| Disziplin-Check 2020

LANGSTRECKE FRAUEN | Alina Reh und Domenika Mayer setzen sich an die Spitze

Abgebrochene Trainingslager, phasenweise sportlicher Stillstand, die Olympia-Absage, eine zaghafte Rückkehr ins Training, erste Wettkämpfe und dann doch noch eine Late Season mit einigen bemerkenswerten Leistungen: Die Saison 2020 im Jahr der Corona-Pandemie war eine ganz besondere, die allen Beteiligten viel abverlangt hat. Wir blicken mit den Disziplinverantwortlichen im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zurück auf die vergangenen Monate, ziehen Bilanz und wagen einen Ausblick auf die Olympia-Saison 2021. Heute: die Langstrecke der Frauen.
Nicolas Walter

Fazit des Bundestrainers

Sebastian Weiß, wie haben Sie persönlich das Corona-Jahr 2020 als Bundestrainer und Heimtrainer erlebt?

Sebastian Weiß:

Das Corona-Jahr 2020 war natürlich ein sehr außergewöhnliches. Wir konnten die Trainingslager nicht wie geplant durchführen und mussten mit großen Einschränkungen im Trainings- und Wettkampfbetrieb umgehen. Ich bin froh, dass noch eine Late Season stattgefunden hat und wir im Langstreckenbereich mit tollen Partnern auch Wettkämpfe auf der Straße durchführen konnten.

Was waren in diesem Jahr die größten Herausforderungen für Sie und die deutschen Läuferinnen?

Sebastian Weiß:

Durch den Ausfall der Saisonhöhepunkte und der sich wöchentlich ändernden Lage mussten wir die Saisonplanung sehr flexibel gestalten und spontan auf die neuen Bedingungen reagieren. Es hieß die Athletinnen in diesem Prozess mit einzubinden, bestmöglich aufzufangen und neue Ziele zu definieren. Im Lauf hatten wir das Glück, dass die Athletinnen die Kerneinheiten im Wald, auf der Straße und in Parks absolvieren konnten.

Welche Athletinnen haben sich im Jahr 2020 trotz der veränderten Rahmenbedingungen am positivsten entwickelt?

Sebastian Weiß:

Wir waren alle sehr froh, dass die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig stattfinden konnten. Dort konnten wir trotz dieser besonderen Bedingungen im Jahr 2020 tolle Leistungen erleben. Aber auch bei den Wettkämpfen auf der Straße konnten die Langstrecklerinnen sich in guter Form zeigen. Alina Reh hat sich in diesem Jahr stark präsentiert, aber auch Miriam Dattke konnte am Ende der Saison noch eine tolle Zeit beim Halbmarathon laufen, um nur zwei Athletinnen zu nennen.

Wie wollen und können Sie die Kader-Arbeit in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in den kommenden Monaten gestalten?

Sebastian Weiß:

Wir haben für die Olympischen Spiele verschiedene Strategien erarbeitet. Wenn wir interkontinental reisen können, werden wir, wie in den letzten Jahren erarbeitet, unsere Strategie der Höhenketten umsetzen. Sollte dies wegen den Corona-Beschränkungen im kommenden Jahr nicht möglich sein, werden wir Klimatrainingslager in Europa durchführen. Sollte auch dies nicht machbar sein, dann werden wir uns in Trainingslagern in Deutschland vorbereiten. Wir müssen auch 2021 flexibel bleiben und relativ spontan auf die Entwicklung der Pandemie reagieren können.

Welche Präsenz und Leistung erhoffen Sie sich in Tokio von den deutschen Läuferinnen?

Sebastian Weiß:

Ich hoffe, dass sich neben Konstanze Klosterhalfen und Alina Reh noch weitere Athletinnen für die Olympischen Spiele qualifizieren werden und wir einige gute Finalplatzierungen erreichen können. Mit Konstanze Klosterhalfen besteht eine große Chance auf eine Medaille.

