In 27:55,35 Minuten lief Arne Gabius nicht nur die zwölftbeste 10.000-Meter-Zeit eines Deutschen, sondern unterbot auch locker die EM-Norm. Ob der 33-Jährige Tübinger bei der EM in Zürich diese Strecke oder doch lieber die 5.000 Meter in Angriff nehmen wird, will er sich möglichst lange offen halten. Eins steht aber fest: Der 5.000-Meter-EM-Zweite fühlt sich so stark wie nie.
Arne Gabius, Sie sind am 4. Mai im US-amerikanischen Stanford mit 27:55,35 Minuten eine glänzende Zeit über 10.000 Meter gelaufen. Welche Erkenntnisse haben Sie von diesem Saisonstart mitgebracht?
Arne Gabius:
Natürlich ist die Zeit sehr gut. Ich habe aber das Gefühl, ich könnte noch 15 Sekunden schneller laufen.
Viele Stars kommen Jahr für Jahr nach Stanford. Was ist denn das Besondere an diesem Meeting?
Arne Gabius:
Ich hatte den Eindruck, halb Europa ist bei diesem Meeting gelaufen. Es waren Hammerfelder am Start, die man in Europa nicht bekommt. Alle kommen, um schnelle Zeiten zu rennen. Es gibt keine Antrittsprämien. Wie alle anderen habe ich 25 Dollar Startgebühr bezahlt. Das zeigt, wie beliebt diese Veranstaltung ist. In Stanford gab es übrigens 218 persönliche Bestleistungen in diesem Jahr.
Über 10.000 Meter gibt es ja nicht allzu viele Startgelegenheiten. Ist dies ein Problem?
Arne Gabius:
Ich sehe die 10.000 Meter fast vom Aussterben bedroht. Neben Stanford gibt es noch ein Rennen in Japan und eins Ende Mai in Eugene. Das sind zu wenig Angebote.
Wie lief das Rennen für Sie persönlich?
Arne Gabius:
Wir hatten keinen Tempomacher und so bin ich einfach im Feld mitgelaufen. Die 3.000 Meter habe ich bei 8:30 Minuten passiert, die 5.000 Meter in knapp über 14 Minuten. Dann habe ich ungeschickterweise angefangen nachzudenken. Dadurch habe ich den Kontakt zur Spitzengruppe verloren und musste neun Runden alleine laufen.
Dann stellt sich jetzt die Frage: Läuft Arne Gabius bei der EM in Zürich im August 5.000 oder 10.000 Meter?
Arne Gabius:
Natürlich möchte ich in Zürich meinen Erfolg von Helsinki verteidigen, also eine Medaille gewinnen. Damit ich niemandem einen Startplatz wegnehme, würde ich die Entscheidung am liebsten erst kurz vor der EM treffen. Auf welcher Distanz die Chancen größer sind, werde ich nach dem 5.000-Meter-Rennen am 11. Juni in Oslo sehen.
Wie sah Ihre Vorbereitung auf die EM-Saison aus?
Arne Gabius:
Ich bin seit Oktober im Vorbereitungstraining und gleich nach dem Silvesterlauf in Bietigheim ins erste Trainingslager nach Kenia geflogen. Leider hat das Timing für das Hallenrennen in Karlsruhe nicht gepasst. Nach dem einzigen Hallenstart habe ich mit dem spezifischen Halbmarathon-Training in Stuttgart begonnen. Nach dem erfolgreichen Halbmarathon-Debüt in New York Mitte März bin ich für eine Woche nach St. Moritz zum Ausgleichstraining auf Langlauf-Ski gefahren. Schließlich war ich noch einmal für drei Wochen in Kenia.
Was ist für Sie der Reiz an Kenia?
Arne Gabius:
Die Zeit in Kenia habe ich diesmal entspannter erlebt. Ich bin einmal die Woche von Iten nach Eldoret in die Stadt gefahren und habe die Zeit genossen. Dort hatte ich immer wieder auch Kontakt zu Mo Farah und seinem Trainer Alberto Salazar.
Wie sehen Ihre weiteren Planungen aus? Sie sind immerhin schon 33 Jahre alt ...
Arne Gabius:
... „age is just a number“ – das Alter ist nur eine Zahl – habe ich von Bernard Lagat gelernt, und der ist gerade mit 39 einen neuen US-amerikanischen Fünf-Kilometer-Rekord auf der Straße (13:19 min, d. Red.) gelaufen. Ich habe mich noch nie so gut gefühlt wie jetzt in Kenia. Meine Leistungskurve geht weiter nach oben. Interessant ist nur das Wettkampfergebnis, nicht das Alter.
Sind Leistungssteigerungen jenseits der 30 üblich?
Arne Gabius:
Sehen Sie: Dieter Baumann ist seine deutschen Rekorde über 3.000, 5.000 und 10.000 Meter mit 32 und 33 Jahren gelaufen. Hier zahlt sich ein jahrelanger Trainingsaufbau mit vielen Laufkilometern einfach aus. Ich hatte zudem bislang lediglich eine einzige Verletzung, einen Muskelfaserriss 2013. Nach der Rückkehr aus Kenia habe ich auf der Bahn mit 15-mal 1.000 Meter in 2:43 Minuten mit zwei Minuten Pause eine der besten Trainingseinheit meiner ganzen Karriere gemacht.
Ein Karriereende ist also nicht in Sicht?
Arne Gabius:
Das ist derzeit ganz weit weg. Momentan passiert so viel in meinem Leben. Ich bin finanziell dank Nike und meinem Verein LAV Stadtwerke Tübingen gut aufgestellt. Ich erlebe dies alles sehr bewusst und genieße es auch. Nachdem ich mein Medizinstudium abgeschlossen habe, muss ich mir keine Sorgen um meine Zukunft machen. Ärzte braucht man immer, auch später noch.
Wie sieht die Saisonplanung von Arne Gabius aus?
Arne Gabius:
Am kommenden Sonntag starte ich in Pliezhausen über 3.000 Meter mit dem Ziel, den 20 Jahre alten Meetingrekord des Kenianers Thomas Lotik von 7:49,50 Minuten zu brechen. Danach folgen die Team-DM in Braunschweig, bei der ich 1.500 und 5.000 Meter für meinen Verein laufen werde. Nach einem weiteren 1.500-Meter-Rennen folgen Oslo und die Team-EM in Braunschweig mit einem 5.000-Meter-Rennen. Zur EM-Vorbereitung werde ich nochmals nach St. Moritz in die Höhe fahren.
Was haben Sie sich für die Deutschen Meisterschaften in Ulm vorgenommen?
Arne Gabius:
Im Ulmer Donaustadion möchte ich meinen achten DM-Titel hintereinander holen und so mit Harald Norpoth als Serien-Rekordhalter über 5.000 Meter gleichziehen.
<link>Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift