Ob altes oder neues Format - der TSV Bayer 04 Leverkusen bleibt im U20-Bereich deutsche Spitze. Die Farbenstädter setzten sich am Wochenende bei der Premiere der Team-DM in Lage mit 335 Punkten souverän vor dem TV Wattenscheid 01 (291) durch. Einen spannenden Kampf gab es um Platz drei.
„Ich freue mich, dass wir auch unter den neuen Vorzeichen gewonnen haben“, kommentierte Leverkusens Betreuerin Ingrid Thyssen den Sieg ihrer Schützlinge. „Entscheidend war, dass sich alle zum Saisonausklang mächtig ins Zeug gelegt haben und wir keinen Ausfall zu beklagen hatten.“
Die Entscheidung im Kampf um Platz drei fiel erst im letzten Wettbewerb: Die Athleten des SCC Berlin schnappten im abschließenden Staffelrennen mit 246 Zählern der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen (242) noch die Bronzemedaille weg. Der LAV fehlten unter anderen so starke Athletinnen wie Tanja Spill, Michelle Hering und Anja Roggel.
Zweiter Sieg für Konstanze Klosterhalfen
Um möglichst viele Punkte für ihr Team herauszuholen, absolvierten viele Athletinnen und Athleten Mehrfachstarts oder waren in Fremddisziplinen im Einsatz. Bei den Leverkusenern beeindruckte vor allem Konstanze Klosterhalfen, die nach ihrem 800-Meter-Erfolg vom Samstag die 3.000 Meter am Sonntag im Alleingang in 9:39,65 Minuten herunterspulte. Ihre Bestzeit verfehlte sie dabei lediglich um drei Sekunden.
„Ich hatte heute gar kein richtiges Tempogefühl und daher immer Angst, etwas zu schnell zu sein“, berichtete Konstanze Klosterhalfen. „Am Schluss hatte ich daher noch einige Reserven. Bei einer stärkeren Konkurrenz wäre ich sicherlich heute Bestzeit gelaufen.“ Nach einer anstrengenden Saison will die Vierte der Olympischen Jugendspiele in den nächsten Wochen erst einmal kürzer treten möchte. Die bevorstehende „Pause“ will sie u.a. mit Radfahren und Schwimmen nutzen.
Laura Koenen die Hürden-Queen
Ihr Teamkollege Taher Belkorchi, der nach einer langwierigen Waden- und Beugerverletzung wieder fit ist, war über 3.000 Meter der männlichen Jugend in 8:42,88 Minuten ebenfalls ungefährdet und holte nach Rang vier über 800 Meter noch einen Sieg nach Leverkusen.
Auch Siebenkämpferin Laura Koenen war für die Leverkusener eine fleißige Punktesammlerin. Die letztjährige Deutsche U20-Vize-Meisterin erzielte einen Tag nach ihrem viel versprechenden 400-Meter-Debüt (62,61 sec) über 100 Meter Hürden als Schnellste 15,04 Sekunden und holte damit weitere wertvolle Punkte für ihr Team.
Falk Wendrich punktet als Joker
Falk Wendrich, der zu den großen Stützen des TV Wattenscheid 01 zählte, war im Vorfeld zwei Wochen lang krank und konnte überhaupt nicht trainieren. Dennoch wollte er sein Team nicht im Stich lassen und ließ bei seinem Hochsprung-Erfolg als Joker mit 2,12 Metern nichts anbrennen.
„Unter den gegeben Vorzeichen bin ich mit meiner Leistung zufrieden“, befand der U20-Vize-Weltmeister von 2012. Seine Trainerin Brigitte Kurschilgen fügte hinzu: „Nach seinem vielen Pech in den letzten beiden Jahren liegt eine tolle Saison hinter Falk. So liegt seine Durchschnittsleistung über 2,20 Metern. Darauf lässt sich aufbauen.“
Spezialisten zeigen sich vielseitig
Falk Wendrich gab in Lage zudem sein Debüt über 110 Meter Hürden und erzielte dabei respektable 15,89 Sekunden. „Die Hürden sind für mich kein Neuland, im Rahmen meines Hochsprung-Trainings absolviere ich regelmäßig Hürdenläufe – allerdings unter Hochsprung-Aspekten“, erläuterte der 19-Jähirge, der in Lage die Hürden viel zu hoch anging und damit wertvolle Hundertstelsekunden verschenkte.
Gleich viermal im Einsatz war seine Teamkollegin Laura Jokeit. Die Deutsche U20-Meisterin im Kugelstoßen erzielte in ihrer Spezialdisziplin aus dem „normalen“ Training heraus 15,20 Meter, kam im Diskuswerfen ohne Drehung auf respektable 42,86 Meter und beförderte im Hammerwerfen, das sie im Training vorher viermal geübt hatte, das vier Kilogramm schwere Wurfgerät auf 31,29 Meter. Zu guter Letzt stand noch ein Staffelstart stand auf dem Programm.
Lob und Verbesserungsvorschläge
Am Rande der Team-DM gab es viele Diskussionen über die neue Form der Titelkämpfe. „Ich habe an den beiden Tagen sehr viele starke Teamerlebnisse beobachtet, denn bei dieser neuen Form konzentriert sich sehr viel auf die Mannschaft. Natürlich gab es auch einige kritische Rückmeldungen, die wir nun auswerten müssen“, erklärte der Stellvertretende Vorsitzende des Bundesausschusses Jugend im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), Dominic Ullrich.
Ex-Siebenkampf-Weltmeisterin Sabine Braun fand vor allem die neue Wertung nach Plätzen recht gut. „Dadurch kommt ein besseres Teamgefühl auf. Streichen sollte man dagegen bei der U20 die 400 Meter Hürden, das Hammerwerfen und den Dreisprung. In diesen Disziplinen hat man viele schlecht vorbereitete Athletinnen und Athleten gesehen“, so die Trainerin des TV Wattenscheid 01.
Für eine Wertung nach dem alten Punktesystem plädierte die Mannschaftsbetreuerin der erfolgreichen Bayer-Mannschaft Ingrid Thyssen. „Dann würde der Wettbewerb auch wieder mehr leistungsbezogen sein. Gute Athletinnen und Athleten können nach dem neuen Modus die Maximalpunktzahl einfahren, ohnedabei ihre Maximalleistung abzuliefern. Das ist nicht richtig.“
Jokerwertung „hochinteressant“
Ähnlich äußerte sich auch Hochspringer Falk Wendrich: „Nach meiner Krankheit habe ich unter den gegebenen Umständen heute meine beste Leistung erzielt, aber ich hätte es mir auch einfacher machen können. Das alte Punktesystem ist auf jeden Fall gerechter. Ansonsten finde ich die neue Regelung mit dem Joker hochinteressant.“
Ex-Langstreckler Willi Jungbluth, der die Mannschaft der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen coachte, brachte einen anderen Aspekt zur Sprache: „Es sollte in Zukunft wieder mehr als ein Teilnehmer pro Disziplin in die Wertung kommen, denn viele Vereine haben in ihren Reihen noch einige andere gute Athletinnen und Athleten. Die könnten uns auf Dauer verloren gehen, wenn sie an solchen Mannschaftswettkämpfen nicht teilnehmen dürfen.“
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