| Interview der Woche

Frank Hensel: „Svein Arne Hansen hat mich überrascht“

Frank Hensel steht als Vize-Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes EAA auch für die Entwicklung der kontinentalen Leichtathletik. Der DLV-Generaldirektor war am Samstag zu Gast bei der „Golden Tracks“-Gala in Lausanne (Schweiz). Dort wurden der britische Weitspringer Greg Rutherford und die niederländische Sprinterin Dafne Schippers zu Europas Leichtathleten des Jahres gekürt. Am Rande der Veranstaltung sprach der DLV-Generaldirektor im Interview über den Abschluss des Sportjahres 2015 und das kommende Olympiajahr.
Peter Schmitt

Frank Hensel, die „Golden Tracks“-Gala des Europäischen Leichtathletik-Verbandes ist am Samstag über die Bühne gegangen. Wie waren Ihre Eindrücke?

Frank Hensel:

Mir persönlich hat es gut gefallen. Es ist ein würdiges Ereignis, das zum Ende einer Leichtathletik-Saison für alle Beteiligten nicht nur Dank und Anerkennung ist, sondern solch ein Jahr auch in wunderbarer Weise noch einmal reflektiert.

Als ein Höhepunkt der Veranstaltung sind die Preise an die Leichtathleten des Jahres vergeben worden. Beim Nachwuchs gewannen die Schweizer Hürdensprinterin Noemi Zbären und Polens Kugelstoßer Konrad Bukowiecki in der Kategorie „Rising Star“. Der deutsche Nachwuchs-Zehnkämpfer Niklas Kaul (USC Mainz) hat es als einer der drei Nominierten leider nicht geschafft. Wie bewerten Sie die Auszeichnungen?

Frank Hensel:

Es ist eine Auszeichnung, über die die Leichtathletik-Fans entscheiden. Es haben sich über 80.000 Menschen aus ganz Europa über die sozialen Medien an der Abstimmung beteiligt. Ich denke deshalb, alle Sieger in den jeweiligen Kategorien sind würdige Sieger. Dass Niklas Kaul es als Jugendlicher unter die Top Drei geschafft hat, ist außergewöhnlich.

Der europäische Verband hat mit Svein Arne Hansen seit sechs Monaten einen neuen Präsidenten. Welchen Eindruck haben Sie von seiner Arbeit gewonnen? Was hat sich verändert?

Frank Hensel:

Ich bin positiv überrascht, wie konsequent und zügig er die in seinem Wahlprogramm benannten Veränderungen auf den Weg bringt. Insbesondere strukturell sind sehr schnell Entscheidungen gefällt worden. Sowohl in der Binnenstruktur der Geschäftsstelle in Lausanne als auch in der Kommissionstruktur der EA sind die Änderungen bereits umgesetzt und die inhaltlichen Vorgaben und  Herausforderungen klar benannt und zugeordnet. Er ist öffentlich wahrnehmbar als „Stimme der europäischen Leichtathletik“ und kann nach sechs Monaten Amtszeit sicher eine positive Zwischenbilanz ziehen.

Die Saison 2015 ist beendet. 2016 gibt es den großen Höhepunkt Olympische Spiele in Rio (Brasilien), aber auch die Europameisterschaften in Amsterdam (Niederlande). Was bedeutet das für die europäische Leichtathletik und was erwarten Sie sich konkret im kommenden Jahr?

Frank Hensel:

In den Köpfen aller sind natürlich die Olympischen Spiele von zentraler  Bedeutung. Gleichwohl hat sich der Europäische Leichtathletik-Verband vor fünf Jahren entschieden, auch im Olympiajahr Europameisterschaften durchzuführen. Dies war erstmalig 2012 in Helsinki der Fall. Nun wird diese EM zum zweiten Mal ausgetragen. Ich hoffe, dass mehr Nationen auf dem Weg zu den Olympischen Spielen diese Europameisterschaften mit ihren besten Athleten nutzen und auch als Chance verstehen. Eine Sportart wie die Leichtathletik, die in die zweite Gruppe der großen Sportarten einzuordnen ist, muss um mediale Aufmerksamkeit und Sendeplätze kämpfen. Wir sollten diese Chance nicht ungenutzt lassen. Wir können den Amsterdamern nur wünschen, dass diese Signale von allen Verbänden verstanden werden. Nur dann wird diese Europameisterschaft auch auf Dauer Bestand haben.

Sie sind auch Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Wie fällt die deutsche Bilanz für 2015 aus und wie sehen Sie die Perspektiven?

Frank Hensel:

Wir haben in der Gesamtheit ein sportlich gutes Jahr gehabt. Ich würde sogar sagen, dass wir die Hoffnungen übertroffen haben, von der U18-WM in Cali bis zu den Weltmeisterschaften in Peking. So ein gutes Ergebnis ist ja auch immer Verpflichtung fürs nächste Jahr. Die Erwartungen wachsen daran. Spitzensport ist Jahr für Jahr immer eine neue Herausforderung. Es gibt so gut wie keine Automatismen, nach denen sich Erfolge wiederholen lassen. Ich denke aber, dass wir in der Nationalmannschaft momentan eine international konkurrenzfähige Basis von Athleten haben, die uns hoffnungsfroh auf das kommende Jahr blicken lässt. Wenn es den Trainern und Athleten gelingt, eine gute und gesunde Vorbereitung zu betreiben, können wir uns auch unter sportlichen Gesichtspunkten auf das kommende Jahr freuen.

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