| EM 2014

DLV-Athleten in den Vorrunden - Männer Tag 2

Von Disziplin zu Disziplin: Hier erfahren Sie, wie sich die deutschen Männer am zweiten Tag der Europameisterschaften in Zürich in den Vorrunden geschlagen haben.
sim / jhr / fc
100 Meter Halbfinale

Lucas Jakubczyk erfüllt sich Finaltraum

Der Mann ist zur Stelle, wenn es um internationale Lorbeeren geht. Lucas Jakubczyk (SCC Berlin) hat schon mehrfach Killerinstinkt gezeigt und packte ihn auch im EM-Halbfinale wieder aus. Nach starkem Finish warf er sich auch noch an dem etwas austrudelnden Dwain Chambers (Großbritannien; 10,25 sec) vorbei zum Sieg (10,23 sec). Der Deutsche Vizemeister ist damit der erste DLV-Sprinter im 100-Meter-Finale seit acht Jahren.

Julian Reus machte ein besseres Rennen als im Vorlauf. Nach einem guten Start preschte der deutsche Rekordler vorne weg. Auf den letzten Metern musste der Wattenscheider aber Federn lassen und drei Konkurrenten zogen vorbei. 10,35 Sekunden reichten nicht fürs Finale. Mit einer ähnlichen Zeit (10,37 sec) erfüllte der Wolfsburger Sven Knipphals als Fünfter seines Laufes die Erwartungen.

Der Brite James Dasaolu machte den stärksten Eindruck (10,04 sec), indem er in seinem Lauf Titelverteidiger Christophe Lemaitre (Frankreich; 10,10 sec) davonlief.

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Lucas Jakubczyk (SCC Berlin):

Ich wusste, was ich drauf habe. Dieses Mal wollte ich den alten Mann [Anm. d. Red.: Brite Dwain Chambers] nicht vorlassen. Man sieht ja, was links und rechts passiert, da habe ich auf den letzten 20 Metern noch mal Gas gegeben. Das war ein guter, runder Lauf!

Julian Reus (TV Wattenscheid 01):

Es war einfach schlecht. Mehr braucht man da nicht zu sagen. Ich will nicht den Kopf in den Sand stecken. Aber da war wahrscheinlich jeder einzelne Schritt schlecht. Man rennt 10,05 Sekunden und jeder denkt: Der läuft sofort im nächsten Rennen unter zehn Sekunden. So ist das halt mal nicht im Sport. Es gibt Höhen und Tiefen. Vor zwei Wochen bekam ich das höchste Hoch, was ich hatte, jetzt das tiefste Tief, was ich hatte. Man darf nicht drei Zehntel, zwei Zehntel, eine Zehntel langsamer laufen und so seiner normalen Leistung hinterherhängen. Morgen ist ein neuer Tag. Wahrscheinlich ist der nicht so schön wie der vorgestern, aber das Leben geht weiter. Daran werde ich nicht zerbrechen. Ich werde mich ins Bett legen und versuchen zu schlafen. pm

Sven Knipphals (VfL Wolfsburg):

Ich habe mich gut gefühlt und das umgesetzt, was ich mir vorgenommen hatte. Im Halbfinale um den Finaleinzug zu kämpfen ist das, worauf man jahrelang hintrainiert! Ich bin das Rennen risikoreich angegangen, wollte schnell reagieren, war aggressiv, das hat für meine Verhältnisse gut geklappt. Hinter vier Leuten einzukommen, die schon unter zehn Sekunden gelaufen sind, ist in Ordnung. Mir fehlt eben noch die eine Zehntel. Die 10,37 ist keine dolle Zeit, aber auch die anderen sind ja nicht so schnell gelaufen, 10,30 haben fürs Finale gereicht.

400 Meter Halbfinale

Kamghe Gaba wirft sich ins Finale

Das war ein Meisterstück! Taktisch und kämpferisch. Kamghe Gaba hat sein eigenes Rennen durchgezogen und seine ganze Erfahrung ausgespielt. Dazu war die Chance auf der Zielgeraden zum Greifen nah, sich nach Rückschlägen in den vergangenen Jahren einen Platz im EM-Finale zu sichern. Das weckte nach einem klugen Rennen auf den letzten Metern zusätzliche Kräfte und der Münchener schob sich auf den letzten Metern noch auf Rang zwei (46,01 sec) und damit direkt ins Finale am Freitag (15. August; 18:50 Uhr). Das ist der bisher größte Erfolg in der Karriere des 30-Jährigen.

Unter anderem den Europameister von 2010 Kevin Borlée (Belgien; 46,15 sec) ließ der Deutsche Meister hinter sich. Bruder Jonathan (45,38 sec) rettete die Familienehre. Einen bärenstarken Eindruck machten die Briten, die alle Sieger der drei Halbfinals stellten: Matthew Hudson-Smith (45,30 sec), Martyn Rooney (45,40 sec) und Conrad Williams (45,85 sec).

