| Chorzow

Team-EM: DLV-Mannschaft landet auf Platz vier, Christin Hussong den großen Wurf

Drei Punkte haben der deutschen Mannschaft nach 40 Disziplinen zum Podestplatz bei der Team-EM in Chorzow gefehlt. Unter den Einzelergebnissen ragten am zweiten Tag die 69,19 Meter von Speerwerferin Christin Hussong und der Dreisprung-Sieg von Max Heß mit 17,13 Metern heraus.
Martin Neumann

Die DLV-Mannschaft hat einen Podestplatz bei den Team-Europameisterschaften am Wochenende in Chorzow (Polen) knapp verpasst. Nach 36 Einzeldisziplinen und vier Staffeln kam das deutsche Team dank eines „energischen Endspurts“ und den späten Einzelsiegen von Dreispringer Max Heß und Speerwerferin Christin Hussong sowie zwei weiteren Einzelsiegen am Sonntag mit 171 Punkten zwar noch dicht an die Top-3-Plätze heran. Doch einholen konnte es den erfolgreichen Titelverteidiger Polen (181,5 Punkte), Italien (179 Punkte) und Großbritannien (174 Punkte) nicht mehr. Für die Italiener war es der erste Podestplatz in der Geschichte der Team-Europameisterschaften.

Mögliche 13 weitere Punkte hatte die deutsche Mannschaft durch die Disqualifikationen von 800-Meter-Läuferin Christina Hering (LG Stadtwerke München) und der Frauen-Sprintstaffel am Samstag eingebüßt. „Das zeigt, was möglich gewesen wäre“, sagte DLV-Cheftrainerin Annett Stein. Zwar sei die Saison noch jung. Doch habe man deutlich gesehen, wo eine Woche vor den Deutschen Meisterschaften die Saisonplanung funktioniere und wo nach dem schwierigen, von der Corona-Pandemie geprägten letzten Jahr noch die Wettkampfroutine fehle, so Annett Stein weiter.

Wie schon am Samstag durch Johannes Vetter (LG Offenburg; 96,29 m) gab’s auch am Sonntag im Speerwurf das absolute Highlight aus deutscher Sicht. Europameisterin Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) schickte im zweiten Versuch ihr 600-Gramm-Gerät in den regnerischen Himmel von Chorzow, der bis über den zwölf Jahre alten Meisterschaftsrekord von Christina Obergföll (LG Offenburg; 68,59 m) segelte. Exakt 69,19 Meter ermittelte die Weitenmessung, eine Steigerung ihrer Bestleistung um 1,29 Meter und ein Bewerbungsschreiben für eine Olympia-Medaille in Tokio. „Das war eine herausragende Leistung“, lobte Annett Stein das Ausnahme-Resultat der Europameisterin.

Christin Hussong mit 69,19 Meter nun achtbeste Speerwerferin aller Zeiten

Damit schob sich Christin Hussong auf Rang acht der ewigen Weltbestenliste und auf Platz zwei der ewigen deutschen Bestenliste nach vorn. Zum deutschen Rekord von Christina Obergföll fehlten ihr nur 1,01 Meter. Natürlich war ihr damit der Sieg nicht zu nehmen. Da die zuletzt auf 71,40 Meter verbesserte Polin Maria Andrejczyk auf einen Start verzichtet hatte, war Christin Hussong konkurrenzlos. Jona Aigouy (Frankreich; 56,59 m) und Freya Jones (Großbritannien; 54,68 m) folgten mit einem riesigen Abstand.

„Ich liebe das Stadion, es ist ein toller Ort für einen Wettkampf. Ich habe in diesem Jahr schon dreimal über 66 Meter geworfen, dieses Ergebnis gibt mir noch mehr Selbstvertrauen. Bei den letzten Weltmeisterschaften in Doha war ich Vierte. Das war nicht so toll. Ich hoffe, dass es in Tokio besser wird“, blickte Christin Hussong nach ihrem 69,19-Meter-Coup schon auf den Saisonhöhepunkt Olympia voraus.

