Speerwerfer Johannes Vetter (LG Offenburg) hat am Pfingstmontag in Rehlingen mit 84,38 Metern auf Anhieb die Olympia-Norm übertroffen. Damit brachte sich der 23-Jährige als nun Zweitplatzierter in der deutschen Jahresbestenliste in eine gute Position im Kampf um die drei Tickets für Rio (Brasilien). Im Interview ordnete er anschließend seine Leistung ein, beschrieb die weitere Wettkampf-Planung und verriet, wie weit es in diesem Jahr noch gehen kann.
Johannes Vetter, herzlichen Glückwunsch zum Sieg in Rehlingen und zur Olympia-Norm. Über 84 Meter direkt im ersten Wettkampf, wie lautet Ihr Fazit?
Johannes Vetter:
Dankeschön. Mit den 84 Metern bin ich erst mal zufrieden, das war ein guter Einstieg. Da konnte ich heute gleich eine gute Standortbestimmung schaffen. Bis auf Thomas Röhler, der vor zwei Tagen in Shanghai geworfen hat, war ja die gesamte nationale Konkurrenz dabei. Für mich war es wichtig, sich da in gewisser Hinsicht direkt einen Namen zu machen und zu zeigen, dass man in diesem Jahr mit mir rechnen kann. Technisch gesehen waren die Würfe aber noch lange nicht dort, wo wir sie haben wollen. Die Form ist da, aber es sind jetzt noch kleine Feinheiten, an denen wir in den Wettkämpfen arbeiten müssen. Dann denke ich, dass ich noch zwei, drei Meter drauf packen kann.
Was hatten Sie sich denn im Vorfeld zum Saisoneinstieg vorgenommen?
Johannes Vetter:
Erst einmal auf Anhieb die 83 Meter als Richtlinie zur Olympianorm. Die habe ich mir für heute vorgenommen. Alles, was darüber hinaus geht, wollte ich natürlich mitnehmen. In erster Linie war es aber die Olympia-Norm.
War da vielleicht auch die Weite von Thomas Röhler [Anm. d. Red.: 85,71 m beim Diamond League Meeting in Shanghai (China, 14. Mai)] ein Ansporn nachzuziehen?
Johannes Vetter:
Nein, überhaupt nicht. Ich konzentriere mich da voll und ganz auf mich und das, was ich im Training mache. Ich versuche, das dann auch im Wettkampf umzusetzen. Nachdem Thomas im letzten Jahr so stabil geworfen hat, war mir schon klar, dass er wieder in den Bereich wie jetzt in Shanghai werfen wird. Thomas war und ist für mich sowieso als Erster für Rio gesetzt. Von daher habe ich mich überhaupt nicht an seiner Weite orientiert.
Für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro gibt es anders als bei der WM letztes Jahr ja nur drei Tickets. Bis auf Thomas Röhler haben Sie heute alle anderen Konkurrenten im direkten Vergleich geschlagen. Wie schätzen Sie selbst Ihre Chancen ein, beim Saisonhöhepunkt dabei zu sein?
Johannes Vetter:
Das liegt ja nicht in meiner Hand, sondern das entscheidet der DLV beziehungsweise der DOSB nach den Deutschen Meisterschaften [Anm. d. Red.: in Kassel, 18./19. Juni]. Jetzt muss man abwarten, was die anderen in den nächsten Wochen noch leisten können und was ich bis dahin noch leisten kann. Von daher schätze ich meine Chancen genau so ein wie vor dem Wettkampf heute. Es ist alles offen. Im Speerwerfen kann viel passieren. Da kann einem auch mal einer rausrutschen. Die Weite heute gibt mir aber Sicherheit, so dass ich beruhigt in die nächsten Wettkämpfe gehen kann.
Und wie weit, glauben Sie, kann es bei Ihnen bis zu den Deutschen Meisterschaften gehen?
