Eigentlich sollte Letesenbet Gidey die Bühne beim Valencia-Marathon gehören. Doch die Mehrfach-Weltrekordlerin musste sich am Sonntag überraschend ihrer äthiopischen Landsfrau Amane Beriso geschlagen geben. Mit 2:14:58 Stunden lief diese auf Platz drei der ewigen Bestenliste. Das gelang auch Männer-Sieger Kelvin Kiptum (Kenia) in 2:01:53 Stunden und dem schnellsten Debüt aller Zeiten.
Alles war beim Marathon Trinidad Alfonso am Sonntagvormittag in Valencia (Spanien) bereitet für den nächsten Weltrekord von Ausnahmeläuferin Letesenbet Gidey. Die Äthiopierin wollte nach den Bestmarken über 5.000 und 10.000 Meter sowie im Halbmarathon auch den Weltrekord über die 42,195 Kilometer brechen. Bis Kilometer 35 sah die 24-Jährige sehr locker aus und war auf Kurs, die Bestmarke von Brigid Kosgei (Kenia; 2:14:04 h) zu steigern.
Doch die Marathon-Debütantin hatte eine Konkurrentin nicht auf der Rechnung: Amane Beriso. Anders als erwartet, ging die Äthiopierin das enorm schnelle Tempo (Halbmarathon: 67:18 min) ihrer Landsfrau mit, hielt sich stets an ihrer Schulter und übernahm fünf Kilometer vor dem Ziel die Spitze. Letesenbet Gidey musste zu diesem Zeitpunkt eine Schwächephase überstehen und konnte diesem Tempo nicht folgen.
Als dritte Frau unter 2:15 Stunden
Amane Beriso zog unbeeindruckt ihren Schritt und stürmte in 2:14:58 Stunden zu einem deutlichen Sieg und zum neuen Landesrekord für Äthiopien. Den ohnehin schon hochkarätigen Streckenrekord steigerte sie dabei um 2:02 Minuten. Nur zwei Läuferinnen waren in der Marathon-Geschichte jemals schneller.
Der Sieg und die beeindruckende Zeit von Amane Beriso sind nichts weiter als eine Lauf-Sensation. Denn die 30-Jährige war in den vergangenen Jahren „nur“ mit Zeiten zwischen 2:24 und 2:28 Stunden in Erscheinung getreten. Ihre mehr als sechs Jahre als Bestleistung steigerte die Äthiopierin gleich um 5:50 Minuten. Es ist mit Abstand der größte Triumph der Äthiopierin in ihrer Karriere. „Es war ein absolut fantastisches Rennen“, jubelte Amana Beriso im Ziel.
Letesenbet Gidey verliert zwei Minuten auf fünf Kilometern
Knapp zwei Minuten später kam Letesenbet Gidey entkräftet ins Ziel. Mit 2:16:49 Stunden blieb sie noch unter dem alten Streckenrekord und lief bei ihrem Debüt auf Platz sechs der ewigen Bestenliste. Rang drei sicherte sich Sheila Chepkirui (Kenia) mit 2:17:29 Stunden. Auch einige deutsche Läufer waren in Valencia dabei. Der Trip nach Spanien sollte sich für Thea Heim (LG Telis Finanz Regensburg) und Tabea Themann (Turnerbund Hamburg) lohnen. Denn auf den Plätzen 26 und 28 liefen die beiden mit 2:33:25 bzw. 2:33:51 Stunden neue Bestzeiten. Ümmü Kiraz (Ayyo Team Essen) folgte mit 2:34:46 Stunden auf Rang 34.
Bei den Männern wurde das Rennen kurz nach der 25-Kilometer-Marke zum Ausscheidungsrennen. Tamirat Tola setzte sich nach dem Ausscheiden der Tempomacher an die Spitze des Feldes und ließ so die 19 Läufer umfassende Spitzengruppe auseinanderbrechen. Schnell fielen Läufer um Läufer zurück und konnten so nicht mehr ins Rennen um die Top-Platzierungen eingreifen.
Kelvin Kiptum zieht auf und davon
Elf Kilometer vor dem Ziel lief nur noch ein Trio an der Spitze: Weltmeister Tamirat Tola (Äthiopien), Kelvin Kiptum (Kenia) und Gabriel Geay (Tansania). Dabei forderte der 23-jährige Kenianer seine beiden Konkurrenten immer wieder auf, ebenfalls fürs Tempo zu sorgen. Als dies nicht geschah, beschleunigte Kelvin Kiptum abermals und schüttelte bei Kilometer 33 seine beiden Konkurrenten ab.
