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Jan Riedel – Vom Trainings-Weltmeister zum Deutschen Meister

Bei der Hallen-DM in Leipzig haben sieben DLV-Athleten ihren ersten nationalen Einzeltitel geholt. leichtathletik.de stellt sie in einer Serie vor. Heute: 800-Meter-Sieger Jan Riedel (Dresdner SC 1898).
Jan-Henner Reitze

Jan Riedel
Dresdner SC 1898

*14. Oktober 1989
Größe: 1,89 Meter
Gewicht: 75 Kilo

800 Meter
Bestleistung: 1:47,25 sec (2014)
Deutscher Hallen-Meister 2016

Wenn er nach einer Reihe von Tempoläufen schon völlig ausgepumpt auf der Bahn lag, hat Jan Riedel in der Vergangenheit im Training immer noch einen Lauf drangehängt. In der Vorbereitung auf den Sommer 2015 absolvierte er 13 Einheiten pro Woche und lief dabei bis zu 120 Kilometer. "Ich war süchtig danach, mich im Training voll auszubelasten. Das klingt etwas verrückt. Aber ich bin so ein extrem motivierter Typ und habe versucht, jeden Tag das Maximum aus meinem Körper rauszuholen", blickt der 26-Jährige zurück. Erfolg im Wettkampf hat ihm das aber nicht eingebracht. "Ich habe mich komplett zerschossen und es ging nichts im Sommer. Ich habe weder auf meinen Körper noch auf meinen Trainer gehört. Ich war ein sturer Bock."

Die Erkenntnis, dass mit dieser "Viel-hilft-viel"-Einstellung keine Bestzeiten möglich waren, und der Wechsel zu Trainerin Katja Herrmann machten aus dem "sturen Bock" und Belastungs-Junkie einen neuen Athleten. Im vergangenen Wintertraining standen nur noch halb so viele Wochenkilometer auf dem Plan, dafür mehr Kraft- und Schnelligkeitseinheiten. "Durch meine Ausbildung bei der Polizei konnte ich nur einmal am Tag trainieren und ich habe gemerkt: Das ist gar nicht so schlimm", erzählt Jan Riedel, der Vertrauen in die Arbeit seiner Trainerin gefasst hat. „Ich war viel zu wild. Jetzt lasse ich mich eher lenken und habe aus meinen Fehlern gelernt.“

Den ersten Lohn gab es beim Saisoneinstieg in Erfurt mit einer Hallenbestzeit von 1:49,29 Minuten, die der Dresdner beim Sieg in Chemnitz noch einmal auf 1:49,04 Minuten drückte. Bei der Hallen-DM in der Arena Leipzig wurde der Mittelstreckler dann mit dem bisher größten Erfolg seiner Karriere belohnt: In einem unruhigen Rennen setzte er sich in 1:49,86 Minuten gegen die nationale Konkurrenz durch und holte sich seinen ersten deutschen Meistertitel. "Ich war schon zweimal Dritter und einmal Zweiter. Super, dass es endlich zum Titel gereicht hat."

Von der Unterdistanz zu den 800 Metern

Mit der Leichtathletik begonnen hat Jan Riedel im Alter von sieben Jahren. "Mein Vater hat mich mit zum Training genommen. Er ist auch 400 und 800 Meter gelaufen." Über den Kurzsprint ging es im Jugendalter auf die 400 Meter. Die Bestzeit über diese Strecke stammt aus dem Jahr 2009. Im Vorlauf der Junioren-DM blieb die Uhr bei 47,48 Sekunden stehen. "Ich habe dann gemerkt, dass bei den 400 Metern bei einer tiefen 47 Schluss ist. Damit kann man nichts reißen. Deshalb bin ich auf die 800 Meter gegangen."

Neben dem Sport hat der Mittelstreckler in den vergangenen Jahren eine Ausbildung bei der sächsischen Landespolizei durchlaufen, wo er der Sportfördergruppe angehört. Die Ausbildung ist gerade abgeschlossen, so dass sich Jan Riedel nun voll auf den Sport konzentrieren kann.

Auch im Urlaub geht es nicht ganz ohne Training

Nach der Hallen-DM ging es erst einmal eine Woche in den Skiurlaub. Aber auch da kann der Deutsche Meister die Gedanken ans Training nicht ganz aus dem Kopf schieben. "Ich mache vor allem Skilanglauf, so komme ich nicht ganz raus."

In der Vorbereitung auf den Sommer wird dann auf das Rezept der vergangenen Monate gesetzt, das sich im Winter schon bewährt hat. Führen soll es nach Amsterdam (Niederlande) zur EM (6. bis 10. Juli). Die Norm dafür liegt bei 1:46,50 Minuten. "Ein bisschen schiele ich auch auf 1:45,99 Minuten und damit auf die Olympia-Norm. Hauptziel ist aber die EM", erzählt Jan Riedel.

Internationale Tickets hart umkämpft

Um die Startplätze bei den internationalen Events des Sommers erwartet er ein enges Rennen. Die Deutschen Meister der vergangenen Jahre Dennis Krüger (1. VfL Fortuna Marzahn), Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen), Andreas Lange und Sören Ludolph (beide LG Braunschweig) haben die Olympianorm in ihrer Karriere schon einmal unterboten.

"Es gibt fünf bis sechs Athleten, die unter 1:46 laufen können, wenn alle gesund durch die Vorbereitung kommen", schätzt Jan Riedel. „Das macht unsere Disziplin spannend.“ Seine Freiluft-Bestzeit aus dem Jahr 2014 steht bei 1:47,25 Minuten, die er übrigens eher unverhofft gelaufen war - nachdem der Saisoneinstieg trotz harten Trainings nicht wie gewünscht gelaufen war, hatte er im Training etwas kürzer getreten und plötzlich lief es im Wettkampf. Weniger ist eben manchmal mehr.

Video: <link video:13798>Jan Riedel mit dem besten Finish

Das sagt Bundestrainer Jens Boyde:

Jan hat in diesem Winter stabile Leistungen gezeigt und ist schon mit der stärksten Zeit zur Hallen-DM gefahren. Damit war sein Sieg keine große Überraschung. Er ist nicht im Bundeskader, war aber schon bei einem Lehrgang dabei. Da hat er einen sehr guten Eindruck gemacht - besonders in Sachen Ehrgeiz und Trainingsfleiß. Obwohl er keine Förderung vom Bundeskader bekommt bleibt Jan dran, das ist ihm hoch anzurechnen. Ich hoffe, dass er dafür weiteren Lohn erntet, der deutsche Meistertitel soll erst der Anfang sein. Er möchte auf jeden Fall die EM-Norm laufen und vielleicht sogar ein bisschen mehr. Das traue ich ihm zu. Er kommt von den 400 Metern und hat mit Katja Herrmann eine neue Trainerin gefunden, mit der die Zusammenarbeit funktioniert. Es gibt noch Reserven, ich hoffe, dass er seine Stärken weiter ausbaut, also besonders auf den 400 und 600 Metern. Dann wird es auch eine gute 800-Meter-Leistung. Ich freue mich auch, dass Jan die nationale Konkurrenz verstärkt.

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