Mit welchen Hoffnungen und Erwartungen blicken Sie aufs Leichtathletik-Jahr 2021?

Sebastian Weiß:

Meine Hoffnungen sind, dass wir den Trainingsbetrieb an den Stützpunkten aufrechterhalten, die geplanten Trainingslager umsetzen und sich die Athletinnen sicher und unter guten Bedingungen auf die Wettkampfhöhepunkte vorbereiten können.

Unser "Ass des Jahres"

Alina Reh (SSV Ulm 1846)

Deutsche Meisterin über 5.000 Meter
Deutschlands Jahresbeste über 5.000 Meter

Unser "Talent des Jahres"

Emma Heckel (TSV Katzwang)

Deutschlands Jahresschnellste in der U20 über 10.000 Meter und 10 Kilometer auf der Straße
Platz 3 bei der U20-DM über 3.000 Meter

Die deutschen Top Ten 2020

5.000 Meter

Zeit Name Jahrgang Verein
15:27,46 min Alina Reh 1997 SSV Ulm 1846
15:27,57 min Elena Burkard 1992 LG farbtex Nordschwarzwald
15:59,44 min Domenika Mayer 1990 LG Telis Finanz Regensburg
16:05,85 min Vera Coutellier 1995 ASV Köln
16:06,66 min Christina Hendel 1996 LG Braunschweig
16:08,46 min Melina Wolf 1992 LG Region Karlsruhe
16:14,20 min Rabea Schöneborn 1994 LG Nord Berlin
16:21,87 min Lisa Oed 1999 SSC Hanau-Rodenbach
16:34,29 min Marlene Gomez Islinger 1993 SSV Ulm 1846
16:36,28 min Josina Papenfuß 2000 SCC Berlin

10.000 Meter  

Zeit Name Jahrgang Verein
32:45,81 min Domenika Mayer 1990 LG Telis Finanz Regensburg
33:37,84 min Rabea Schöneborn 1994 LG Nord Berlin
33:39,13 min Lisa Tertsch 1998 ASC Darmstadt
34:06,44 min Anja Scherl 1986 LG Telis Finanz Regenburg
34:32,58 min Tania Moser 1990 Spiridon Frankfurt
34:39,82 min Marlene Gomez Islinger 1993 SSV Ulm 1846
35:07,82 min Emma Heckel 2002 TSV Katzwang 05
35:18,45 min Svenja Ojstersek 1994 LG Telis Finanz Regenburg
35:32,55 min Sophia Rosenberg 1996 USC Bochum
36:02,84 min Marina Rappold 1997 LG Telis Finanz Regenburg

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 5.000 Meter Frauen

Jahr

=/< 15:22,20 *

Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 1 15:46,28 16:00,00 16:14,26
2006 1 15:37,89 15:54,12 16:15,43
2007 1 15:41,28 15:56,97 16:17,77
2008 15:47,53 16:01,01 16:18,03
2009 1 15:42,14 15:54,27 16:06,52
2010 1 15:44,56 15:56,75 16:12,65
2011 15:41,28 15:48,55 16:08,65
2012 1 15:30,67 15:41,84 15:57,28
2013 15:51,42 15:59,23 16:16,07
2014 1 15:27,67 15:39,40 15:55,17
2015 15:49,61 15:55,16 16:04,17
2016 1 15:22,93 15:27,83 15:42,40
2017 3 15:06,18 15:18,57 15:40,92
2018 3 15:11,12 15:17,05 15:32,29
2019 3 14:56,87 15:15,84 15:41,30
2020 15:38,16 15:49,40 16:06,20

Das deutsche Top-Niveau: 10.000 Meter Frauen

Jahr =/< 31:50,00"
 