Mit einer Fünf-Kilometer-Zeit zwischen Kilometer 30 und 35 von glatten 14 Minuten vergrößerte der Kenianer bei seinem ersten Marathon den Vorsprung deutlich und ließ sich diesen auch nicht mehr nehmen. Mit 2:01:53 Stunden katapultierte sich Kelvin Kiptum auf Rang drei ewigen Bestenliste hinter Weltrekordler Eliud Kipchoge (Kenia; 2:01:09 h) und Kenenisa Bekele (Äthiopien; 2:01:41 h). Als schnellster deutscher Läufer wurde Lorenz Baumann (LAV Stadtwerke Tübingen) mit 2:16:32 Stunden 62.
60:16 Minuten für die zweite Hälfte
Die Zweite Hälfte in Valencia absolvierte der Kenianer zwei Tage nach seinem 23. Geburtstag in 60:16 Minuten. Damit war er rund eine Minute schneller als Eliud Kipchoge bei seinem Weltrekord in Berlin auf der zweiten Hälfte. „Ich war richtig gut vorbereitet“, sagte Kelvin Kiptum nach seinem ersten Marathon. Als Zweiter steigerte Gabriel Geay den Landesrekord von Tansania auf 2:03:00 Stunden, nur sieben Läufer waren jemals schneller. Den dritten Platz auf dem Podest sicherte sich der Kenianer Alexaner Mutiso bei seinem Debüt mit 2:03:29 Stunden. Es folgte Weltmeister Tamirat Tola mit 2:03:40 Stunden.
Addiert man die Siegerzeiten von Frauen und Männern war es mit 4:16:51 Stunden übrigens der zweitschnellste Marathon aller Zeiten. Nur das Berliner Rennen im September mit dem Weltrekord von Eliud Kipchoge war fünf Sekunden schneller. Damit bewies der Marathon in Valencia erneut, dass das Rennen von der Breite in der Spitze weltweit führend ist. Bei den Frauen blieb gleich zwölf Läuferinnen unter 2:22 Stunden, bei den Männern zwölf Läufer unter 2:07 Stunden. Nur auf den ersten Marathon-Weltrekord müssen die Veranstalter noch mindestens ein Jahr lang warten. Zwei Debüt-Weltrekorde gab's durch Kelvin Kiptum und Letesenbet Gidey am Sonntag schon einmal als Vorgeschmack.
Top 10: Die schnellsten Marathonläuferinnen aller Zeiten
2:14:04 Brigid Kosgei (KEN), 13.10.2019, Chicago
2:14:18 Ruth Chepngetich (KEN), 09.10.2022, Chicago
2:14:58 Amane Beriso (ETH), 04.12.2022, Valencia
2:15:25 Paula Radcliffe (GBR), 13.04.2003, London
2:15:37 Tigist Assefa (ETH), 25.09.2022, Berlin
2:16:49 Letesenbet Gidey (ETH), 04.12.2022, Valencia
2:17:01 Mary Keitany (KEN), 23.04.2017, London
2:17:16 Peres Jepchirchir (KEN), 06.12.2020, Valencia
2:17:20 Almaz Ayana (ETH), 16.10.2022, Amsterdam
2:17:23 Yalemzerf Yehualaw (ETH), 24.04.2022, Hamburg
Top 10: Die schnellsten Marathonläufer aller Zeiten
2:01:09 Eliud Kipchoge (KEN), 25.09.2022, Berlin
2:01:41 Kenenisa Bekele (ETH), 29.09.2019, Berlin
2:01:53 Kelvin Kiptum (KEN), 04.12.2022, Valencia
2:02:48 Berhanu Legesse (ETH), 29.09.2022, Berlin
2:02:55 Mosinet Geremew (ETH), 28.04.2019, London
2:02:57 Dennis Kimetto (KEN), 28.09.2014, Berlin
2:02:57 Titus Ekiru (KEN), 16.05.2021, Mailand
2:03:00 Evans Chebet (KEN), 06.12.2020, Valencia
2:03:00 Gabriel Geay (TAN), 04.12.2022, Valencia
2:03:04 Lawrence Cherono (KEN), 06.12.2020, Valencia
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