| Mehrkampf-Meeting Ulm

Jennifer Oeser kratzt bei Comeback an WM-Norm

Am Ende fehlten nur fünf Pünktchen zur WM-Norm: Jennifer Oeser hat am Donnerstag bei ihrem Siebenkampf-Comeback in Ulm mit 6.145 Punkten bewiesen, dass wieder mit ihr zu rechnen ist. Dahinter setzte auch Anna Maiwald (6.111 Pkt) ein Achtungszeichen. Bei den Männern freute sich René Stauß über Sieg und Hausrekord, knapp dahinter mit deutlicher U23-EM-Norm und dennoch Luft nach oben: Tim Nowak.
Silke Morrissey

Echte Hoffnungen auf die WM-Norm keimten an Tag zwei nach dem Weitsprung auf: Jennifer Oeser war schon mit geballter Faust aus der Grube gestiegen, die Weitenmessung bestätigte nach dem zweiten Versuch: 6,27 Meter. Damit war der Kurs auf 6.150 Punkte eingeschlagen. Dass im Speerwurf anschließend nur 40,73 Metern folgten – der weiteste Wurf landete außerhalb des Sektors – machte die Sache allerdings wieder spannend. Eine Zeit von 2:15,79 Sekunden hätte die Leverkusenerin für die WM-Norm von 6.150 Punkten benötigt. 2:16,12 Minuten wurden es.

„Ein positives Fazit mit einem weinenden Auge“ zog die Vize-Weltmeisterin von 2009 anschließend. „Vermutlich reichen die 6.150 Punkte ohnehin nicht für die WM-Quali, aber was man hat, das hat man!“ Viele Disziplinen absolvierte sie zum Teil deutlich über ihren Erwartungen, darunter auch den Weitsprung – „Da hatte ich früher am Anfang der Saison Probleme, die sechs Meter zu überbieten.“ Mit dem Speer kann sie 50 Meter werfen, die 40 Meter aus Ulm entsprachen den Trainingsleistungen. „Aber eigentlich packe ich im Wettkampf immer einen drauf.“

Draufpacken – dieses Motto gilt jetzt für die kommenden vier Wochen bis zum Mehrkampf-Meeting in Ratingen (27./28. Juni). „Überall ein bisschen mehr, das müssen ja keine megakrassen Steigerungen sein. Dann sieht die Punktzahl schon ganz anders aus.“ Jennifer Oeser hat in Ulm viel Motivation und Freude getankt. Das Comeback war ein Zeichen an alle anderen: „Ich gehöre wieder in den erweiterten Kreis.“ Und an sich selbst: „Ich weiß, ich kann’s noch!“

Anna Maiwald setzt fast 250 Punkte drauf

Für Anna Maiwald lief nach einem gelungenen ersten Tag auch der zweite wie am Schnürchen. In fast allen Disziplinen konnte sie im Vergleich zu ihrem bis dato besten Siebenkampf (5.894 Pkt) noch einmal draufpacken. Die logische Konsequenz: ein neuer Hausrekord im Mehrkampf. Und endlich die 6.000 Punkte, genauer: 6.111 Punkte. „Das kann ich mir gut merken!“ lachte sie anschließend.

Dass vor den 800 Metern sogar die WM-Norm in Reichweite war, damit hätte die 24-Jährige vorher niemals gerechnet. „Ich saß nach dem Speerwurf im Zelt und dachte mir: jetzt nicht rechnen!“ Schließlich stand aber doch eine Zeit von 2:13 Minuten im Raum. „Für 6.000 Punkte?!“ sei da ihr erster Gedanke gewesen. Nein, für den Richtwert für Peking.

Dabei hatte die Saisonvorbereitung eigentlich eine ganz andere Marke bestimmt, nämlich 5.900 Punkte für den Start bei der Universiade in Gwangju (Südkorea) im Juli. „Dafür habe ich mich jetzt erstmal angeboten“, stellte Anna Maiwald mit einem Augenzwinkern fest. Einziger Nachteil: den Siebenkampf in Ratingen würde sie bei einer Universiade-Teilnahme vermutlich verpassen.

Souveräner Auftritt von René Stauß

Im Zehnkampf setzte Nils Merten (LAV Stadtwerke Tübingen) seine Ankündigung in die Tat um: „Nach den Hürden bin ich morgen wieder vorn!“ hatte er am Mittwoch verkündet – und so war es dann auch. Mit der schnellsten Zeit aller Athleten (14,38 sec) übernahm er die Spitze und verteidigte diese danach auch mit dem besten Diskuswurf (44,51 m). Immer in Lauerstellung: der Halbzeit-Führende René Stauß.

Der Deutsche Meister Stauß nahm seinem Trainingspartner schließlich im Speerwurf (58,05 m) und über 1.500 Meter (4:44,63 min) rund 300 Punkte ab und erkämpfte sich damit die Pole Position zurück - Sieg beim Mehrkampf-Meeting in Ulm mit dem Bonus einer Siegprämie von 1.000 Euro und einem neuen Hausrekord von 7.850 Punkten.

„Ich bin souverän durchgekommen“, lautete sein Wettkampf-Fazit nach zwei Einzel-Bestleistungen (400 und 1.500 m) und keinem Ausrutscher nach unten. So hatte er schon mit der Bestleistung geliebäugelt, eigentlich sogar mit einem Ergebnis um die 7.900 Punkte – gleichbedeutend mit der Norm für die Universiade. „Jetzt hoffe ich, dass die Verantwortlichen bei der Nominierung ein Auge zudrücken.“ Es wäre seine letzte Chance auf eine Teilnahme: Im vergangenen Jahr hat der 27-Jährige sein Studium beendet und arbeitet seit September als Bildungsreferent im Württembergischen Leichtathletik-Verband. Aber auch einen Plan B hat er schon: die Teilnahme in Ratingen und anschließend beim Thorpe Cup in Bernhausen.

Tim Nowak mit Höhen und Tiefen

Ein hartes Stück Arbeit war die Premiere im Männer-Zehnkampf für Lokalmatador Tim Nowak. Nach einem soliden ersten Tag war der zweite Tag voller Höhen und Tiefen. Über die Hürden (14,79 sec) und mit dem Diskus (41,66 sec) erwischte der 19-Jährige einen „katastrophalen“ Einstieg – die Laune war im Keller. Ausgerechnet der Stabhochsprung (4,70 m) – bei dem es im Training so gar nicht lief – sorgte dann aber für das dringend benötigte Highlight: „Das war die Disziplin, die mich gerettet hat.“

So konnte der Dritte der U20-WM im Speerwerfen befreit auftreten und feuerte prompt den einzigen 60-Meter-Wurf (60,19 m) in den Ulmer Abendhimmel. Mit dem zweitbesten 1.500-Meter-Ergebnis seiner Laufbahn (4:38,33 min) kam er am Schluss sogar noch bis auf 20 Punkte an Sieger René Stauß heran. Das Endergebnis von 7.827 Punkten: Ein beachtlicher Einstieg in die Männer-Altersklasse und 227 Punkte über der Norm für die U23-Europameisterschaften in Tallinn (Estland; 9. bis 12. Juli).

Ebenfalls mit Bestleistung schloss Nils Merten den Zehnkampf ab, auch wenn er im Speerwurf (46,41 m) und über 1.500 Meter (5:00,55 min) wie so oft Federn lassen musste. 7.588 Punkte lassen das Tübinger Zehnkampf-Duo um Coach Peter Rapp darauf hoffen, dass beide Athleten beim Thorpe Cup mit dabei sein dürfen.

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