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Christina Honsel: Aufgeben gilt nicht

2015 war Christina Honsel (LG Olympia Dortmund) schon einmal Deutsche Jugendmeisterin im Hochsprung. Doch danach begann für die heute 21-Jährige eine lange Leidenszeit. Nach einer Steigerung auf 1,90 Meter in diesem Winter und der Bronzemedaille bei den Deutschen Hallenmeisterschaften hofft sie nun wieder auf bessere Zeiten. Bei der Hallen-DM half ihr ein Trick, sich auf den Punkt zu fokussieren.
Philip Häfner

Es war wirklich nicht unhöflich gemeint, dass Christina Honsel ihren Konkurrentinnen bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig den Rücken zukehrte. Stattdessen wollte sich die Hochspringerin einfach nur von nichts und niemandem ablenken lassen. Vor dem Wettkampf war die Sportlerin der LG Olympia Dortmund doch ziemlich aufgeregt, weil sie kurz zuvor in Weinheim 1,88 Meter gesprungen war und diese Leistung in Leipzig nun unbedingt bestätigen wollte.

Auf einmal war der Druck da. Doch der kleine Trick half ihr, fokussiert zu bleiben. Bei den nationalen Titelkämpfen übersprang Honsel im Februar zum ersten Mal 1,90 Meter, und das gleich im ersten Versuch. Damit gewann sie hinter Imke Onnen (Hannover 96; 1,96 m) und Marie-Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart; 1,90 m) die Bronzemedaille. An der Hallen-EM-Norm von 1,92 Metern scheiterte Honsel zwar knapp, trotzdem überwog am Ende des Tages die Freude.

Steigerung um neun Zentimeter

Um neun Zentimeter hat sich die 21-Jährige in diesem Winter verbessert, zuvor hatte ihre Bestmarke noch bei 1,81 Metern gelegen. Dann steigerte sie sich gleich zum Saisonauftakt in Clarholz zunächst um einen Zentimeter, ehe in Weinheim der Sprung auf 1,88 Meter erfolgte und sie in Leipzig noch weitere zwei Zentimeter draufpackte.

Der Grund für den Leistungssprung: „Ich bin endlich einmal verletzungsfrei durch den Winter gekommen“, sagt Christina Honsel. „Seit Oktober habe ich ohne größere Einschränkungen durchtrainieren und Form aufbauen können.“ Das war zuletzt nur selten der Fall gewesen. Tatsächlich war die vergangene Hallensaison für Honsel sogar die erste seit 2016 überhaupt. Zuvor war sie immer wieder von Verletzungen ausgebremst worden.

Nach dem Titel begann die Leidenszeit

Im Alter von sechs Jahren war sie zur Leichtathletik gekommen, als Zwölfjährige hatte sie sich im Rahmen eines Vierkampfes das erste Mal im Hochsprung versucht. Schon bald kristallisierten sich die Sprungdisziplinen – zunächst betrieb sie neben dem Hochsprung auch noch Weitsprung – als ihre große Stärke heraus. 2015 wurde sie als 18-Jährige überraschend Deutsche Jugendmeisterin in der U20, obwohl sie im Vorfeld in der Meldeliste nicht einmal in den Top Ten auftauchte. Schon damals stellte sie die Fähigkeit unter Beweis, im Wettkampf über sich hinauszuwachsen.

Dann aber begann eine lange Leidenszeit. Aufgrund eines Ermüdungsbruchs im Sprungfuß konnte sie ihren Titel 2016 nicht verteidigen. Immer wieder traten nun Fußprobleme auf. Die Hallensaison 2017 musste sie auslassen und anschließend auch die Sommersaison vorzeitig beenden, weil beim Springen regelmäßig der Knöchel im Sprungfuß anschwoll. Zunächst glaubte sie noch, dass sich das Problem nach einer längeren Auszeit von selbst legt, doch im Januar 2018 musste sie schließlich doch operiert werden. Erneut verpasste sie die Hallensaison. Erst im vergangenen Sommer gelang das Comeback, unter anderem mit der Silbermedaille bei den Deutschen U23-Meisterschaften in Heilbronn.

Hochsprung als tägliche Inspiration

Trotzdem dachte sie nie ernsthaft daran, die Spikes beiseite zu legen, auch wenn sie ohne den Leistungssport wohl um eine Operation herumgekommen wäre. Doch die Leidenschaft für die Leichtathletik war einfach zu groß. „Hochsprung gibt mir täglich neue Inspiration. Er treibt mich immer wieder zu Höchstleistungen an. Er lässt mich Niederlagen verschmerzen und von neuen Triumphen träumen. So hat er mich zu der Sportlerin gemacht, die ich heute bin“, sagt Christina Honsel.

Aufgeben kam für sie nicht in Frage. Mit ihrem Durchhaltewillen ist die Springerin ein echter #TrueAthlete. Hinfallen und immer wieder aufstehen: Das ist es, was so viele Leichtathleten im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) vereint und zugleich auszeichnet. Honsel kann sich mit der Initiative des DLV, die seit 2018 die Protagonisten und zentralen Werten der Leichtathletik in den Mittelpunkt rückt, zu 100 Prozent identifizieren. Sie sagt: „Auf jeden Fall, das passt absolut zu meiner Geschichte.“

Experimente im Anlauf

Mit der Trainingsgruppe von Brigitte Kurschilgen weilt Christina Honsel derzeit in Südafrika. Während ihre Trainingskollegen wie Falk Wendrich (LAZ Soest) noch etwas länger am Kap bleiben, fliegt sie am Dienstag aber schon zurück, weil zu Hause in Dortmund noch eine Klausur ansteht. Honsel studiert Wirtschaftswissenschaften im siebten Semester, Ende des Jahres will sie das Studium abgeschlossen haben.

In Südafrika arbeitete sie unter anderem daran, ihre Sprungtechnik zu verbessern, bei der sie selbst noch den größten Nachholbedarf sieht. Auch bei ihrem Anlauf hat sie zuletzt viel herumprobiert. Lief sie früher von Anfang an sehr schnell an, ist daraus jetzt eher ein ruhiger Steigerungslauf geworden.

Parallelen zu ihrer Karriere sind dabei durchaus erkennbar. Im Sommer will Honsel jedenfalls die 1,90 Meter aus der Halle bestätigen. Ziel ist die Teilnahme an den U23-Europameisterschaften in Gävle (Schweden; 11. bis 14. Juli) und dort dann der Einzug ins Finale. „Ich bin bislang noch nie international gestartet, deshalb wäre das etwas ganz Besonderes“, sagt sie. Aber wie sie ihre Aufregung in den Griff bekommt, das weiß sie ja jetzt.

Im Video:

<link video:19736>Christina Honsel springt im ersten Versuch über 1,90 Meter

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