| Neue Meister

Marius Probst – Mit mehr taktischem Geschick zur U23-EM-Medaille?

Bei der Hallen-DM in Leipzig haben fünf Athleten erstmals einen nationalen Titel bei den Erwachsenen gewonnen. leichtathletik.de stellt diese "Neuen Meister" in einer Serie vor. Heute: Mittelstreckler Marius Probst (TV Wattenscheid 01).
Jan-Henner Reitze

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail marius-probst>Marius Probst
TV Wattenscheid 01

*20. August 1995
Größe: 1,83 Meter
Gewicht: 64 Kilo

1.500 Meter

Bestleistung: 3:39,60 min (2016)

Erfolge:

Elfter U23-EM 2015
Deutscher Hallenmeister 2017

Eigentlich hatten Marius Probst und sein Trainer Tono Kirschbaum im Vorfeld des Winters gar nicht groß eine Hallensaison geplant. Die blendende Form und die Ergebnisse der ersten Rennen überraschten das Duo, in Leipzig gelang mit einem sicheren Sieg (3:41,40 min) der erste DM-Titel bei den Männern und mit dem Start bei der Hallen-EM ging die Saison sogar in die Verlängerung.

In Belgrad (Serbien) verpasste der 21-Jährige zwar das Finale, fuhr aber mit der Erkenntnis nach Hause, im internationalen Geschäft durchaus Anschluss halten zu können. Genauso unterstrich der Vorlauf gegen die kontinentale Klasse einmal mehr, wo es noch fehlt. „Ich mache noch taktische Fehler. Das ist mein größtes Manko. In Belgrad habe ich zwischenzeitlich einfach gepennt. Daran werde ich arbeiten“, erzählt der Wattenscheider, für den es drei Tage nach der Rückkehr aus Serbien schon auf die nächste Reise ging, ins DLV-Höhentrainingslager nach Flagstaff (USA), wo im Moment an der Form für den Sommer gefeilt wird.

Die selbst benannte Schwäche im taktischen Bereich soll in den Einheiten angegangen werden. „Wenn wir zum Beispiel 20x300 Meter laufen, kann mir mein Trainer die Vorgabe geben, von vorne zu laufen oder bei 200 Metern oder zu einem anderen Zeitpunkt einen Antritt hinzulegen“, erklärt der Lehramtsstudent, für den es nicht das erste Höhentrainingslager ist. 

Um seine Ausdauerleistung zu verbessern, möchte Marius Probst diesmal außerdem zusätzliche Kilometer machen. Seine gute Grundlage auf der Überdistanz hat er schon beim Sieg beim Silvesterlauf in seiner Heimatstadt Herne bewiesen, als er über 10 Kilometer ohne seine Zwischenzeiten zu kennen den Streckenrekord und die 30-Minuten-Marke knackte (29:59 min). Eventuell nimmt der Nachwuchs-Athlet als Zubringerleistung im Sommer auch erstmals die 5.000 Meter im Wettkampf in Angriff. „Die Ausdauerleistung ist auch für die 1.500 Meter wichtig, um auf den letzten 300 Metern noch ein Quäntchen mehr aus sich herauszukitzeln.“

Laufkarriere vom Papa angeschoben

Dass Marius Probst überhaupt den Weg als Läufer in die Leichtathletik als Leistungssport fand, hat viel mit seinem Vater zu tun. Michael Probst trug einst selbst das Trikot des TV Wattenscheid 01. Der frühere Hochspringer hat eine Bestleistung von 2,21 Metern, 1979 wurde er Dritter bei der Hallen-DM und wurde wegen seiner für einen Hochspringer eher kleinen Statur „Flummi“ genannt.

Eine schmächtige Statur hat – bis heute – auch Sohn Marius, der ebenfalls beim TV Wattenscheid 01 mit der Leichtathletik begann. „Ich habe in meinen Anfängen in der Schülergruppe von Sebastian Kraus Mehrkampf und speziell Hochsprung gemacht“, erinnert sich Marius Probst an seine Anfänge in der Leichtathletik, in denen er seinem Vater nacheiferte. „Dann hatte unsere Mannschaft für den DSMM-Durchgang keinen 1.000-Meter-Läufer. Mein Eltern haben zum Trainer gesagt, ich solle es mal versuchen, weil ich von der Statur her zur Mittelstrecke passte.“

Und siehe da: Die Disziplinauswahl war goldrichtig. Der Schüler gewann in 3:06 Minuten seinen ersten Mittelstreckenlauf, steigerte sich im folgenden Jahr über 1.000 Meter bis auf 2:39,62 Minuten und belegte damit Rang fünf in der DLV-Bestenliste 2010 der M15. Mit Tono Kirschbaum gab es in Wattenscheid auch genau den richtigen Trainer für die längeren Strecken, zu dem das Talent schließlich wechselte. Dass er auch Fähigkeiten im Hochsprung besitzt, stellte Marius Probst zuletzt bei seiner Abiturprüfung im Sport-LK mit einem Sprung über 1,88 Meter unter Beweis.

