| Stabhochsprung

Tobias Scherbarth sagt in Aachen "Auf Wiedersehen"

Olympia-Teilnehmer Tobias Scherbarth hat am Mittwoch beim Domspringen in Aachen seinen letzten Wettkampf bestritten. Der 33-jährige Stabhochspringer war 2015 WM-Siebter sowie 2014 und 2016 Deutscher Meister. Sein Leverkusener Klubkollege Hendrik Gruber, im Vorjahr Team-Europameister, hat ebenfalls seine Karriere beendet.
Harald Koken

“One more time we're gonna celebrate” wummerte es aus den Boxen. Dass die Hymne der French-House-Formation "Daft Punk" beim Domspringen auf dem Aachener Katschhof immer dann gespielt wurde, wenn Tobias Scherbarth Anlauf nahm, war kein Zufall. Der Rhythmus beflügelte, der Refrain hatte Symbolcharakter. Noch einmal wollte der Stabhochspringer einen richtig guten Wettkampf abliefern und das Bad in der Menge genießen.

Was gelang. Tobias Scherbarth war beim Sieg von Vize-Weltmeister Piotr Lisek (Polen; 5,90 m) als Vierter bester DLV-Akteur und wurde nach seinem letzten Sprung von etwa 5.000 Zuschauern und zahlreichen langjährigen Wegbegleitern frenetisch gefeiert. Björn Otto, Rens Blom, Lars Börgeling, Michael Stolle und viele andere betraten den Anlaufsteg und wünschten Tobias Scherbarth per Handschlag alles Gute.

Nach dem Abi von Leipzig nach Leverkusen

Tobias Scherbarth begann seine sportliche Laufbahn beim SC DHfK Leipzig und wechselte 2000 zum LAZ Leipzig. Mit dem Abitur in der Tasche zog er 2005 ins rund 500 Kilometer entfernte Leverkusen um. „Ich wollte Stabhochspringer werden, das war für mich ganz klar. Ich war in der Jugend kein wirklicher Springer, hatte eine Bestleistung von 4,80 Meter“, blickt der 33-Jährige zurück. „Ich wollte unbedingt bei Leszek Klima trainieren. Es eilte ihm der Ruf voraus, dass er ein toller und erfolgreicher Trainer ist. Und dann natürlich die Rahmenbedingungen in Leverkusen, die Infrastruktur, das ist perfekt.“

Zwischenzeitlich holte sich Tobias Scherbarth in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona auch bei Dan Pfaff – wie er es nennt – "Inputs". „Dan Pfaff ist ein renommierter Trainer mit zahlreichen Erfolgen, vor allen Dingen mit älteren und verletzungsanfälligen Athleten. Ein Beispiel ist Donovan Bailey, den er mit über 30 zum Olympiasieg geführt hat. Oder Greg Rutherford, der sich vorher oft in der Qualifikation einer Weltmeisterschaft oder bei Olympischen Spielen verletzt hat. Ihn hat er auch zum Olympiasieger gemacht. International ist bekannt: Der Mann hat ein Händchen für sensible Athleten“, sagt Tobias Scherbarth.

"Das war alles in Absprache mit Leszek Klima und von ihm unterstützt. Er war auch interessiert, was ich an Trainingsplänen und Know-how mitgebracht habe“, hebt er den Stellenwert seines Mentors hervor, dessen persönliche Bestleistung bei 5,40 Metern liegt. Sein größter Erfolg: Platz vier bei den Hallen-Europameisterschaften 1977 – erreicht unter polnischer Flagge.

Über 20 Mal im DLV-Trikot

Tobias Scherbarth überflog im Februar 2009 in der Halle 5,76 Meter. Unter freiem Himmel überquerte er 2016 5,75 Meter. Immer wieder musste der 1,95 Meter große Modellathlet herbe Rückschläge hinnehmen. Schon für die WM 2009 in Berlin nominiert, zog er sich bei der Universiade in Belgrad (Serbien) einen Bruch des Mittelfußes zu – das Aus für den WM-Auftritt vor heimischer Kulisse. Ein erneuter Fußbruch mit einem Bänderriss verhinderte 2010 den Start bei den Europameisterschaften in Barcelona (Spanien).

Doch aufgeben? Niemals. Tobias Scherbarth kämpfte sich zurück, holte 2014 in Ulm seinen ersten deutschen Meistertitel, belegte 2015 nach seinem deutschen Hallen-Meistertitel bei der WM in Peking (China) Platz sieben und wurde 2016 in Kassel erneut Deutscher Meister. Damit machte der Absolvent der Deutschen Sporthochschule Köln die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) klar – ein Traum wurde wahr.

Insgesamt trug Tobias Scherbarth bei internationalen Einsätzen mehr als 20 Mal das Nationaltrikot. Seine letzten Wettkämpfe für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) hatte er im Herbst letzten Jahres bei „Berlin fliegt“ sowie bei „Fly Europe“ in Paris (Frankeich) und Rom (Italien).

„Ich bleibe der Leichtathletik treu!“

„Ich bleibe der Leichtathletik treu, ob als Trainer, Manager oder Meeting-Organisator ist allerdings noch offen“, erklärt Tobias Scherbarth. Sicher ist, dass er Ende September in Kienbaum die A-Trainer-Ausbildung beginnen wird. „Ich bin Diplom-Sportwissenschaftler und habe einen Master in Sport-Management, bin also in mehreren Richtungen gut aufgestellt. Auf der einen Seite ist der Trainerberuf gut vorstellbar, auf der anderen Seite eine Tätigkeit im Sport-Management“, sagt der Ex-Stabhochspringer.

Sein langjähriger Klubkollege Hendrik Gruber hat ebenfalls den Stab in die Ecke gestellt und seine Karriere beendet. Der 31-Jährige, der eine Bestleistung von 5,75 Metern vorweisen kann, war im vergangenen Jahr bei den Team-Europameisterschaften im französischen Lille Mitglied der siegreichen deutschen Mannschaft. Noch für das LAZ Soest aktiv, schaffte er es 2005 in Kaunas (Litauen) ins Finale der U20-EM. Inzwischen arbeitet er als Sportlehrer an einer Grundschule in Leverkusen-Opladen.

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