Johannes Vetter:
Wie gesagt, im Speerwerfen sind es Kleinigkeiten, die viel ausmachen. Auch bei dem 84er heute habe ich gefühlt und gesehen, dass er noch nicht ganz gut geflogen ist. Daher denke ich, dass es machbar ist, zwei bis drei Meter weiter zu werfen. Und das ist auch mein Ziel: im Saisonverlauf eine Bestleistung von 86 plus zu werfen [Anm. d. Red.: bisherige PB steht bei 85,40 m]. Wann das passiert, muss man abwarten. Es hätte heute schon passieren können, aber jetzt muss ich die Erfahrungen aus dem Wettkampf mitnehmen. Das ist immer etwas anderes, als im Training zu werfen.
Wie läuft es denn generell momentan im Training? Im Winter waren Sie ja zunächst leicht verletzt, haben aber Anfang Februar mit 82,96 Metern schon wieder einen guten Wettkampf gemacht.
Johannes Vetter:
Ich fühle mich fit, und mir tut nichts weh. Das Training läuft genau so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Sonst hätte ich heute auch keine 84 Meter werfen können, und das krumm und schief. Die Form stimmt! Jetzt müssen wir noch an den Kleinigkeiten arbeiten, vor allem im Wettkampf.
Sie trainieren ja schon seit letztem Jahr bei Boris Obergföll und starten seit dieser Saison auch für die LG Offenburg. Wie muss man sich das vor Ort vorstellen: Werfen Sie da mit Christina Obergföll zusammen im Training, oder trainieren Sie getrennt?
Johannes Vetter:
Das normale Training absolvieren wir immer zusammen. Das Wurftraining speziell machen wir in der Regel getrennt oder zeitversetzt, damit Boris sich zu 110 Prozent nur auf einen Athleten konzentrieren kann und muss. Das tut uns beiden, denke ich, ganz gut.
Welche Wettkämpfe sind als nächstes bis zu den Deutschen Meisterschaften schon geplant?
Johannes Vetter:
Ich fahre am Wochenende nach Halle zu den Halleschen Werfertagen und fliege danach für den 28. Mai nach Eugene zur Diamond League. Dann sieht es so aus, dass ich eine Woche später in Jena werfe. Ob ich vor den Deutschen noch in die Diamond League in Oslo reinkomme, muss man schauen.
Sie sind jetzt zum zweiten Mal hier in Rehlingen, waren im letzten Jahr Zweiter und dieses Jahr Erster. Ihr Trainer Boris Obergföll hat als gebürtiger Saarländer eine ganz besondere Beziehung zum Pfingstsportfest hier und hält selbst den Stadionrekord. Wie gefällt Ihnen die Veranstaltung?
Johannes Vetter:
Rehlingen ist immer ein gutes Pflaster, auch wenn ich letztes Jahr mit nur knapp über 80 Metern nicht ganz zufrieden war. Das hat mir heute natürlich besser gefallen, wobei das Sachen sind, die an mir hängen. Von der Veranstaltung ist alles leicht familiär gehalten, die Leute stehen immer nah dran an den Wettbewerben und geben Vollgas beim Unterstützen und Anfeuern, so dass ich auch in den nächsten Jahren immer wieder gerne nach Rehlingen kommen werde.
Schauen wir noch einmal in die Zukunft und nehmen an die Saison verläuft weiter so, wie Sie sich das vorstellen. Was wäre dann, wenn Sie es zu den Olympischen Spielen geschafft haben, das perfekte Ergebnis für Sie?
Johannes Vetter:
Erst einmal alleine dabei zu sein, das wäre für mich schon ein riesengroßes Erlebnis und ein riesengroßer Erfolg, zumal ich ja erst im zweiten Jahr bei Boris trainiere. Da hätten wir schon viel erreicht, wenn das klappt. Wenn man dann mit den Besten der Welt bei Olympia wirft, dann will man natürlich angreifen. Dann will ich auch in den Endkampf kommen, so wie letztes Jahr bei der WM.
Mehr:
<link news:47501>Hussong und Vetter starten mit Sieg – Krause mit starkem Solo