Max Heß nur zweimal im Freien besser

Enger als bei Christin Hussong ging es bei Dreispringer Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) zur Sache. Der Europameister von 2016 schob sich im vierten und letzten Durchgang mit 17,13 Metern an die Spitze. Weiter ist in diesem Jahr noch kein Europäer gesprungen. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und ich bin glücklich, im letzten Versuch gewonnen zu haben“, sagte Max Heß nach dem drittbesten Freiluft-Wettkampf seiner Karriere. Zwar hätte 18-Meter-Springer Pedro Pichardo noch kontern können. Doch der sehr weite vierte Versuch des Portugiesen war wenige Millimeter übergetreten. „Max hat seine gute Form eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Schade ist nur, dass ihm ein Zentimeter zur Olympianorm gefehlt“, sagte Annett Stein.

Der erste Tagessieg für die deutsche Mannschaft gelang Maryse Luzolo. Die Weitspringerin vom Königsteiner LV setzte sich mit 6,61 Metern durch und verbuchte so sieben Punkte auf dem deutschen Team-Konto. Gleichzeitig stellte sie bei herbstlichen Temperaturen von nur zwölf Grad exakt ihre Bestleistung ein, die sie vor ihrer schweren Knieverletzung 2017 aufgestellt hatte. „Ich habe absolut nicht erwartet, dass ich gewinne. Ich war vor dem Start richtig nervös, aber jetzt bin ich wirklich glücklich. Das Stadion ist unglaublich, die Leute sind laut“, freute sich die 26-Jährige nach ihrem Einzelsieg.

Chorzow soll Austragungsort der EM 2028 werden

Einige Tausend Fans unterstützen die Athleten im 54.000 Zuschauer fassenden Silesia-Stadion. Für viele Starter war es der erste Wettkampf mit Zuschauern während der Corona-Pandemie seit mehr als einem Jahr. Sehr wahrscheinlich wird das Stadion von Chorzow Austragungsort der Europameisterschaften 2028 werden. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde am Rande der Team-EM von Vertretern des polnischen und des europäischen Leichtathletik-Verbandes unterzeichnet. Der finale Ausrichtervertrag soll im November 2023 unterschrieben werden.

Zum Zentimeter-Krimi entwickelte sich das Kugelstoßen der Frauen. Zunächst hatte Sara Gambetta mit 18,67 Metern die Führung übernommen, die ihr im dritten Durchgang von Hallen-Europameisterin Auriol Dongmo (Portugal; 18,74 m) abgenommen wurde. Doch die Athletin vom SV Halle holte sich nur Augenblicke später mit 18,75 Metern die Führung zurück, die sie im finalen vierten Durchgang nicht mehr abgab.

Sara Gambetta kratzt bei Sieg an der Bestleistung

„Das waren sieben wichtige Punkte für die Mannschaft. Mit dem Sieg habe ich überhaupt nicht gerechnet, weil ich mich beim letzten Training vor dem Wettkampf leicht am Knöchel verletzt habe. Aber jetzt ist es wieder in Ordnung“, sagte Sara Gambetta. Mit ihrer Siegerleistung verpasste die 28-Jährige ihre erst drei Wochen alte Bestleistung nur um elf Zentimeter.

Nicht nur im Team überzeugten die polnischen Starter, sondern auch mit einigen starken Einzelleistungen. So steigerte der viermalige Hammerwurf-Weltmeister Pawel Fajdek den Meisterschaftsrekord auf 82,98 Meter. Über 100 Meter mit und ohne Hürden feierte die gerade erst 20-jährige Pia Skrzyszowska mit 11,25 Sekunden und 12,99 Sekunden einen seltenen Doppelsieg bei einer Team-EM.

Zweiter Absteiger von der Super in die First League ist Portugal mit 97,5 Punkten auf Rang sieben. Die Ukraine stand schon vor dem ersten Startschuss in Chorzow als Absteiger fest. Das Land hatte nach zwei Corona-Fällen in der Mannschaft auf einen Start verzichten müssen.

Die Ergebnisse lesen Sie unserer Ergebnisrubrik...

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024