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Kamghe Gaba (LG Eintracht Frankfurt):

Ich bin überglücklich! Das ist das erste Mal, dass ich in einem internationalen Einzel-Finale stehe! Das i-Tüpfelchen auf meinem Saisonverlauf. Nach dem Halbfinale habe ich zu meinem Coach Volker Beck gesagt: Schon wieder die verflixte 45,8 – aber heute hat man gesehen, dass die Zeit gar keine Rolle spielt. Ich bin super stolz, dass ich auf der Zielgeraden noch mal so kontern konnte. Dass ich Zweiter geworden bin habe ich gemerkt – allerdings dachte ich das nach dem Vorlauf auch und dann war doch noch einer vor mir. Deswegen habe ich mich erstmal mit dem Jubeln zurückgehalten. Seit dem Trainerwechsel zu Volker Beck läuft es bei mir wieder, er steht für mich zweimal am Tag auf dem Platz. Wir haben viel gearbeitet, auch den Laufstil ein bisschen verändert. Am Freitag im Finale will ich den letzten Funken Energie auf die Bahn bringen. Bis dahin bin ich Egoist. Was mit der Staffel ist, sehen wir am Freitagabend. Wenn ich mich erholen kann wäre es schön, in den Bereich meiner Bestleistung zu laufen. Der Finaleinzug ist definitiv der größte Erfolg in meiner Karriere!

800 Meter Halbfinale

Der Kick bleibt bei Dennis Kürger aus

Das waren die Vorzeichen fürs Halbfinale: Die ersten Drei plus zwei weitere Zeitschnellste aus zwei Läufen kamen weiter. In dem schnelleren Rennen hätte also Rang fünf fürs Weiterkommen reichen können.

Diese Rechnung ging für Dennis Kürger nicht auf. Der Berliner kümmerte sich ums Tempo und setzte sich an die Spitze. Hinten raus gingen dem 21-Jährigen die Kräfte allerdings aus und er lief als Sechster ins Ziel (1:48,33 min). Dennoch muss sich der Deutsche Meister nicht lange über seinen Auftritt bei seiner ersten großen Meisterschaft bei den Erwachsenen ärgern - die Entwicklung in diesem Jahr zeigt nach oben.

Die erfahrenen Polen Adam Kszczot (1:47,12 min) und Marcin Lewandowski (1:47,14 min) liefen sicher eine Runde weiter. Eine gute Figur machte auch der Jahresschnellste Pierre-Ambroise Bosse (Frankreich), der den anderen Lauf in 1:45,94 Minuten gewann.

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Dennis Krüger (1. VfL Fortuna Berlin-Marzahn):

Das muss ich erstmal sacken lassen. Ich wollte vorne laufen, aber für den Kopf ist es schwer, wenn man die ganze Zeit vorne ist und dann die anderen an einem vorbeiziehen. Da fehlt dann der letzte Biss. Ich habe nicht das gezeigt, was ich auf Lager hatte, die 1:48 ist nichts, ich habe bewiesen, dass ich 1:45 laufen kann. Leider habe ich auf dem Aufwärmplatz meinen Hüftbeuger wieder gemerkt. Aber ich bin nicht zum Rumjammern hier und will nicht nach Entschuldigungen suchen. Nach vorne zu gehen war meine einzige Wahl, ich musste mich aus dem Gerangel raushalten. Vielleicht kann beim ISTAF etwas ausgeruhter noch einmal zeigen, was ich kann.

110 Meter Hürden Vorläufe

DLV-Trio wie aus einem Guss

Er konnte seine Stärke auf der zweiten Hälfte der Strecke ausspielen: Matthias Bühler (LG Offenburg) nahm auf den letzten Metern mächtig Fahrt auf und preschte in 13,40 Sekunden als Dritter seines Vorlaufs eine Runde weiter. Ein gelungener Auftakt.

Mit einer Bestzeit auf der schnellen Züricher Bahn startete Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) in die EM. Als Vorlauf-Zweiter präsentierte sich der 21-Jährige hellwach und steigerte sich auf 13,43 Sekunden - sah aber dennoch Reserven. Gute Voraussetzungen für das Halbfinale am Donnerstag (14. August; 19.15 Uhr). 

Erik Balnuweit (LAZ Lepzig) kam in seinem Lauf gut aus den Blöcken - musste sich hinten raus aber etwas strecken, um den dritten Platz zu sichern, der direkt eine Runde weiter führte. Das gelang und 13,48 Sekunden sind eine gute Zeit für den Deutschen Hallenmeister, der auf die Freiluft-DM in Ulm wegen Fußproblemen verzichten musste.

Der große Favorit Pascal Martinot-Lagarde (Frankreich) lief in 13,29 Sekunden ohne alles zu geben ins Halbfinale, genau wie Titelverteidiger Sergey Shubenkov (Russland) in seinem Lauf (13,29 sec).

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Erik Balnuweit (LAZ Leipzig):

Ich bin sehr zufrieden. In dem Vorlauf muss man erstmal direkt weiterkommen! Eigentlich ging es nur um den dritten Platz, mit Pascal Martinot-Lagarde und Artur Noga und dem starken Griechen in einem Rennen. Mein Fuß tut noch ein bisschen weh, ich habe ja ein Knochenmarködem und habe daher auf die DM verzichtet zugunsten der EM. Vielen Dank ans medizinische Team, die haben mich gut wieder fit gekriegt, auch wenn wir gestern Abend noch schauen mussten, ob ich starten kann. Fürs Finale muss man sicher eine 40er Zeit laufen.

Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen):

Endlich eine neue Bestzeit – die war lange überfällig! Und dabei war das heute noch immer nicht ganz wie erhofft. Die Reaktionszeit war wahnsinnig gut, aber irgendwie könnte der Lauf noch runter werden. Naja, erstmal bin ich zufrieden, ich hatte Sorge, dass auf Bahn eins das Wasser steht, aber das war nicht so. Morgen wird es eng, für manche war es ein lockerer Auftakt, andere haben vielleicht jetzt schon ihr Pulver verschossen. Ich hoffe, ich kann heute Nacht besser schlafen als gestern, da war ich schon ganz nervös. Vielleicht schaffen es ja sogar zwei, drei deutsche Athleten ins Finale, das wäre ein Knaller!

Matthias Bühler (LG Offenburg):

Der Start war noch nicht perfekt, ich muss flacher zur ersten Hürde laufen. Irgendwie war ich vor dem Rennen total aufgeregt, auch wenn ich nach den Leistungen der Saison und zuletzt in Ulm selbstbewusst antreten konnte. Mein großer Traum ist es, das Finale zu erreichen, nachdem es in Barcelona und Helsinki zuletzt zweimal knapp nicht geklappt hat. Jetzt will ich das unbedingt schaffen. Mit meinen Coaches in den USA, vor allem Andreas Behm, und auch mit meiner Ernährungsberaterin stehe ich in ständigem Kontakt. Hier in Deutschland habe ich mich mit Wilhelm Seigel gut auf die EM vorbereitet. Die Bahn ist der absolute Hammer, die liegt mir enorm, man kann sich schnell abdrücken und wird wieder nach oben katapultiert.

400 Meter Hürden Halbfinale

Königsmark und Franz phänomenal

Das gab es seit 1990 nicht! Zum ersten Mal seit den Europameisterschaften in Split (damals Jugoslawien, heute Kroatien) stehen wieder zwei deutsche Athleten im EM-Finale über 400 Meter Hürden. Vor 24 Jahren schafften es Carsten Köhrbrück und Edgar Itt auf Rang sechs und acht.

Im Letzigrund waren es Varg Königsmark (SC Magdeburg) und Felix Franz (LG Neckar-Enz), die im Halbfinale groß auftrumpften. Der Magdeburger schaffte es als Zweiter in Bestzeit von 49,12 Sekunden direkt in die Runde der letzten Acht. In der Mixed Zone konnte er auf den TV-Bildschirmen verfolgen, wie sein Zimmerkollege Felix Franz im dritten von drei Vorläufen nachzog und dabei erstmals in seiner Karriere unter 49 Sekunden blieb: Rang drei in 48,96 Sekunden, als einer von zwei Zeitschnellsten steht auch er im Finale. Ein starkes Stück!

Die Schweiz jubelte übers Weiterkommen ihrer Medaillenhoffnung Kariem Hussein (49,16 sec), in Landesrekord von 48,54 Sekunden schob sich der Este Rasmus Mägi in die Favoritenrolle fürs Finale.

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Felix Franz (LG Neckar-Enz):

Das muss ich erst mal verarbeiten! Im Ziel habe ich auf der Anzeigetafel eine 49,50 gesehen und habe gedacht: das war’s. Ich hatte den Russen nicht gesehen, der außen noch vor mir war. Dann hat mir im Ziel der Mägi gratuliert und ich wusste erst gar nicht wieso. Ich hatte mir für dieses Jahr vorgenommen unter 50 Sekunden zu bleiben, und jetzt laufe ich hier schon unter 49! Eigentlich hatte mein Trainer gesagt, ich war bei der DM in Ulm schon ziemlich am Limit, zwei Zehntel schneller könne es vielleicht noch gehen. Und jetzt? Der Lauf war alles andere als perfekt. Mein Trainer Thomas Riegraf hat gesagt, dass er nach Zürich kommt, wenn ich im Finale stehe. Dann muss er jetzt wohl kommen!

Varg Königsmark (SC Magdeburg):

Bis wir in den Innenraum rausgeführt wurden war es ein echter Albtraum. Der Warm-up lief super, und dann hieß es auf einmal, wir haben 30 Minuten Verspätung. Wir sind rein, wieder raus und irgendwie nur hin und her gelaufen. Die Nervosität ist bei allen so gestiegen! Ich wusste, dass nicht das Gefühl auftauchen darf, dass ich auf einmal keinen Bock mehr habe – dann wäre es gelaufen gewesen. Ich bin nicht gut aus dem Block gekommen, die Oberschenkel waren nach dem Vorlauf noch müde. Aber auf auf der Zielgeraden habe ich die Zuschauer gehört, und wenn du da direkt einen neben dir hast, an den du dich ransaugen kannst, dann weckt das enorme Kräfte. Das war heute mein Finale!



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