Irgendwann in den nächsten Wochen wird Franziska Hofmann sich wohl kneifen müssen, um zu realisieren, was in diesem Jahr alles mit ihr passiert ist. „Eine Sommer-Saison, wie gemalt“, sagt die Hürdenläuferin selber. Eine Saison, die am Donnerstagabend mit ihrem Start bei der Diamond League in Zürich (Schweiz) einen krönenden Abschluss fand.
Am Start wäre sie am Donnerstagabend fast auf der Nase gelandet. Doch dann kam die Chemnitzerin im Lauf der Young Diamond Challenge über 100 Meter Hürden immer besser in Tritt, zeigte sich spritzig, willensstark und äußerst elegant bei jeder Hürdenüberquerung. Im Ziel trennten sie nur vier Hundertstel von der siegreichen Niederländerin Nadine Visser (13,11 sec).
Noch vor einem Jahr wären diese 13,15 Sekunden Bestzeit für Franziska Hofmann gewesen. „Und eine Zeit, von der ich auch aus damaliger Sicht gesagt hätte – Ziel für 2014 erreicht.“ Doch 2014 lief irgendwie alles anders als vorher gedacht – im positiven wie im negativen Sinn. Und so ist ihr Saisonabschluss-Lauf von Zürich auch in gewisser Weise Sinnbild für Franziska Hofmanns gesamte Saison.
Der Start ins Jahr – er war mehr als verstolpert. Ein allergischer Schock setzte sie völlig außer Gefecht. „Sobald ich mich angestrengt habe, ist mein Gesicht angeschwollen und auch an den Armen habe ich Ausschlag bekommen.“ Eine Diagnose gibt es bis heute nicht, aber die Hallensaison war dahin. „Im Januar konnte ich überhaupt nicht trainieren.“
Durchmarsch von der Jugend in die Aktiven-Mannschaft
Doch im Sommer ging dann alles plötzlich ganz schnell. In Regensburg lief sie erstmals 13,02 Sekunden. „Da habe ich zum ersten Mal realisiert, hey, ich bin ja echt gut drauf“, sagt Franziska Hofmann. So gut, dass in den nächsten Rennen bei der Bauhaus-Junioren-Gala in Mannheim zunächst die EM-Norm von 13,00 Sekunden purzelte, sie im schnellsten DM-Finale das es je gab in 12,87 Sekunden hinten den etablierten Hürdensprinterinnen Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen) und Cindy Roleder (LAZ Leipzig) zu Bronze sprintete und sich schließlich als jüngste deutsche EM-Teilnehmerin auf dem Weg nach Zürich befand.
„Schon krass, oder?“, sagt Franziska Hofmann und mehr braucht es nicht, um zu verstehen, dass diese junge Frau als U20-EM-Finalistin des Vorjahres in diesem Sommer den Express-Einzug in die Nationalmannschaft der Aktiven auch heute noch nicht so wirklich verdaut hat.
„Die EM war Zugabe“, sagt Franziska Hofmann. Mit entsprechend großen Augen lief die 20-Jährige als Küken des 92 großen DLV-Teams durch die EM-Woche und genoss die kleine extra Portion Aufmerksamkeit, die ihr dadurch zu Teil wurde. „Viele Athleten haben sich beim Essen mal zu mir gesetzt und mir gratuliert, dass ich dabei bin.“
Motivation durch Cindy Roleder
Dass sie dann aber auch noch ins Halbfinale einzog – es war das zusätzliche Bonbon einer lehrreichen Woche, in der sie als Zimmerkollegin von Cindy Roleder gar eine bronzene EM-Medaille mitfeierte. „Ihr Erfolg hat mich nochmal zusätzlich motiviert, dranzubleiben, auch wenn es mal schwer ist und alles was von außen kommt oder über einen geredet wird, abprallen zu lassen.“
Denn natürlich wird auch über Franziska Hofmann geredet. Das Riesen-Talent, die Durchstarterin des Jahres 2014, aber auch der U20-EM-Pechvogel, als sie im letzten Jahr als Medaillenkandidatin in Rieti (Italien) sich im Finale einen Fehlstart leistete. „All sowas bekomme ich mit, klar, aber das darf mich nicht von meinem Kurs abbringen“, weiß sie. Egal in welche Richtung.
Bestzeit bestätigen
Anteil an diesem Erfolgskurs hat vor allem ihr Trainer Jörg Bretschneider, bei dem sie zusammen mit Hürdentalent Patrick Elger, der in Mannheim seine Bestleistung über die Jugend-Hürden auf 13,46 Sekunden schraubte „Ihm habe ich alles zu verdanken“, sagt Franziska Hofmann. Er war es auch, der Anfang des Jahres bei ihren gesundheitlichen Problemen oft als Blitzableiter herhalten musste. „Er ist ganz ruhig geblieben, als ich total frustriert war.“
Jörg Bretschneider ist es aber auch, der als Mahner auftritt. „Er sagt mir seit Jahren: ‚Franzi, es gibt keine Top-Athletin deren Karriere immer nur geradlinig nach oben verlief.‘“ Mental sei sie darauf eingestellt, dass es im kommenden Jahr erstmal darum gehen werde, ihre Bestzeit von 12,87 Sekunden zu bestätigen. „Klar, am liebsten hätte ich jedes Jahr so einen Sommer wie in diesem Jahr.“ Aber mit gerade mal 20 Jahren hat Franziska Hofmann den Großteil ihrer Hürden-Sommer ja noch vor sich.