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 1 32:55,19 33:38,01 34:42,36
2006 2 32:26,40 33:07,45 34:05,10
2007 1 32:54,87 33:33,87 34:38,11
2008 2 32:14,08 33:30,66 34:14,36
2009 1 33:16,79 33:56,87 34:39,24
2010 1 32:26,46 32:59,41 33:50,21
2011 1 33:13,69 33:39,46 34:22,10
2012 1 32:46,51 33:11,11 33:48,92
2013 32:23,66 33:04,59 33:57,62
2014 3 32:39,68 33:06,70 33:58,74
2015 33:38,45 33:57,55 34:36,65
2016 33:36,05 34:02,73 34:29,71
2017 33:30,19 33:50,66 34:18,65
2018 32:24,56 32:30,50 33:00,29
2019 1 32:28,20 32:57,50 33:27,40
2020 33:20,93 33:44,36 34:32,33

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen 5.000 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 15:09,39 (Mockenhaupt) 14:40,71 (Pavey/GBR) 28,28 14:28,98 (Defar/ETH) 40,41
2006 15:11,38 (Mockenhaupt) 14:39,96 (Pavey/GBR) 31,42 14:24,53 (Defar/ETH) 46,85
2007 15:10,32 (Mockenhaupt) 14:56,39 (Augusto /POR) 13,93 14:16,63 (Defar/ETH) 53,69
2008 15:27,08 (Mockenhaupt) 14:23,75 (Shobukhova/RUS) 1:03,33 14:11,15 (T. Dibaba/ETH) 1:15,93
2009 14:59,88 (Mockenhaupt) 14:42,06 (Konovalova/RUS) 17,82 14:33,65 (T. Dibaba/ETH) 26,23
2010 15:06,93 (Mockenhaupt) 14:31,52 (Abeylegesse/TUR) 35,41 14:27,41 (Cheruiyot/KEN) 39,52
2011 15:24,30 (Mockenhaupt) 14:46,30 (Checa/ESP) 38,00 14:20,87 (Cheruiyot/KEN) 1:03,43
2012 15:16,89 (Mockenhaupt) 15:02,00 (J. Bleasdale/GBR) 14,89 14:35,62 (Cheruiyot/KEN) 41,27
2013 15:32,73 (Mockenhaupt) 15:04,36 (Kuijken/NED) 28,37 14:23,68 (T. Dibaba/ETH) 1:09,05
2014 15:18,53 (Mockenhaupt) 14:59,23 (Hassan/NED) 19,30 14:28,88 (G. Dibaba/ETH) 39,65
2015 15:35,75 (Mockenhaupt) 15:07,38 (Kuijken/NED) 28,37 14:14,32 (Ayana/ETH) 1:21,43
2016 15:16,98 (Klosterhalfen) 14:37,61 (Can/TUR) 39,37 14:12,59 (Ayana/ETH) 1:04,39
2017 14:51,38 (Klosterhalfen) 14:36,82 (Can/TUR) 14,56 14:18,37 (Obiri/KEN) 31,01
2018 15:03,73 (Klosterhalfen) 14:22,34 (Hassan/NED) 41,39 14:21,75 (Obiri/KEN) 41,98
2019 14:26,76 (Klosterhalfen) 14:22,12 (Hassan/NED) 4,64 14:20,36 (Obiri/KEN) 6,40
2020 15:27,46 (Reh) 14:35:44 (Weightman/GBR) 52,02 14:06,62 (Gidey/ETH) 1:20,84

