| Interview

Steffen Uliczka: „Es war ein hartes Stück Arbeit“

Steffen Uliczka ist am Sonntag bei den Straßenläufern angekommen. Der einstige Hindernisläufer der SG TSV Kronshagen/Kieler TB gab beim Halbmarathon in Berlin mit einer Zeit von 1:04:16 Stunden ein ordentliches Halbmarathon-Debüt. Jetzt ruft der Tag X mit dem Marathon in Hamburg (26. April). Im Interview verrät der 30-Jährige mehr zum Stand der Dinge.
Christian Fuchs

Steffen Uliczka, herzlichen Glückwunsch zur Ankunft als Straßenläufer beim Halbmarathon in Berlin. Wie hat sich das Rennen angefühlt?

Steffen Uliczka:

Es war schon ein hartes Stück Arbeit. Hinten raus war es ein wunderbares Rennen. Auf den letzten fünf Kilometern, wenn es so richtig hart wird, versucht man natürlich alles. Die ersten zehn Kilometer waren leider nicht ganz so locker. Das Wohlfühltempo hat sich irgendwie nicht eingestellt. Aber ich bin ja auch in der Marathonvorbereitung. Im Nachhinein betrachtet war das schon echt gut: Es waren drumherum viele Leute da. Auf der Straße zu laufen, an die Tempomacher vor mir noch einmal ranzukommen und hart zu kämpfen, das macht den Wettkampf aus.

Die Renneinteilung scheint aber gestimmt zu haben. War die Taktik eher defensiv?

Steffen Uliczka:

Ich wollte es schon eher defensiv angehen, weil ich es noch gar nicht einschätzen konnte. Ich hatte mir aber schon etwas vorgenommen - wie ich im Vorfeld auch gesagt habe, eine Zeit von 63 Minuten. Das konnte ich aber einfach nicht abrufen. Das war irgendwie nicht möglich.

Wie waren die Bedingungen?

Steffen Uliczka:

Die Temperaturen waren top in Ordnung. Es hatte gar nicht geregnet, auch wenn der Asphalt noch nass war. Die erste Hälfte war vom Start weg aber sehr, sehr windig. Auch als wir dachten, wir haben jetzt Rückenwind, haben wir immer wieder den Wind gemerkt. Ich hatte zwar versucht, mich im Kopf davon frei zu machen. Aber man spürt es ja doch.

Mit welchen Erkenntnissen treten Sie die Heimreise aus Berlin an?

Steffen Uliczka:

Mit der Erkenntnis, dass ein Straßenlauf auf jeden Fall Spaß macht. Mit der Zeit von 64:16 Minuten muss ich mich auch nicht verstecken. Das ist schon ganz gut. Im Hinblick auf den Marathon war das jetzt ein wichtiger Reiz im Sinne von Tempo und Training, der mich richtig voranbringt und den Körper richtig hart fordert. Im Marathon ist dann noch einmal was ganz anderes gefragt. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich.

Am Ende waren Sie in Berlin - nach den Problemen von Arne Gabius - der beste Deutsche. Sie konnten ein paar Straßenexperten wie Julian Flügel hinter sich lassen. Wie wichtig war es, denen zu zeigen, dass man nicht so einfach an Ihnen vorbeikommt?

Steffen Uliczka:

Genau das ist es halt. Es ist das eine zu sagen, ich komme da hin und habe große Ambitionen. Die anderen hatten das schon öfters erlebt, dass einer so etwas ankündigt. Aber das muss man erst einmal laufen. Es waren 45 Sekunden, die ich vor den anderen war. Von daher bin ich natürlich auch sehr glücklich, dass ich mich so mit ihnen messen konnte, dass ich sagen kann: Die habe ich in der Tasche.

Sie hatten die neue Herausforderung Marathon auch mit einem neuen Fahrgestell und einem neuen Motor verglichen. Wie sehr ist Ihr Rennfahrzeug schon auf Touren?

Steffen Uliczka:

Ich habe in Berlin festgestellt, dass die Laktatverträglichkeit für dieses Tempo nicht im Top-Bereich ist. Aber mein Ziel ist ja auch der Marathon. Dafür habe ich trainiert und da bin ich sehr, sehr zuversichtlich. Die Trainingsergebnisse zeigen auch, dass es mit dieser Spur langsamer, die man dann läuft, schon echt gut funktioniert. Ich habe aber jetzt auch gesehen, dass ich hinten noch einmal zulegen konnte, obwohl ich lange nicht in meinem Wohlfühlbereich gelaufen bin. Ich war also nicht komplett am Limit. Das macht Mut.

Der Tag X ist in wenigen Wochen beim Hamburg-Marathon. Welche Gefühle gehen Ihnen durch den Kopf?

Steffen Uliczka:

Wenn man sich mit der Strecke beschäftigt, dann kommt schon das Kribbeln. Man ist aufgeregt. Auch der ein oder andere Gedanke kommt so nach dem Motto „Da habe ich mir aber was vorgenommen“. Aber das sind keine richtigen Zweifel, sondern es bedeutet „Jetzt rock ich das, jetzt renn ich das“. Ich bin meinem Ziel schon recht nahe. Es heißt jetzt nicht mehr, ich renne irgendwann Marathon, sondern ich habe fleißig trainiert und jetzt steht der Marathon an. Mein Ziel ist es dann, eine Zeit von 2:13 Stunden zu unterbieten.

Auf Facebook hatten Sie verraten, dass zuletzt im Trainingslager in Kenia an jedem Abend die Vorfreude auf die nächste Einheit riesig war. Wie lässt sich dieses Gefühl beschreiben im Vergleich zu früher?

Steffen Uliczka:

Es ist jetzt etwas ganz anderes und es kommt auf etwas ganz anderes an. Auf ein Laufen an einer Schwelle, die ermüdend ist. Es ist aber eine ganz andere Ermüdung. Früher war es diese Laktatermüdung. Man bekommt die Beine nicht mehr hoch. Jetzt ist es eine Ermüdung, bei der man keine Energie mehr hat. Wenn man sich dann wieder aufraffen kann und merkt, dass das Training funktioniert, kommt man in die nächste Trainingseinheit rein und hat noch einen Flow. Dann denkt man: „Geil, es funktioniert“.

Das klingt nach irre viel Spaß und ganz so, als hätten Sie mit Ihrer Entscheidung, von den Hindernissen zum Straßenlauf zu wechseln, alles richtig gemacht…

Steffen Uliczka:

Ja, genau. Es geht mir auch darum, die Events mitzunehmen. Klar ist ein Diamond League-Meeting ein großer Zirkus und die kleineren Meetings sind auch nett. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem, was bei so einem großen Straßenlauf abgeht. Man ist das ganze Wochenende unterwegs. Das ist eine ganz andere Dimension. Das ist etwas, was mich begeistert.

Fühlen Sie sich auch als ein Teil dieser großen Gemeinschaft?

Steffen Uliczka:

Auf jeden Fall. Das Ziel aller dieser Läufer ist das gleiche. Jeder will sich irgendwo messen an seiner Bestzeit. Oder es gibt Leute, die sagen: Ich will ankommen. Aber selbst die wollen ungefähr in der und der Zeit ankommen. Das ist bei einem Leistungssportler nicht anders. Wir messen uns an der Zeit, die dann natürlich viel ambitionierter ist. Mit dem Anfeuern der Zuschauer, die hinkommen, ist das eine Community.

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