Angebote großer Fußball-Klubs ausgeschlagen

Auch daran, dass der heutige Mittelstreckler die Möglichkeit auf eine Karriere im Fußball ausschlug, ist sein Vater nicht unschuldig. Im Alter von 15 Jahren hatten bekannte Vereine bei ihm angeklopft. „In meiner Heimatstadt Herne hatte ich damals einen sehr guten Fußballtrainer, der die Kreisauswahl in einem Verein zusammengebracht hat. Mit dem BV Herne-Süd habe ich gegen eigentlich höherklassige Mannschaften wie Dortmund, Bielefeld oder Ahlen gewonnen.“

Die Scouts von Schalke 04 und Co. boten Marius Probst Verträge an. Vater Michael wollte seinen Sohn aber nicht der Fußball-Maschinerie überlassen, und so blieb dieser der Leichtathletik erhalten. Den Mannschafts-Gedanken des Fußballs vermisst der Mittelstreckler heute manchmal. „Ich bin ein Teamplayer. Deshalb laufe ich sehr gerne Staffel und freue mich über jede gute Leistung meiner Trainingsgruppe. Großen Spaß hat es mir zum Beispiel gemacht, im letzten Frühjahr Hendrik Pfeiffer in Düsseldorf zu unterstützen, der dort im Marathon die Olympia-Norm lief.“

Medaille bei U23-EM anvisiert

Olympia ist auch das Fernziel von Marius Probst, genauso wie die Heim-EM in Berlin 2018. Konkrete Gedanken macht er sich aber erst einmal um die kommende Sommersaison, in der die Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) und die U23-EM in Bydgoszcz (Polen; 13. bis 16. Juli) seine wichtigsten Ziele sind. Die Norm für den angepeilten internationalen Nachwuchs-Start ist mit 3:41,50 Minuten die gleiche, die er schon für die Hallen-EM unterboten hat. „Mit dieser Hallensaison im Rücken sollte die Norm kein Problem sein. Bei der U23-EM möchte ich ganz vorne dabei sein, mindestens Top Fünf und wenn alles gut läuft eine Medaille.“

Außerdem möchte sich der Deutsche Hallenmeister im Sommer so oft wie möglich internationaler Konkurrenz stellen. Eine Managerin soll in Zukunft bei der Suche nach passenden Rennen helfen. „Im vergangenen Jahr war ich häufig in den B-Läufen und dort eher einer der Besseren. Meine Bestzeit konnte ich dabei auf 3:39 Minuten steigern. Ich hoffe, dass ich mit dieser Zeit jetzt auch Chancen habe, in A-Läufe zu kommen, zum Beispiel in Heusden.“ Der Saisoneinstieg wird vermutlich wie in den vergangenen beiden Jahren mit einem Start über 3.000 Meter beim Läufermeeting in Pliezhausen (14. Mai) erfolgen.

Die Norm (3:36,00 min) für die WM in London (Großbritannien; 5. bis 13. August) ist kein erklärtes Ziel. Diese Überlegung könnte sich aber letzten Endes als Taktik für den Kopf rausstellen, der im Rennen ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt. „Ich möchte mich selbst überraschen und darf mich nicht mehr so leicht zufrieden geben. Bisher ist es mir noch nicht gelungen, meine Leistung zu 110 Prozent abzurufen. Ich bin in einem Alter, in dem ich nicht mehr ängstlich sein und anderen den Vortritt lassen darf. Ich muss auf die Zähne beißen und bin auch mal dran.“

Video: <link video:15908>Marius Probst sichert sich das Belgrad-Ticket
Video-Interview: <link video:15958>Marius Probst: "Ich liebe den Sport einfach"

Das sagt Bundestrainer Georg Schmidt:

Marius war in seiner Jugendzeit leistungsauffällig und deshalb auch bei mir im C-Kader, es war aber nicht absehbar, dass er sich zu einem Medaillenkandidat für die kommende U23-EM entwickelt. Er ist ein Spätstarter. Die Qualifikation für die U20-WM 2014 hat er knapp verpasst, dann aber einen riesigen Sprung gemacht und war ein Jahr später gleich im Finale der U23-EM. Im vergangenen Jahr konnte er sich auf 3:39 Minuten steigern. Seine Trainingsleistungen sind spitze. In Drucksituationen kann Marius sein Können aber noch nicht optimal auf die Bahn bringen. Bei den Meetings diesen Winter in Gent oder Düsseldorf wäre mehr drin gewesen. Ich kann mich nur an Rennen von ihm erinnern, die er gleichmäßig durchzieht oder in denen er hinten raus zulegt. Mit dem Wissen und der Sicherheit, dass er an diesem Tag der Beste ist, konnte er auch bei der Hallen-DM in der Schlussphase glänzen. Nicht erinnern kann ich mich an ein Rennen, in dem Marius eingegangen ist, weil er zu schnell angegangen ist. Er braucht mehr Zutrauen, ist aber definitiv ein Mann für die Zukunft. Er hat wenig Erfahrung in internationalen Rennen, die er nach und nach gewinnen wird. Die Grundlage ist da.

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