteborg (Schweden) Hallen-Europameisterin und verteidigte jetzt in Zürich ihren EM-Titel von Helsinki (Finnland) 2012. Eine Rarität, die nur der legendären Rumänin Jolanda Balas 1958 und 1962 gelungen ist. Elf internationale Medaillen hat Ruth Beitia in ihrer Karriere gewonnen, zuletzt war sie im März Hallen-WM-Dritte geworden. „Das Glückwunsch-Telegramm vom spanischen König Felipe VI hat mich sehr gefreut“ sagt Beitia.

„Die Goldmedaille ist Beweis für die erstaunliche Karriere dieser Athletin, die gelernt hat, ihren Körper und Geist zu verwalten“, schrieb die spanische Sportzeitung Marca. Apropos Geist: Die dunkelhaarige Spanierin hat an der Uni in Santander, wo sie auch geboren ist, einen Abschluss als Physiotherapeutin gemacht. Seit 2011 sitzt sie als Abgeordnete im 39-köpfigen Parlament von Kantabrien.

Zukunft im politischen Bereich

Die PP-Abgeordnete (Partido Populare) engagiert sich in der 600.000 Einwohner zählenden autonomen Gemeinschaft mit der Hauptstadt Santander im Bereich Erziehung, Inklusion und Sport.

Trotz hohen zeitlichen Beanspruchungen als Hochleistungssport nimmt sie ihre politische Arbeit ernst. „Ich habe in den vergangenen drei Jahren keine der obligatorischer Montagssitzungen verpasst“, sagt sie und deutet damit an, dass ihre Zukunft im politischen Bereich liegen wird. Sie mag es, durch die nordspanische Provinz zu fahren und mit den Menschen zu reden. „Ich bin ein kreativer Mensch und wir brauchen neue Ideen in unserem Land“ sagt sie.

Traum vom Eberstadt-Sieg

Mit acht Jahren und einer Höhe von 1,27 Metern hat ihre Karriere vor fast drei Jahrzehnten in Santander begonnen. Wann und wo wird sie zu Ende gehen? „Meine beste Zeit kommt noch“ sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln, „aber ich genieße den Moment.“ Vielleicht springt sie noch 2015 bei der WM in Peking (China), vielleicht bis zu den Olympischen Spielen ein Jahr später in Rio (Brasilien). „Ich plane derzeit nur bis zur Hallen-EM 2015 in Prag“, gibt sie sich sehr gelassen. Im hohen Hochsprung-Alter von 35 sieht man die Dinge ruhiger.

Ruth Beitia steht wieder auf dem Kleinspielplatz in Eberstadt, das Wetter hat es in diesem Jahr besser gemeint als in den Vorjahren. Den Bademantel hat sie am Samstag im Hotel gelassen. „Hier endlich zu gewinnen war einer meiner Träume." Der zweite ist immer noch der von einer olympischen Medaille. In der Eberfürst-Arena ist Beitia Publikumsliebling. Sie war schon mehrfach dabei, hat aber noch nie gewonnen.  Auch diesmal nicht. „Dann muss ich meine Ziele im nächsten Jahr weiterverfolgen“, sagte die schwarzhaarige Spaniern augenzwinkernd.

<link news:36488>Airine Palsyste jubelt über Eberstadt-Sieg

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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