| Nach Verletzung

Arthur Abele will noch stärker zurückkommen

Bewundernswert, wie Arthur Abele mit dem erneuten Rückschlag umgeht: Der Zehnkämpfer will ihn in neue Stärke drehen. Im April hatte er sich überraschend die Achillessehne gerissen – kurz bevor es mit der Form seines Lebens in den WM-Sommer gehen sollte. Im Regenerieren ist der 29-Jährige nach fünf Verletzungsjahren mittlerweile Profi: der Hallen-EM-Zweite ist dem gewöhnlichen postoperativen Heilungsprozess um fast drei Monate voraus. Die Olympia-Vorbereitung kann starten.
Pamela Ruprecht

Arthur Abele am vorläufigen Gipfel seiner Träume: Mit einem Bomben-Siebenkampf – nur elf Punkte unter dem deutschen Rekord von Frank Busemann – gewinnt er im März diesen Jahres die Silbermedaille bei der Hallen-EM in Prag (Tschechien). Anschließend hat der Ulmer nach einem Camp in Südafrika herausragende Trainingswerte. „Rein leistungstechnisch habe ich mich im Vergleich zu Zürich nochmal extrem weiterentwickelt“, blickt der EM-Fünfte zurück. Seine Leistung damals: 8.477 Punkte, nur 21 Zähler vom Bronzeplatz entfernt. In der WM-Saison hatte er Großes vor.

Doch dann kam der 21. April: „Wir haben Hochsprung trainiert, alles war ganz normal, nichts hat sich angekündigt“, erinnert sich Arthur Abele an die Einheit. Es war der neunte Scherensprung über 1,80 Meter, der vorletzte Schritt, bei dem es an seinem linken Sprunggelenk leise „Flop“ machte, ohne sonst üblichen lauten Knall. Die Verbindung zwischen Wade und Ferse hatte sich gelöst, musste der Mehrkämpfer nach einem Not-Vorwärtssalto auf der Matte feststellen. Achillessehnenriss. Aus der Traum von 8.500 Punkten und mehr.

Im Heilungsprozess voraus

Viereinhalb Wochen später wollte er eigentlich in Götzis (Österreich) die WM-Qualifikation für Peking (China) klarmachen, viereinhalb Stunden später wurde er nun im Ulmer Krankenhaus operiert, um auf dem Weg zurück Zeit zu sparen. Viel Zeit, um über den kuriosen Vorfall nachzudenken, blieb da nicht. „In dem Moment war natürlich eine riesen Enttäuschung da, wenn man so hart trainiert hat und voller Vorfreude auf die Wettkämpfe ist.“

Die schwere Verletzung, ein weiterer Rückschlag im Sportlerleben von Arthur Abele. Es ist nach seinen ersten und bisher einzigen Olympischen Spielen 2008 bis zum Jahr 2013 ohnehin durch eine Aneinanderreihung von Verletzungsproblemen gekennzeichnet. Diese Historie scheint nicht abzureißen, aber: Im Wiederfitwerden, bei dem ihn ein kompetentes Team unterstützt, ist er Profi geworden.

„Meiner Sehne geht es sensationell, der Heilungsprozess war erschreckend gut.“ Die Prognose des operierenden Professors hieß, Ende des Jahres könne der Patient mit leichtem Joggen anfangen. Der Athlet läuft schon seit Anfang August wieder. „Die Ärzte meinen, dass ich im Verletzungsverlauf und in der regenerativen Geschichte zwei bis drei Monate voraus bin.“ Gegenüber einem konventionellen Heilungsprozess.

Positive Überraschung

Diesmal eine sehr positive Überraschung. Das bedeutet, Arthur Abele kann im Herbst – mit Einschränkungen - fast wie die anderen Athleten in die Olympia-Vorbereitung einsteigen. Und es wird höchste Zeit. Seine Vorfreude ist enorm, die Motivation ungebrochen. „Ich habe versprochen, dass ich stärker zurückkommen werde, als ich gegangen bin.“ Den Winter mit Vorsicht ohne Hallensaison durchtrainieren und je nach Fortschritt eventuell Wettkämpfe in einzelnen Disziplinen bestreiten, lautet die Marschroute für die kommenden Monate.

Großer Vorteil: die Verletzung traf den linken Fuß, nicht sein Sprungbein. Die Sprungdisziplinen - besonders der Weitsprung - gehören zu Arthur Abeles Stärken. Sprungkraft und Mobilität des wichtigen rechten Fußgelenks wurden also nicht in Mitleidenschaft gezogen. An eine Beeinträchtigung glaubt er nach der vollständigen Regeneration deshalb nicht. Im Gegenteil: Er brennt umso mehr darauf beweisen zu können, was er drauf hat.

Kein glückliches Jahr für Ulm

Etwas, was er mit seiner kompletten Trainingsgruppe gemeinsam hat. Die Mehrkampf-Schützlinge von Christopher Hallmann hatten das Glück diesen Sommer nicht gerade auf ihrer Seite. „Das war irgendwie ein Seuchenjahr bei uns“, sagt  Arthur Abele. „Das war Pech auf ganzer Linie, das hatten wir uns anders vorgestellt.“ Der Leitwolf machte in Sachen Verletzung den Anfang und seine Trainingskollegen folgten ihm.

Mathias Brugger traf es in Götzis (beim Thorpe-Cup konnte er im August aber zum ersten Mal die 8.000 Punkte übertreffen). Tim Nowak bremsten bei der U23-EM in Tallinn (Estland) nach drei Ungültigen im Diskuswurf eine Beugerprobleme aus. Und ebenfalls mit Medaillenchancen musste Manuel Eitel bei der U20-EM seinen Start wegen Problemen im Wurf-Arm zurückziehen. Doch nach einem schlechten komme ein gutes Jahr. „Dann werden die Ulmer auch wieder von sich hören lassen“, ist sich Arthur Abele sicher.

Olympia vor Augen

Disziplinkollege Rico Freimuth (SV Halle) hatte bei den Weltmeisterschaften in Peking indessen seinen Karriere-Höhepunkt. Vor dem Fernseher verfolgte Arthur Abele die zwei Zehnkampf-Tage natürlich mit. Statt Wehmut, nicht dabei zu sein, überwog die Begeisterung über die deutsche Bronzemedaille. „Das hat mich für Rico riesig gefreut, dass er endlich zeigen konnte, was in ihm steckt.“ Mit einer Punktzahl (8.561) die sich der blonde Ulmer auch zugetraut hatte – bis die Sehne riss.

In der Zwischenzeit kämpfte sich Arthur Abele zurück, trainierte viel und hart alternativ im Wasser, um Substanz zu erhalten. Das Kraftpaket hatte nach dem Eingriff an der Wade des operierten Fußes im Vergleich zum gesunden Bein am absoluten Tiefpunkt zwölf Zentimeter an Umfang eingebüßt. Dieser ist mittlerweile auf zwei Zentimeter geschrumpft. Die Muskelmasse wächst und damit auch der Traum von Olympia.

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