| Interview

Barbara Gähling: "Ich glaube, dass noch mehr geht"

Porträt von Masters-Athletin Barbara Gähling im Vereinstrikot mit Urkunde und Blumen in der Hand © Dirk Gantenberg
Masters-Athletin Barbara Gähling (W60, LT DSHS Köln) hat in diesem Jahr W60-Weltrekorde im Hochsprung (1,54 m), über 300m Hürden (47,79 sec) und im Siebenkampf (6.826 pt) aufgestellt. Im Siebenkampf verbesserte sie die alte Rekordmarke gar um 557 Punkte. Im Interview blickt sie zurück und voraus.
Alfred Hermes

Barbara Gähling, mit 6.826 Punkten im Siebenkampf haben Sie am Pfingstwochenende die bisherige Weltrekordmarke um sage und schreibe 557 Punkte getoppt. Waren die Bedingungen bei dem Wettkampf in Limburgerhof also wie gemacht dafür?

Barbara Gähling:
Die Wetterbedingungen waren teilweise schwierig, da gingen Windböen ohne Ende. Das ein oder andere Mal fiel beim Hochsprung die Latte – auch ohne Berührung. Bereits am Sonntag, dem ersten Wettkampftag, war es sportlich mit Regenschauern und Regengüssen und allem Möglichen. Aber am Ende war alles gut gelungen und irgendwie hat es trotzdem gereicht.

In den sozialen Medien loben Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine gute Stimmung und Organisation beim Siebenkampf an den beiden Pfingsttagen.

Barbara Gähling:
Ja, das war total klasse. Für zwei andere Seniorinnen und mich wurde eine eigene Hürdenbahn aufgebaut. Das heißt, wir sind die Hürden extra gelaufen und danach ins Hauptfeld gerutscht. Und das war total nett und spannend, mal wieder so im Hauptfeld mit jungen Athleten gemeinsam um die Punkte zu kämpfen. 

1,48 Meter im Hochsprung ergeben 1.145 Punkte, 13,51 Sekunden über 80 Meter Hürden ergeben 1.093 Punkte und 12,40 Meter im Kugelstoß ergeben 981 Punkte. Sind diese Punktebringer im Siebenkampf zugleich Ihre Lieblingsdisziplinen?

Barbara Gähling:
Alle Disziplinen außer 800 Meter sind meine Lieblingsdisziplinen. Ich liebe Techniken, trainiere sie aber leider viel zu selten. In der Woche vor dem Mehrkampf habe ich alles einmal ausprobiert. Im Hochsprung hatte ich schon Wettkampferfahrung, allerdings ist mein Anlauf eine Katastrophe. Den Weitsprung hätte ich deutlich öfter trainieren müssen. Der Anlauf war viel zu kurz, ich stand zehn bis 15 Meter vor den anderen Sportlerinnen. Das habe ich aber erst dort im Wettkampf gemerkt und konnte es natürlich so kurzfristig nicht verändern. Da ich dann auch meist ohne Trainer unterwegs bin, war es total nett, dass mir verschiedene Betreuer wertvolle Tipps gegeben haben.

Am 25. Mai haben Sie in Solingen den W60-Weltrekord über 300 Meter Hürden über die 0,68er-Hürden um nahezu eine Sekunde verbessert, diesen beim Christi Himmelfahrt-Sportfest in Köln nochmal um weitere elf Hundertstel unterboten. Ist in der W60 das Ende der Fahnenstange bereits erreicht?

Barbara Gähling:
Ich glaube, dass da leistungstechnisch noch mehr geht. Ich war lange verletzt und bin es eigentlich immer noch. Vor einem Jahr wurde ich von einem Auto angefahren und habe leider immer noch Knieprobleme, die mich im Training und Wettkampf auch weiterhin deutlich einschränken. Noch passt der Rhythmus über die Hürden nicht. Daran sollte ich noch arbeiten.

Auch im Hochsprung haben Sie den vorherigen Weltrekord mittlerweile um sechs Zentimeter überboten. Gehen Ihnen die gleichwertigen Gegnerinnen aus?

Barbara Gähling:
Mitkonkurrentinnen brauche ich nicht unbedingt. Meist reicht schon ein guter Wettkampf bei schönem Wetter, nette Teamkollegen und -kolleginnen – und gute Laune. 

Erfolgreiche Weltrekordjagden in Sonsbeck, Solingen, Köln und Limburgerhof – am Ende auch das Ergebnis eines ausgeklügelten Tourplanes, oder? 

Barbara Gähling:
Da standen wenig Überlegungen dahinter. Ich wollte im Mai bei hoffentlich gutem Wetter vier Wettkämpfe machen. Im Juni und Juli bin ich ziemlich ausgebucht mit Terminen und Schule. Daher habe ich da nichts mehr geplant. In den Sommerferien mache ich Urlaub mit Freunden. Vielleicht ergibt sich zur Masters-DM (22. bis 24. August in Gotha; Anm. d. Red.) noch einmal die Möglichkeit für einen Wettkampf. Zur EM in Madeira fahre ich nicht. Zu dieser Zeit fahre ich mit der Familie in Urlaub. Familie und Freunde haben meist Vorrang vor dem Sport.

Inwiefern unterscheidet sich Ihr momentanes Training von dem früherer Tage, sagen wir von der der 40-jährigen Barbara Gähling?

Barbara Gähling:
Ich habe mich seit einiger Zeit zwei neuen Trainingsgruppen unseres Vereins angeschlossen. Mit der einen Trainingsgruppe – ausschließlich Springerinnen im Alter von 20 bis 25 Jahren – war ich im Trainingslager. Eine tolle Gruppe, gesellig, spielfreudig… tolerant gegenüber dem Alter. In der anderen Trainingsgruppe gibt es einige 400 Meter-Läuferinnen und Läufer – genauso jung und nett –, mit denen ich Tempoläufe machen kann, vor denen ich mich ansonsten alleine gerne drücke. Einige Inhalte kann ich aufgrund der Knieprobleme nicht trainieren, was aber nicht so bedeutend ist. Wichtig ist, dass ich mit diesen jungen Menschen am Zahn der Zeit bleibe. Da kann ich beiden Trainingsgruppen nur sehr, sehr dankbar sein.

Sie sind als Lehrerin vor allem in der Zeit vor den Ferien sicherlich stark gefordert. Wie bringen Sie Beruf und Sport in Einklang?

Barbara Gähling:
Ich habe erst mal wieder mit Wettkämpfen aufgehört und bringe das Schuljahr zu Ende, denn das wird am Schuljahresende gewöhnlich sehr stressig. Meinen Sport und mein Training führe ich natürlich neben dem anspruchsvollen Schulalltag weiter. Genau dafür brauche ich meinen Sport; um den Kopf freizuhalten. 

Haben Sie Nahziele für diesen Sommer?

Barbara Gähling:
Mein wichtigstes Ziel ist es, erst einmal mein Knie weiter funktionstüchtig zu machen – und auch insgesamt fit und gesund zu bleiben.

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