Jena entwickelt sich mehr und mehr zu einer Speerwurf-Hochburg. Nicht nur, dass sich Thomas Röhler erst kürzlich bei der Heim-EM in Berlin zum Europameister krönte, der Nachwuchs steht in den Startlöchern und eifert dem erfahrenen Speerwerfer nach. Allen voran Maurice Voigt, der bei der U20-WM sensationell die Bronzemedaille holte.
Mit bunter Propellermütze auf dem Kopf und einem Lächeln auf den Lippen betrat Maurice Voigt (LC Jena) die Leichtathletikhalle in Jena. Gerade erst war der 17-Jährige von den U20-Weltmeisterschaften im finnischen Tampere zurückgekehrt, wo er überraschend die Bronzemedaille im Speerwerfen gewonnen hatte. Und das mit Bestleistung von 73,44 Meter.
Es war das erste Mal, dass er sich das Nationaltrikot überstreifen durfte. Es war das erste Mal, dass er bei einer internationalen Meisterschaft startete. Es war seine erste internationale Medaille. Das Glück konnte man förmlich spüren. Und natürlich auch sehen. „Ich konnte es nach dem Wettkampf nicht fassen. Mir ist erst ein, zwei Tage nach dem Wettkampf klar geworden, was da eigentlich passiert ist“, blickt er auf seinen WM-Moment zurück.
Schon in der Qualifikation lief es überraschend gut für ihn. Obwohl die Quali-Norm von 72,00 Meter schon eine enorme Hürde darstellte. Angereist war Maurice Voigt mit einer Bestweite von 70,94 Meter, aufgestellt hatte er diese beim Heim-Meeting in Jena. „Ich wusste, ich muss mich da schon ein bisschen anstrengen.“ Zumal einige Athleten weitaus bessere Vorleistungen vorzuweisen hatten. Doch das zählte in der Qualifikation nicht, die Zeiger standen auf null. Für das Finale waren in Summe beider Qualifikationsgruppen nicht einmal 72,00 Meter von Nöten. Mit Bestleistung von 71,49 Meter erreichte Maurice Voigt die nächste Runde.
Ohne Druck im Finale
„Ins Finale bin ich ohne Druck gegangen. Ich wusste, ich habe nichts zu verlieren“, erklärt er. Vor dem Finale schrieb ihm Heimtrainer Harro Schwuchow eine Mail. „Er hat gemeint, ich habe nichts zu verlieren und ich soll mein Bestes geben.“ Im heimischen Bad Lauchstädt fieberten derweil seine Eltern mit. Sie wollten ihrem Sohn eigentlich live vor Ort die Daumen drücken. „Aber ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich nicht diesen Stress machen.“ Also musste der Livestream des Weltleichtathletikverbandes (IAAF) herhalten. Und sie sahen einen starken ersten Versuch ihres Sohnes, der ihn an die Spitze des Feldes katapultierte.
Die Spitzenposition hatte er lange inne. In den weiteren Versuchen blieb eine Steigerung aus. „Wenn der erste Durchgang relativ gut verlaufen ist, dann will man natürlich noch mehr und vernachlässigt die Technik, die beim Speerwerfen das Wichtigste ist. Die anderen Würfe lagen alle zwischen Not und Elend, weil man einfach zu viel wollte und sich nicht auf das konzentriert hat, was man im Training gelernt hat“, gibt er sich selbstkritisch. Würden 73,44 Meter für eine Medaille reichen? Bis zum letzten und sechsten Versuch hatte nur noch der Australier Nash Lowis weiter geworfen. Dann kam Tzuriel Pedigo (USA) und setzte sich vor den Deutschen. Von hinten warf kein Athlet weiter - Bronze war sicher.
Lernen von seinem Vorbild
Und damit der Platz auf dem Podium. Die Tage zuvor hatte er die eine oder andere Siegerehrung beobachtet und sich immer wieder vorgestellt, wie es wohl sein möge, selbst dort oben stehen zu dürfen. „Es war ein unbeschreiblicher Moment. Nur schade, dass wir an diesem Tag die letzte Siegerehrung waren und nicht mehr viele Zuschauer im Stadion saßen.“ Mit der Medaille um den Hals ging es zurück ins Hotel. Sogleich ging der Blick aufs Handy, die Glückwünsche nahmen kein Ende. „Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst anfangen sollte. Alle haben sich für einen gefreut. Das war ein schönes Gefühl.“
Es war die Bestätigung für den gebürtigen Bad Lauchstädter, dass der Wechsel an das Jenaer Sportgymnasium richtig gewesen war. Seit knapp einem Jahr trainiert er nun unter Harro Schwuchow und gemeinsam mit seinem großen Vorbild, dem Olympiasieger Thomas Röhler. Eine Zusammenarbeit, die in diesem Sommer erste Früchte trug. Ausruhen auf dem Erfolg? Keinesfalls. „Die Technik ist noch lange nicht perfekt. Da gibt es noch viel zu tun. Für dieses Jahr kann ich mit den 73 Metern sehr gut leben.“
Und auch wenn es bei seinem letzten Wettkampf 2018, der Jugend-DM in Rostock, mit 70,54 Meter aus dem vierten Durchgang für den Titel nicht ganz reichte – es war der Schlussakkord unter eine erfolgreiche Saison. Denn eins ist gewiss: Maurice Voigt hat noch viel vor.