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen 10.000 Meter

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 31:21,28 (Mockenhaupt) 30:33,75 (Bomogolova/RUS) 47,53 30:15,67 (T. Dibaba/ETH) 1:05,62
2006 31:40,28 (Mockenhaupt) 30:21,67 (Abeylegesse/TUR) 1:18,61 30:21,67 (Abeylegesse/TUR) 1:18,61
2007 31:56,09 (Mockenhaupt) 31:22,80 (De Vos/BEL) 33,29 31:00,27 (Tufa/ETH) 55,82
2008 31:14,21 (Mockenhaupt) 29:56,34 (Abeylegesse/TUR) 1:17,87 29:54,66 (T. Dibaba/ETH) 1:19,55
2009 31:27,56 (Mockenhaupt) 30:29,36 (Shobukuhova/RUS) 58,20 29:53,80 (Melkamu/ETH) 1:33,76
2010 31:23,86 (Mockenhaupt) 31:10,23 (Abeylegesse/TUR) 13,63 31:04,52 (Melkamu/ETH) 19,34
2011 31:44,52 (Mockenhaupt) 31:33,42 (Felix/POL) 11,10 30:38,35 (Jepkosgei Kipyego/KEN) 1:06,17
2012 31:36,76 (Mockenhaupt) 30:53,20 (Pavey/GBR) 43,56 30:20,75 (T. Dibaba) 1:16,01
2013 32:13,64 (Mockenhaupt) 31:43,51 (Jarzynska/POL) 30,13 30:08,06 (Defar/ETH) 2:05,58
2014 32:27,75 (Harrer) 31:42,02 (Bleasdale/GBR) 45,73 30:42,26 (Kipyego/KEN) 1:45,49
2015 33:30,30 (Soethout) 31:12,93 (Moreira/POR) 2:17,37 30:49,68 (Burka/ETH) 2:40,62
2016 32:40,80 (Mockenhaupt) 30:26,41 (Can/TUR) 2:14,39 29:17,45 (Ayana/ETH) 3:23,35
2017 32:46,27 (Mockenhaupt) 31:13,06 (Bahta/SWE) 1:33,11 30:16,32 (Ayana/ETH) 2:39,95
2018 32:17,17 (Reh) 31:33,03 (Salpeter/ISR) 44,14 30:41,85 (Kaveke/KEN) 1:35,32
2019 31:19,87 (Reh) 30:17,62 (Hassan/NED) 1:02,25 30:17,62 (Hassan/NED) 1:02,25
2020 32:45,81 (Mayer) 29:36,67 (Hassan/NED) 3:09,14 29:36,67 (Hassan/NED) 3:09,14

Das fällt auf:

  • Gerade auf den Langstrecken waren die hochkarätigen Wettkampf-Gelegenheiten für die DLV-Asse in diesem Jahr rar. Die Möglichkeit für einen internationalen Vergleich gab es so gut wie nicht.
  • Über 5.000 Meter fehlte in diesem Jahr verletzt die WM-Dritte Konstanze Klosterhalfen, was sich im Schnitt der Top-Zeiten deutlich bemerkbar machte.
  • Alina Reh ist zum ersten Mal die Jahresbeste über 5.000 Meter. Zuvor war sie dies 2018 und 2019 über 10.000 Meter – auf dieser Strecke startete sie 2020 nicht.
  • Drei DLV-Läuferinnen blieben daneben noch über 5.000 Meter unter 16 Minuten.
  • Eine gute Entwicklung hat die Regensburgerin Domenika Mayer hingelegt, die sich in einem Mixed Rennen über 10.000 Meter auf 32:45,81 Minuten steigerte und damit die nationale Rangliste anführt.
  • In der Jugend rannten neue Athletinnen ins Rampenlicht. So machte über 10.000 Meter und 10 Kilometer auf der Straße Emma Heckel (TSV Katzwang) auf sich aufmerksam, über 5.000 Meter rannte Svenja Clemens (LG Odenwald) mit einer Steigerung von mehr als einer halben Sekunde in 16:46,42 Minuten auf Platz eins der deutschen U20-Bestenliste.
  • Der Abstand zur europäischen Spitze und Weltspitze ist sowohl über 5.000 als auch 10.000 Meter deutlich gestiegen. Grund dafür sind auch starke Zeiten der internationalen Top-Läuferinnen: Letesenbet Gidey (Äthiopien) rannte über 5.000 Meter zum Weltrekord, Sifan Hassan (Niederlande) über 10.000 Meter zum Europarekord.

leichtathletik.TV-Clips:

3.000/5.000 Meter

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Mittelstrecke Frauen
Mittelstrecke Männer

* als Referenzwert dienen die WM-Normen des Jahres 2017

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